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Von Stoff- und Denkmustern
Ausstellung "Der rote Faden" im Weltkulturen Museum
Verknüpfen, verhaspeln, verstricken: Unsere Sprache ist durchsetzt mit Bildern aus der Textilherstellung. In der heutigen Gesellschaft machen wir uns kaum mehr Gedanken um den Herstellungsprozess. Das ist schade, zeigt nun das Weltkulturen Museum.
Wann machen wir uns schon darüber Gedanken, was wir tragen und wie man es herstellt? Vielleicht hat man mal ein bisschen handwerkliches Arbeiten in der Grundschule, aber das war's dann auch. Manch einer strickt möglicherweise noch in seiner Freizeit mal einen Schal oder ein Paar Socken. Aber was für eine Bedeutung diese Technik für uns, unseren Alltag und unsere Kultur hat oder gar weltweit und für die Menschheit, darüber lädt jetzt das Weltkulturen Museum ein, nachzudenken.
In der Ausstellung "Der rote Faden" sieht der Besucher, dass weltweit und unabhängig voneinander die selben Techniken entstanden sind. Anhand der museumseigenen Sammlung verdeutlichen die unterschiedlichsten Materialien und Werkzeuge, wie verschieden und gleichzeitig ähnlich wir uns sind. Dabei hat sich die westliche, industrielle Produktion nur noch auf Wolle und Baumwolle beschränkt. So werden zum Beispiel Spindeln mit unterschiedlichen Fasern wie Agave und Palmbast gezeigt. Insgesamt stammen rund 400 Objekte aus der Sammlung. Doch werden nicht nur Material und Werkzeuge ausgestellt wie Webgeräte und -rahmen, auch künstlerische Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern sind zu sehen, um den Gedanken des Einflusses der Textilherstellung weiterzuspinnen. Da ist zum Beispiel die Arbeit "Fäden der Moderne" von Maren Gebhardt. Sie hat eine übergroße Strickliesel gemacht, auf der ein orangenes Glasfaserkabel zu Strickschnur verarbeitet wird. Die weltweit Menschen miteinander verknüpfende Wirkkraft von Datenkabeln drängt sich dem Betrachter geradezu auf.
Doch wollen die Macher der Ausstellung auch zeigen, dass auch alte Techniken wieder relevant werden. Erfährt man, dass die manuelle Herstellung von Textilien unsere kognitiven Fähigkeiten fördert und unser räumliches Vorstellungsvermögen und mathematisches Denken stimuliert, verspürt man unmittelbar das Bedürfnis, nach dem Besuch im Weltkulturen Museum auf dem heimischen Sofa einzukehren und die Stricknadeln auszupacken. Wussten Sie, dass ein Webstuhl als Inspiration zur Entstehung des Computers diente? Joseph-Marie Jacquard entwickelte Anfang des 19. Jahrhunderts den ersten mechanischen Webstuhl, der sich per Lochkarte programmieren ließ. Davon ließ sich Computerpionier Charles Babbage zu seiner ersten, ebenfalls lochkartengesteuerten Rechenmaschine inspirieren. So wurde das System des Webstuhls zum Vorbild für die frühen Rechenmaschinen.
Im Obergeschoss sind Arbeiten von Shan Goshorn und Sarah Sense zu sehen. Sie arbeiten das Thema aus indigen nordamerikanischer Sicht künstlerisch auf. Goshorn ist Eastern Band Cherokee und stammt aus Oklahoma und Sense ist Chitimacha/Choctaw und stammt aus Kalifornien. Sie führen vor Augen, wie vieldimensional Muster und Stoffe sind. Nicht nur sind mit ihnen Traditionen verknüpft, Kultur und Ideen eingewebt, sie übertragen auch kulturelle Codes, die wir teilweise gar nicht mehr in der Lage sind zu lesen.
Eine weitere Ebene machen die jungen Komponisten Tobias Hagendorn und Raphael Languillat der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) auf. Die beiden haben sich zwei Objekte aus der Sammlung des Museums ausgesucht und sich von ihnen zu zwei Musikstücken inspirieren lassen. Die Wahl von Hagendorn fiel auf ein Ikat-Tuch aus Indonesien. Er schuf also ein elektronisches Stück, das so klingt, wie das Tuch aussieht. Was zuerst abstrakt klingt, macht, wenn man es das Stück anhört und das Tuch vor Augen hat, erstaunlich viel Sinn. Hagendorn arbeitet mit Lautstärken und Tonhöhen, um die Struktur des Tuchs, seine Farben und Formen, in Klang zu übersetzen - eine seltene synästhetische Erfahrung in einer komplexen, vielschichtigen und anregenden Ausstellung.
>> "Der rote Faden - Gedanken Spinnen Muster Bilden", 17. November 2016 - 27. August 2017. Eröffnung Mittwoch 16. November 19 Uhr. Weltkulturen Museum, Schaumainkai 29-37. Mehr Informationen unter www.weltkulturenmuseum.de.
In der Ausstellung "Der rote Faden" sieht der Besucher, dass weltweit und unabhängig voneinander die selben Techniken entstanden sind. Anhand der museumseigenen Sammlung verdeutlichen die unterschiedlichsten Materialien und Werkzeuge, wie verschieden und gleichzeitig ähnlich wir uns sind. Dabei hat sich die westliche, industrielle Produktion nur noch auf Wolle und Baumwolle beschränkt. So werden zum Beispiel Spindeln mit unterschiedlichen Fasern wie Agave und Palmbast gezeigt. Insgesamt stammen rund 400 Objekte aus der Sammlung. Doch werden nicht nur Material und Werkzeuge ausgestellt wie Webgeräte und -rahmen, auch künstlerische Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern sind zu sehen, um den Gedanken des Einflusses der Textilherstellung weiterzuspinnen. Da ist zum Beispiel die Arbeit "Fäden der Moderne" von Maren Gebhardt. Sie hat eine übergroße Strickliesel gemacht, auf der ein orangenes Glasfaserkabel zu Strickschnur verarbeitet wird. Die weltweit Menschen miteinander verknüpfende Wirkkraft von Datenkabeln drängt sich dem Betrachter geradezu auf.
Doch wollen die Macher der Ausstellung auch zeigen, dass auch alte Techniken wieder relevant werden. Erfährt man, dass die manuelle Herstellung von Textilien unsere kognitiven Fähigkeiten fördert und unser räumliches Vorstellungsvermögen und mathematisches Denken stimuliert, verspürt man unmittelbar das Bedürfnis, nach dem Besuch im Weltkulturen Museum auf dem heimischen Sofa einzukehren und die Stricknadeln auszupacken. Wussten Sie, dass ein Webstuhl als Inspiration zur Entstehung des Computers diente? Joseph-Marie Jacquard entwickelte Anfang des 19. Jahrhunderts den ersten mechanischen Webstuhl, der sich per Lochkarte programmieren ließ. Davon ließ sich Computerpionier Charles Babbage zu seiner ersten, ebenfalls lochkartengesteuerten Rechenmaschine inspirieren. So wurde das System des Webstuhls zum Vorbild für die frühen Rechenmaschinen.
Im Obergeschoss sind Arbeiten von Shan Goshorn und Sarah Sense zu sehen. Sie arbeiten das Thema aus indigen nordamerikanischer Sicht künstlerisch auf. Goshorn ist Eastern Band Cherokee und stammt aus Oklahoma und Sense ist Chitimacha/Choctaw und stammt aus Kalifornien. Sie führen vor Augen, wie vieldimensional Muster und Stoffe sind. Nicht nur sind mit ihnen Traditionen verknüpft, Kultur und Ideen eingewebt, sie übertragen auch kulturelle Codes, die wir teilweise gar nicht mehr in der Lage sind zu lesen.
Eine weitere Ebene machen die jungen Komponisten Tobias Hagendorn und Raphael Languillat der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) auf. Die beiden haben sich zwei Objekte aus der Sammlung des Museums ausgesucht und sich von ihnen zu zwei Musikstücken inspirieren lassen. Die Wahl von Hagendorn fiel auf ein Ikat-Tuch aus Indonesien. Er schuf also ein elektronisches Stück, das so klingt, wie das Tuch aussieht. Was zuerst abstrakt klingt, macht, wenn man es das Stück anhört und das Tuch vor Augen hat, erstaunlich viel Sinn. Hagendorn arbeitet mit Lautstärken und Tonhöhen, um die Struktur des Tuchs, seine Farben und Formen, in Klang zu übersetzen - eine seltene synästhetische Erfahrung in einer komplexen, vielschichtigen und anregenden Ausstellung.
>> "Der rote Faden - Gedanken Spinnen Muster Bilden", 17. November 2016 - 27. August 2017. Eröffnung Mittwoch 16. November 19 Uhr. Weltkulturen Museum, Schaumainkai 29-37. Mehr Informationen unter www.weltkulturenmuseum.de.
16. November 2016, 11.52 Uhr
Tamara Marszalkowski
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