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Songwriter Boo Hoo im Kammerspiel
Im Westen wildern
Für seinen Finanz-Western „Der kalte Hauch des Geldes“ holt sich Alexander Eisenach mit Boo Hoo einen singenden Geschichtenerzähler auf die Bühne. Folk ist wie ein Kammerspiel. Immer intim, nah und authentisch. Das passt.
Seit Alexander Eisenach in Frankfurt Regie führt hat Bernhard Karakoulakis all seine Inszenierungen gesehen. Beide sind Jahrgang 1984, beide sind „Zugereiste“, der Theatermann kam aus Berlin, der Musiker „nur“ aus Rüsselsheim, beide schnell fasziniert von Frankfurt und Frankfurt-Themen. „Fauser, mon amour“ frei nach dem Roman „Der Schneemann“ (verfilmt mit Westernhagen) im Rahmen des REGIEstudios war so ein Bekenntnis zur Stadt und einem seiner Künstler, dem Schriftsteller Jörg Fauser, das Karakoulakis begeisterte.
Irgendwann gab Karakoulakis Eisenach eine seiner CDs. Mit „Hypermarché“ und „Afghan Hounds“ hatte der Frankfurter mit griechischen Wurzeln unter seinem Bühnennamen Boo Hoo die Aufmerksamkeit all jener erreicht, die die skurrilen Storyteller des Anti-Folk, die Moldy Peaches (mit Kimya Dawson und Adam Green) oder Jeffrey Lewis, verehrten. Zwischen Brooklyn und East Village, wo Boo Hoo auch im legendären Sidewalk Café auftrat, ging er in der Szene auf, fand dort viele Geistesverwandte. Phoebe Kreutz etwa ließ sich dann auch bei seinen Instore-Gigs im Second Hand-Plattenladen No. 2, wo er auch jobbt, sehen. Eine Art Solidargemeinschaft, die ihre Kontakte pflegt.
Und jetzt erschließt sich ganz neues Arbeitsfeld für Karakoulakis. Im April meldete sich tatsächlich Eisenach bei ihm. „Ganz profan, über facebook“, erzählt er. „Die Frage lautete, ob ich Lust hätte, im Westen zu wildern?“ Kryptischer geht immer. Es stellte sich heraus, es sollte eine Finanz-Western werden, Titel: „Der kalte Hauch des Geldes.“ Noch bevor er sich überlegen konnte, ob er auch Country kann, sagte der Sänger zu. „Es gibt ja verschiedene Arten von Country“, beruhigte er sich. Den stereotypen vom frühen Johnny Cash, und den – wenn man sich dem Genre von Bob Dylan aus nähert – den gebrochenen à la Loudon Wainwright und Townes Van Zandt zwischen Pathos und Selbstironie, Schmerz und Komik, zum Lachen und zum Heulen. „Die höchste Kunst“, so Boo Hoo. Und eine gute Referenz. Derart inspiriert, begann er zu schreiben, suchte aber auch passend zu Szenen im Script Fremdtitel aus, um sie in seinem Stil zu covern. Da machte Boo Hoo auch vor Motörhead und Metal nicht halt. Schließlich geht es im „Kalten Hauch“ um die Entwicklungen des Finanzkapitalismus, um Gewalt, Macht und Besitz, Gut und Böse, Goldgräbermentalität gestern wie heute. Der Lemmy-Klassiker „Ace Of Spades“ ist voller Glückspielmetaphern. Don’t forget the joker.
Boo Hoo hat aber nicht nur die Musik, Score (sprich die „Filmmusik“) wie Songs, geschrieben, sondern tritt auch auf. „Ich bin die ganze Zeit auf der Bühne, auch ein Charakter in dem Stück, der Musiker der Stadt in der die Handlung spielt und sehr nah an den Charakteren. Die Bar ist quasi mein zweites Zuhause“, verrät das Multitalent. Es ist keine Sprechrolle und trotzdem hat der Sänger die Funktion eines Storytellers. Er probiert, das oft Abstrakte konkreter zu machen, das Komplexe zu durchdringen, den Figuren näher zu kommen, dem kalten Hauch mit Wärme zu begegnen. „Zumindest versuche ich, nicht noch mehr Verwirrung reinzubringen“, schmunzelt er. Denn was da in unserer Bankenwelt passiert, ist schon absurd und abstrus genug, treibt die Menschen in persönliche Konflikte. „Wie kann man klarkommen in einer Welt, die immer krasser wird? Welches Leben will ich leben? Was sind meine Träume? Und wer verdient daran?“, formuliert Boo Hoo alias Bernhard Karakoulakis zentrale Fragen, die „Der kalte Hauch des Geldes“ aufwirft. Überlebensstrategien finden – für wen ist das kein Thema?
>> Der kalte Hauch des Geldes, Ffm, Kammerspiele, seit 12.11., 20 Uhr
Weitere Aufführungen: 16.11., 18.11. (ausverkauft), 21.11., 1.2., 8.12., 22.12., 23.12., 31.12., 7.1. und 8.1.
Irgendwann gab Karakoulakis Eisenach eine seiner CDs. Mit „Hypermarché“ und „Afghan Hounds“ hatte der Frankfurter mit griechischen Wurzeln unter seinem Bühnennamen Boo Hoo die Aufmerksamkeit all jener erreicht, die die skurrilen Storyteller des Anti-Folk, die Moldy Peaches (mit Kimya Dawson und Adam Green) oder Jeffrey Lewis, verehrten. Zwischen Brooklyn und East Village, wo Boo Hoo auch im legendären Sidewalk Café auftrat, ging er in der Szene auf, fand dort viele Geistesverwandte. Phoebe Kreutz etwa ließ sich dann auch bei seinen Instore-Gigs im Second Hand-Plattenladen No. 2, wo er auch jobbt, sehen. Eine Art Solidargemeinschaft, die ihre Kontakte pflegt.
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Boo Hoo hat aber nicht nur die Musik, Score (sprich die „Filmmusik“) wie Songs, geschrieben, sondern tritt auch auf. „Ich bin die ganze Zeit auf der Bühne, auch ein Charakter in dem Stück, der Musiker der Stadt in der die Handlung spielt und sehr nah an den Charakteren. Die Bar ist quasi mein zweites Zuhause“, verrät das Multitalent. Es ist keine Sprechrolle und trotzdem hat der Sänger die Funktion eines Storytellers. Er probiert, das oft Abstrakte konkreter zu machen, das Komplexe zu durchdringen, den Figuren näher zu kommen, dem kalten Hauch mit Wärme zu begegnen. „Zumindest versuche ich, nicht noch mehr Verwirrung reinzubringen“, schmunzelt er. Denn was da in unserer Bankenwelt passiert, ist schon absurd und abstrus genug, treibt die Menschen in persönliche Konflikte. „Wie kann man klarkommen in einer Welt, die immer krasser wird? Welches Leben will ich leben? Was sind meine Träume? Und wer verdient daran?“, formuliert Boo Hoo alias Bernhard Karakoulakis zentrale Fragen, die „Der kalte Hauch des Geldes“ aufwirft. Überlebensstrategien finden – für wen ist das kein Thema?
>> Der kalte Hauch des Geldes, Ffm, Kammerspiele, seit 12.11., 20 Uhr
Weitere Aufführungen: 16.11., 18.11. (ausverkauft), 21.11., 1.2., 8.12., 22.12., 23.12., 31.12., 7.1. und 8.1.
15. November 2016, 10.34 Uhr
Detlef Kinsler
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