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Foto: Detlef Kinsler
Foto: Detlef Kinsler

Dada mit Hugo Ball

Immer auf die Pauke hauen

Seit 2003 produziert Schlagzeuger Thomas Cremer Programme „in denen sich Literatur und Musik treffen“. Gerne in unterschiedlichen Spielorten, das nächste Mal am 3.11. in der Romanfabrik und zum Thema 100 Jahre Dada.
JOURNAL FRANKFURT: Was steckt hinter der Idee der kleinen Literatur- und Jazzreise durch Frankfurt?

Thomas Cremer: Seit 2003 produziere ich jetzt schon mit Autoren, Schauspielerinnen, Sprecherinnen und ihren männlichen Kollegen Programme, in denen sich Literatur und Musik treffen. Wir waren überall in Deutschland zu Gast, aber die Frankfurter Spielorte (Romanfabrik, Fabrik und Stadtbibliothek) liegen mir doch besonders nah, zumal einige Programme hier uraufgeführt wurden. Der Reiz der Kontinuität, die sich bei dieser Reise u.a. auch durch den 4-wöchigen Rhythmus ergibt, ist schnell erklärt: Drei völlig unterschiedliche Literatur-Themen, verquickt immer mit dazu passendem Jazz, sollen den Zuhörer von Stadtteil zu Stadtteil führen. Und ihm dabei in den ebenfalls völlig unterschiedlichen Atmosphären der Räume Gelegenheit geben, zu hören, zu erfahren, wie Musik sich mit Sprache liiert.

Was prädestiniert Sie als Reiseleiter. Offiziell sind Sie verantwortlich für Produktion und Musikarrangements?

In zwei Fächern war ich in der Schule gut: Musik und Deutsch. Das hat mir damals schon Spaß gemacht. Spannend und immer wieder herausfordernd finde ich, die harmonische und rhythmische Gemeinsamkeit von Sprache und Musik zu erkunden, die Inhalte sich annähern zu lassen. Was den Reiseleiter anbelangt: ich bin nun seit ca. 45 Jahren hier in Frankfurt in allen Clubs und Veranstaltungsorten und in allen Stadtteilen unterwegs, so eine Reise musste mal sein-

Warum Dada, klar, der 100. Geburtstag. Wie kam es zur Themenauswahl der drei Termine insgesamt?

Gelegentlich überlege ich selbst, welche Themen für welche Veranstaltungen in Frage kommen. Das Thema Dada kommt aber eindeutig von Schauspieler, Sprecher und Regisseur Jochen Nix. Und das nicht von ungefähr: kürzlich wurde ein Hörbuch veröffentlicht: Jochen Nix liest den Roman „Flametti“ von Hugo Ball und hat sich natürlich mit dem Thema Dada intensiv auseinandergesetzt. Das alles spielt dann in der Romanfabrik am 3.11. eine große Rolle neben der Musik.

Am 8.12. wird es einen Abend mit Schauspielerin und Sängerin Franziska Junge geben (in der Stadtbibliothek in der Stadtmitte). Ihr Vorschlag, Kurzgeschichten des großartigen Alberto Moravia zu lesen, dazu auch einige Jazz-Songs zu interpretieren, kam mir sehr entgegen und wird sicher eine ganz neue Sprach/Musik-Erfahrung sein. Dass wir am 4.10. bereits einen satirischen Schmalenbach-Abend mit Autor Wolfgang Brenner veranstaltet haben, hat sich von selbst ergeben:
Der im Nordend angesiedelte Schmalenbach konnte, nachdem wir in x-mal in Frankfurt aufgeführt haben (auch in Höchst übrigens), endlich wieder einmal (und endlich auch) mal nach Sachsenhausen transferiert werden.

Ihr Jazztrio tritt in unterschiedlichen Besetzungen auf – ist das der unterschiedlichen Thematik geschuldet?

Unsere Trios haben immer schon auch in unterschiedlichen Besetzungen gearbeitet.
Das sozusagen „klassische“ Frankfurt Jazz Trio mit Olaf Polziehn und Martin Gjakonovski spielt am 8.12. in der Stadtbibliothek. Am 3.11. in der Romanfabrik habe ich ganz bewusst statt des Pianos ein Saxophon eingesetzt. Und nicht irgendeins:
Claudius Valk aus Köln scheint mir außerordentlich geeignet für das Thema Dada: mit allen Jazzwassern gewaschen und dabei offen für freies Spiel. Das sollte passen.
Dafür waren in der Fabrik am 4.10. wiederum Pianist Martin Sasse und Bassist Jean-Philippe Wadle äußerst kongeniale und insbesondere erfahrene Schmalmenbach-Begleiter.

Dada als künstlerisch und literarische Bewegung – mal abgesehen von Unsinnstexten in Schlagern der Zwanzigerjahre, wie lässt sich Dada musikalisch abbilden? Gehörte zum Ausbruch aus dem Konventionellen, dem bürgerlichen Wertesystem und dem politischen System damals auch schon die „Negermusik“ ...?

Was konnte und könnte besser zu solch einem Ausbruch passen, als eine improvisatorische Musik, die all das auch „wollen" kann: „aufreizen, umwerfen, triezen..."? Frei nach Hugo Ball: „toujours avec la grosse caisse...". Immer auf die große Pauke!. Der Jazz von damals firmierte, wie man lesen kann, noch unter anderem Namen! OK, das ist 100 Jahre her. Dass der Jazz sich seit den Anfängen aber immer in einem gesellschaftlichen Umfeld befand und befindet, und das oft auch kritisch, ist auch weiter gut so.

>> Dada mit Hugo Ball, Ffm, Romanfabrik, 3.11., 20 Uhr
 
14. Oktober 2016, 16.59 Uhr
Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
Fotogalerie:
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