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Streaming-Highlight

Fulminanter Genre-Mix: The Sympathizer

Das Nachbeben des Vietnamkriegs, Kriminalgeschichten, Apokalypse und eine Publikumsbeschimpfung in Paris: unsere Streaming-Highlights im Mai. Auf Netflix, WOW, Prime, Mubi und Apple+.
The Sympathizer
Fast auf den Tag genau vor 49 Jahren endete mit dem Fall Saigons der insgesamt über zwei Jahrzehnte andauernde Vietnam-Krieg, dem über eine halbe Million Zivilisten zum Opfer fielen. In jenen letzten, dramatischen Tagen vor Kriegsende lassen Park Chan-wook und Don McKellar ihre neue Mini-Serie „The Sympathizer” beginnen, die auf dem gleichnamigen Buch von Viet Thanh Nguyen basiert. Die Serie erzählt auf mehreren Zeitebenen die Geschichte des lediglich Captain (Hoa Xuande) genannten nordvietnamesischen Spitzels, der als Maulwurf dem südvietnamesischen Geheimdienstgeneral (Toan Le) als Adjutant dient. Im Rückblick berichtet der Captain aus einem Umerziehungslager des Vietcong von seiner Tätigkeit als Doppelagent, die ihn nach dem Fall Saigons als Vertrauter des Generals in die USA führte.

Spielerisch und gekonnt springt die Serie gleichermaßen durch unterschiedliche Zeitebenen wie Genres, von Agenten-Thriller über Migrationsdrama bis zur schwarzhumorigen Polit-Satire. Dabei rekurriert „The Sympathizer“ zwar auf amerikanische Vietnamfilme wie „Apocalypse Now“ und „Platoon“, verschiebt die Perspektive jedoch hin zu einer genuin vietnamesischen. Der weiße Mann taucht hier im wahrsten Sinne des Wortes nur als eine Variation des Immergleichen auf, Robert Downey Jr. übernimmt – findigem Make-up sei Dank – all diese Rollen in Personalunion. Neben dem alternativen Blickwinkel auf die Geschehnisse jener Tage thematisiert die Serie jedoch gerade in der zweiten Hälfte der Erzählung das Dilemma schlechthin, Migrant zu sein – inmitten des Nicht-dazu-gehörens im neuen Land und dem Ausgestoßensein aus der alten Heimat, hin- und hergerissen zwischen Politik und persönlichem Glück, Kollektivismus und Individualismus. Ganz so, wie es seinerzeit Georg Kreisler in „Weder Noch“ sang: „Man muss nur wissen, man hat niemals ein Zuhause / Und, dass man niemals ein Zuhause haben wird“.
WOW: The Sympathizer, jeden Montag eine neue Folge

…und sonst:

Ripley
Mit Gelegenheitsarbeiten und kleinen Betrügereien hält sich der junge Tom Ripley (Andrew Scott) im New York der frühen 1960er-Jahre über Wasser. Als ihn der wohlhabende Herbert Greenleaf (Kenneth Lonergan) beauftragt, seinen abtrünnigen Sohn Dickie (Johnny Flynn) aus Italien zur Rückkehr nach Hause zu bewegen, macht Tom sich Hoffnung auf ein besseres Leben. Während er in Italien schnell Dickies Vertrauen gewinnt und sich immer weiter in dessen Leben einschleicht, beäugt ihn Dickies Freundin Marge (Dakota Fanning) mit wachsendem Misstrauen. Doch Tom macht vor nichts Halt. Tiefschürfende, in wunderschönem Schwarzweiß gedrehte Drama-Miniserie, die auf den bekannten Ripley-Romanen von Patricia Highsmith basiert.
Netflix: Ripley, Staffel 1, bereits verfügbar

John Sugar
Eben noch war Privatdetektiv John Sugar (Colin Farrell) in Tokyo und befreite die entführte Tochter eines Yakuza-Boss‘, da kommt, zurück in den USA, schon der nächste Auftrag. Der Schnüffler soll die vermisste Enkelin des Filmproduzenten Jonathan Siegel (James Cromwell) aufspüren, wovon seine Chefin Ruby (Kirby Howell-Baptiste) nicht wirklich begeistert ist. Sugar freundet sich mit Melanie (Amy Ryan), der Stiefmutter der Vermissten, an und gerät nach und nach immer tiefer in einen Strudel aus Geheimnissen über die Familie. Stilechte, lustvolle Hommage an die große Zeit von Hollywoods Schwarzer Serie, die seinerzeit mit den Buchadaptionen von Raymond Chandler und Dashiell Hammett Filmgeschichte schrieb.
AppleTV+: John Sugar, Staffel 1, jeden Freitag eine neue Folge

Netflix-News: Miniserie basiert auf bekannten Ripley-Romanen

Yannick
Ein Pariser Theater, drei Schauspieler auf der Bühne, der Saal nur halb gefüllt. Plötzlich unterbricht Yannick (Raphaël Quenard) die Aufführung. Der Parkwächter aus einem Pariser Vorort erklärt, er habe sich extra für die Vorstellung einen Tag freigenommen und sei eine gute Stunde angereist, um unterhalten zu werden, um seine Alltagssorgen kurz zu vergessen. Das miserable Theaterstück verunmögliche dies aber! Yannick wird alsbald aus dem Saal geworfen, die Vorstellung geht schließlich weiter. Bis der enttäuschte Parkwächter kurze Zeit später mit einer Waffe zurückkehrt und verlangt, die Regie zu übernehmen. Schwarze Komödie über die ambivalente Beziehung von Publikum und Künstler, Unterhaltung und Kunst.
Mubi: Yannick, bereits verfügbar

Fallout
Im Jahr 2296 ist die Welt ein unwohnlicher Ort. Zwar liegt der große Atomkrieg schon über 200 Jahre zurück, dennoch: Die Erde ist bevölkert von gemarterten und gewalttätigen Menschen sowie bizarren Mutationen. Davon recht unbehelligt lebt die junge Lucy MacLean (Ella Purnell) mit ihrer friedfertigen Kommune in einem Atombunker, den einige noch vor Ausbruch des Nuklearkriegs erreichten. Doch eines Tages verschaffen sich Räuber Zutritt, richten ein Massaker an und entführen Lucys Vater. Kurzerhand verlässt die junge Frau heimlich den Bunker und macht sich in der ihr gänzlich unbekannten postapokalyptischen Welt auf die Suche nach ihrem Vater. Actionreiche, unterhaltsame Weltuntergangs-Dramedy, angelehnt an das gleichnamige Videospiel.
Prime Video: Fallout, Staffel 1, bereits verfügbar
 
11. Mai 2024, 08.30 Uhr
Daniel Urban
 
Daniel Urban
Daniel Urban schreibt seit 2022 für das JOURNAL FRANKFURT mit dem Schwerpunkt TV und Streaming. – Mehr von Daniel Urban >>
 
 
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Zu unserem Ortstermin gab es Leserreaktionen, die wir veröffentlichen. Die Redaktion weist darauf hin, dass der Inhalt der Leserbriefe die Ansicht der Verfasser wiedergibt, die mit der Meinung der Redaktion nicht unbedingt übereinstimmt.
Text: Lukas Mezler / Foto: Fahrradstreifen auf der Eschersheimer Landstraße ©Lukas Mezler
 
 
 
 
 
 
 
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