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„Es ist normal geworden, dass Menschen sich die Miete nicht leisten können“
In vielen Teilen Frankfurts ist die Gentrifizierung bereits so weit vorangeschritten, dass sie keiner Erwähnung mehr bedarf. Unseren Kolumnisten Michi Herl treibt sie jedoch noch immer um.
Seit geraumer Zeit wird ja kaum noch der Begriff „Gentrifizierung“ verwendet. Dabei war das böse Wort lange in nahezu aller Munde – außer natürlich bei Immobilienmaklern und derlei Gesocks, die diesen geschäftsschädigenden Ausdruck mieden wie der Teufel einen Staffelmietvertrag. Doch wo ist sie hin, die Gentrifizierung? Ganz einfach. Es ist so normal geworden, dass Menschen sich die Miete nicht mehr leisten können und somit vertrieben werden, dass dies keiner Erwähnung mehr bedarf.
Und jene, die dann in die frei gewordenen Wohnungen ziehen, machen sich keine Gedanken darum, wer dort früher lebte. Sie haben die Bleibe schließlich für eine horrende Summe gekauft oder gemietet, und wer Geld gibt, ist im Recht. Das war schon immer so – und die wenigsten machen sich Gedanken darüber, wer früher in dieser Wohnung lebte. Sie haben keine Ohren, zu hören, was die Wände sprechen, die Dielen flüstern, die Ecken und Nischen tuscheln. Warum auch? Was war, das war. Und nun ist jetzt.
Im Nordend wird sogar die Kalbsleber gentrifiziert
So kommt es, dass die einst „angesagten“ Viertel von lauter Unwissenden bevölkert werden. Leute, denen es gar nicht auffällt, wie sehr sich die Quartiere verändert haben und immer noch verändern. Gentrifizierung ist das schon lange nicht mehr, sondern Normalzustand. Dabei gibt es sie mehr denn je, mittlerweile auch im Kleinen. Türkische oder nordafrikanische Läden sind im Nordend kaum noch zu finden, denn auch die Geschäfte sind gentrifiziert. Die wenigen Metzgereien bieten nur die edlen Teile des Tieres an, von Innereien etwa nur die gentrifizierte Kalbsleber.
Auch einst schummerige Bierkneipen sind längst gentrifiziert und von Neubürgern heimgesucht, die die „authentische“ Atmosphäre schätzen und sie durch ihre Anwesenheit zerstören. Dass seit einiger Zeit auch die Trinkhallen dran sind, schrieb ich hier bereits in der letzten Ausgabe. So ist das mit der Gentrifizierung. Doch keine Sorge, das geht nicht mehr lange. Es wird der Zeitpunkt kommen, wo das Nordend und später auch Bornheim so werden wie mittlerweile das Westend. Friedhöfe der Lebenden, die nur darauf warten, regentrifiziert zu werden. Eigentlich könnte man doch schon jetzt damit anfangen.
Und jene, die dann in die frei gewordenen Wohnungen ziehen, machen sich keine Gedanken darum, wer dort früher lebte. Sie haben die Bleibe schließlich für eine horrende Summe gekauft oder gemietet, und wer Geld gibt, ist im Recht. Das war schon immer so – und die wenigsten machen sich Gedanken darüber, wer früher in dieser Wohnung lebte. Sie haben keine Ohren, zu hören, was die Wände sprechen, die Dielen flüstern, die Ecken und Nischen tuscheln. Warum auch? Was war, das war. Und nun ist jetzt.
So kommt es, dass die einst „angesagten“ Viertel von lauter Unwissenden bevölkert werden. Leute, denen es gar nicht auffällt, wie sehr sich die Quartiere verändert haben und immer noch verändern. Gentrifizierung ist das schon lange nicht mehr, sondern Normalzustand. Dabei gibt es sie mehr denn je, mittlerweile auch im Kleinen. Türkische oder nordafrikanische Läden sind im Nordend kaum noch zu finden, denn auch die Geschäfte sind gentrifiziert. Die wenigen Metzgereien bieten nur die edlen Teile des Tieres an, von Innereien etwa nur die gentrifizierte Kalbsleber.
Auch einst schummerige Bierkneipen sind längst gentrifiziert und von Neubürgern heimgesucht, die die „authentische“ Atmosphäre schätzen und sie durch ihre Anwesenheit zerstören. Dass seit einiger Zeit auch die Trinkhallen dran sind, schrieb ich hier bereits in der letzten Ausgabe. So ist das mit der Gentrifizierung. Doch keine Sorge, das geht nicht mehr lange. Es wird der Zeitpunkt kommen, wo das Nordend und später auch Bornheim so werden wie mittlerweile das Westend. Friedhöfe der Lebenden, die nur darauf warten, regentrifiziert zu werden. Eigentlich könnte man doch schon jetzt damit anfangen.
21. Juni 2024, 10.32 Uhr
Michi Herl
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