Partner
Pflasterstand
Von der Krähe und dem Fleischsalat
In Frankfurt kann man nicht nur Tauben, sondern auch Krähen und Menschen beobachten. Unser Kolumnist Michi Herl berichtet von einer Situation, die er neulich erlebt hat.
Die Situation:
Ein Mittwoch, kurz nach 14 Uhr, ein kleiner Platz in einer deutschen Großstadt. Drei Bänke, ein Papierkorb, Bäume. Die Personen: Eine alte Frau, ein älterer Herr, ein Jugendlicher, eine Krähe, ein Schälchen Fleischsalat.
Erste Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die Krähe steht auf dem Boden vor Bank 2, pickt Stückchen aus dem Schälchen Fleischsalat. Plötzlich zieht sie das Schälchen rückwärts gehend weiter in die Mitte des Platzes.
Zweite Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die Krähe pickt immer noch. Die alte Frau kommt. Sie geht gebückt, lässt sich auf Bank 3 gegenüber von Bank 2 fallen. Sie stöhnt. Die Krähe erschrickt, kräht, fliegt davon.
Eine alte Frau, ein älterer Herr, ein Jugendlicher, eine Krähe, ein Schälchen Fleischsalat
Dritte Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Der Jugendliche schlendert herbei, tritt gegen das Schälchen Fleischsalat. Es fliegt in hohem Bogen drei Meter weiter. Warum? Weil in solchen Schilderungen Gegenstände, die fliegen, immer in hohem Bogen fliegen. Die alte Frau beschimpft den Jugendlichen, was dem am Arsch vorbeigeht.
Vierte Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die alte Frau holt eine Tüte mit Brotkrumen aus ihrer Tasche und verstreut die Krumen an der Stelle, wo zuvor das Schälchen Fleischsalat lag. Die Krähe bleibt weg.
Fünfte Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die Krähe fliegt herbei. Sie kräht. Sie setzt sich neben die Krumen und verharrt schweigend. Sie wirkt nachdenklich.
Die Krähe kräht und fliegt ebenfalls davon
Sechste Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Minutenlang passiert gar nichts. Dann beginnt die alte Frau, auf die Krähe einzureden, sie möge doch fressen. Doch die Krähe frisst nicht.
Siebte Szene:
Die alte Frau seufzt, steht auf, geht kopfschüttelnd fort und murmelt immerzu das Wort „sowas“. Die Krähe kräht und fliegt ebenfalls davon. Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht.
Ein Mittwoch, kurz nach 14 Uhr, ein kleiner Platz in einer deutschen Großstadt. Drei Bänke, ein Papierkorb, Bäume. Die Personen: Eine alte Frau, ein älterer Herr, ein Jugendlicher, eine Krähe, ein Schälchen Fleischsalat.
Erste Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die Krähe steht auf dem Boden vor Bank 2, pickt Stückchen aus dem Schälchen Fleischsalat. Plötzlich zieht sie das Schälchen rückwärts gehend weiter in die Mitte des Platzes.
Zweite Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die Krähe pickt immer noch. Die alte Frau kommt. Sie geht gebückt, lässt sich auf Bank 3 gegenüber von Bank 2 fallen. Sie stöhnt. Die Krähe erschrickt, kräht, fliegt davon.
Eine alte Frau, ein älterer Herr, ein Jugendlicher, eine Krähe, ein Schälchen Fleischsalat
Dritte Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Der Jugendliche schlendert herbei, tritt gegen das Schälchen Fleischsalat. Es fliegt in hohem Bogen drei Meter weiter. Warum? Weil in solchen Schilderungen Gegenstände, die fliegen, immer in hohem Bogen fliegen. Die alte Frau beschimpft den Jugendlichen, was dem am Arsch vorbeigeht.
Vierte Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die alte Frau holt eine Tüte mit Brotkrumen aus ihrer Tasche und verstreut die Krumen an der Stelle, wo zuvor das Schälchen Fleischsalat lag. Die Krähe bleibt weg.
Fünfte Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Die Krähe fliegt herbei. Sie kräht. Sie setzt sich neben die Krumen und verharrt schweigend. Sie wirkt nachdenklich.
Die Krähe kräht und fliegt ebenfalls davon
Sechste Szene:
Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht. Minutenlang passiert gar nichts. Dann beginnt die alte Frau, auf die Krähe einzureden, sie möge doch fressen. Doch die Krähe frisst nicht.
Siebte Szene:
Die alte Frau seufzt, steht auf, geht kopfschüttelnd fort und murmelt immerzu das Wort „sowas“. Die Krähe kräht und fliegt ebenfalls davon. Der ältere Herr sitzt auf Bank 1, raucht.
21. November 2023, 09.46 Uhr
Michi Herl
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Meinung
Jubiläum des MTZ
Main-Taunus-Zentrum feiert 60. Geburtstag
Eine Hommage an das älteste Einkaufszentrum auf der grünen Wiese: Das MTZ in Sulzbach, das aber auch viele aus Frankfurt und Umgebung bis heute anlockt.
Text: Jasmin Schülke / Foto: MTZ © Heiko Meyer
MeinungMeistgelesen
- Zeitenwende – auch in Frankfurt„Potenziell ein Drittel der Bürger wählt eine widerliche Nazipartei“
- Neben den US-WahlenHört Kamala Harris Heino und die Rodgau Monotones?
- Das postfaktische Zeitalter„Das können Sie vergessen. Ich sehe viel besser aus als Sie“
- Besuch in Tel-AvivWie geht es der Partnerstadt von Frankfurt?
- Jubiläum des MTZMain-Taunus-Zentrum feiert 60. Geburtstag
29. September 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen