Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs
Foto: AdobeStock/aradaphotography (Symbolbild)
Foto: AdobeStock/aradaphotography (Symbolbild)

Nach Mord in Mörfelden-Walldorf

Ist jede Beziehungstat ein Femizid?

Wenn ein Mensch getötet wird, urteilen die Nutzer häufig schnell im Internet. In seiner Kolumne hat unser Kolumnist deswegen eine Empfehlung parat.
Zugegeben, das ist ein vermintes Gelände, auf das ich mich hier begebe, aber ich versuche es mal vorsichtig: Sie erinnern sich, dass im Januar eine Kassiererin in einem Supermarkt in Mörfelden-Walldorf erschossen wurde? Schon ein paar Stunden, nachdem die Meldung öffentlich wurde, gingen die ersten Vorverurteilungen durch die sozialen Medien: Die einen verlangten naturgemäß, die Nationalität des Täters zu erfahren.

Die nächsten schrien: „Lebenslänglich!!!! Aber bei unserer Kuscheljustiz ist der ja eh nach drei Jahren wieder auf Bewährung draußen. Jede Rentnerin, die Flaschen sammelt, wird härter bestraft.“ Und wieder andere mahnten sofort: „Nennt es nicht Beziehungstat. Es war ein Femizid.“ Wohlgemerkt, all das zu einem Zeitpunkt, an dem noch gar nichts feststand.

Femizid in Mörfelden-Walldorf?

Dass das Schnellgericht im Internet so gnadenlos ist wie frei von jeglichen juristischen Grundkenntnissen, ist allgemein bekannt. Und die ersten beiden Reaktionen sind auch nicht unbedingt neu. Die dritte allerdings schon. Ich beobachte das in diversen Leserforen von Onlinemedien: Sobald von einem Tötungsdelikt berichtet wird, dessen Opfer eine Frau ist, sammelt sich in den Kommentarspalten eine Großmacht von Stimmen, die moniert, hier fehle das Wort Femizid.

Ich persönlich bin skeptisch gegenüber diesem Begriff. Mir ist bewusst, dass dieses Wort erstmals in Lateinamerika benutzt wurde, wo es tatsächlich zu Beginn der 1990er-Jahre eine Serie von Morden an Frauen gab, an deren Aufklärung die Behörden nicht interessiert waren. Trotzdem ruft der Terminus bei mir (und das wahrscheinlich ganz bewusst) die ungute Assoziation zum Begriff „Genozid“ hervor.

Es wird also suggeriert, es gebe einen systematischen, vom Patriarchat (und vom Staat) gedeckten Plan zur Vernichtung von Frauen. Und das ist, zumindest in Deutschland, nicht der Fall. Ist jeder Mord an einer Frau ein Femizid? Ist jede Beziehungstat ein Femizid? Das sind keine rhetorischen Fragen. Aber im Zweifelsfall ist sprachliche Abrüstung derzeit immer der bessere Weg.
 
13. März 2024, 12.00 Uhr
Christoph Schröder
 
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt. – Mehr von Christoph Schröder >>
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Meinung
Eine Hommage an das älteste Einkaufszentrum auf der grünen Wiese: Das MTZ in Sulzbach, das aber auch viele aus Frankfurt und Umgebung bis heute anlockt.
Text: Jasmin Schülke / Foto: MTZ © Heiko Meyer
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
29. September 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • Woog Riots und Knarf Rellöm Arkestra
    Hafen 2 | 16.00 Uhr
  • Bändi meets Daumenkino mit Volker Gerling
    Netzwerk Seilerei | 20.00 Uhr
  • KCON Germany 2024
    Messe Frankfurt | 11.00 Uhr
Klassik / Oper/ Ballett
  • Lady Macbeth von Mzensk
    Oper Frankfurt | 18.00 Uhr
  • Chamber Orchestra of Europe
    Casals Forum | 20.30 Uhr
  • Kurt-Thomas-Kammerchor
    Dreikönigskirche | 17.00 Uhr
Theater / Literatur
  • Der kleine Prinz
    Velvets Theater | 18.00 Uhr
  • Ich, Antigone
    Staatstheater Mainz | 18.00 Uhr
  • Sarah Bosetti
    Stadttheater | 18.00 Uhr
Kunst
  • Armamentaria
    Römerkastell Saalburg | 09.00 Uhr
  • Dalí
    Brüder-Grimm-Haus | 11.00 Uhr
  • Das „verflixte“ siebte Jahr
    Kunstverein Familie Montez e.V. | 13.00 Uhr
Kinder
  • Esels Geburtstag
    Theaterhaus | 15.00 Uhr
  • Sternenglücksreise – Tierisch gute Klassik für Kinder
    Mainzer Kammerspiele | 11.00 Uhr
  • Armstrong – Die abenteuerliche Reise einer Maus zum Mond
    Gallus Theater | 15.00 Uhr
Freie Stellen