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Was lange währt, wird endlich gut
Ina Hartwig stellt Bachmann-Biografie vor
Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig stellte am Donnerstag ihre Ingeborg Bachmann-Biografie vor und konnte damit eine Geschichte voller Schwierigkeiten endlich hinter sich lassen.
Die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, 1973 unter noch immer recht mysteriösen Umständen in Rom gestorben, ist ein Mythos und eine Ikone der feministischen Literatur. Wer in einen Bachmanntext hineingeht, betritt eine Kathedrale, einen sakralen Raum. So umstellt ist das Werk von festgefügten Deutungen und auch von Verehrer*innen festgelegter Lesarten, dass häufig kaum zu unterscheiden ist, ob man noch Bachmann liest oder lediglich dem raunenden Interpretationsszenario verfallen ist.
Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig hat, bevor sie ihr Amt antrat, viele Jahre an ihrer Ingeborg Bachmann-Biografie gearbeitet. Dass das Buch erst jetzt erscheint, hängt mit juristischen Schwierigkeiten zusammen, die zu klären waren und die ebenfalls mit dem dogmatischen Blick auf die Figur Bachmann zu tun haben. Genau diesen Blick nämlich zersprengt Ina Hartwig. In den Räumen des S: Fischer Verlags feierte sie am Donnerstagabend eine glänzende Buchpremiere. „Wer war Ingeborg Bachmann?“, so lautet der Titel von Hartwigs Buch, und das, was sie daraus vorlas und im Gespräch mit Heinz Drügh von der Goethe-Universität erzählte, war so anschaulich, spannend und noch dazu glänzend formuliert, dass es die berechtigte Hoffnung weckte, hier hätte jemand tatsächlich noch einmal einen ganz neuen Zugang zu Ingeborg Bachmann gefunden, 44 Jahre nach ihrem Tod.
„Der Bachmann-Gottesdienst“, so sagt Hartwig gleich zu Beginn. „ist mir enorm auf die Nerven gegangen.“ Hartwig hat Zeitzeugen befragt, im Literaturarchiv Marbach geforscht und mit Experten gesprochen. Das Gespräch mit dem Germanisten Reinhart Meyer-Kalkus, einem Forscher im Bereich der Stimme und der Sprechkunst, führt unter anderem zu einer so überraschenden wie originellen Erkenntnis, dass Bachmanns vermeintlich so authentisches Sprechen ein exakt kalkulierter, kunstösterreichischer Duktus gewesen sein muss. Überhaupt interessiert sich Hartwig für die (Selbst)-Inszenierung der öffentlichen Figur Bachmann. Wenn sie dem Titelbild des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ aus dem Jahr 1954 eine ausführliche Bildbeschreibung widmet, zeigen sich darin Ina Hartwigs präziser Blick und ihre zupackende Intellektualität.
Ina Hartwigs Biografie, das muss betont werden, ist keine Demontage ihres Gegenstandes; Hartwig liegt jede Denunziation fern. Als Leserin ist sie voll und ganz auf der Seite der Autorin. Als Literaturwissenschaftlerin arbeitet sie mit feinem Instrumentarium daran, das Werk Bachmanns von verkrusteten Deutungen freizulegen. Bei ihren Recherchen traf sie auch auf den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger. „Es war“, sagt Hartwig, „schon sehr beeindruckend, diesem alten Herrn gegenüber zu sitzen und seine Gefühle zu spüren.“ Und fügt nach kurzem Nachdenken hinzu: „Ja, er war schon sehr verliebt in sie.“
Ina Hartwig: Wer war Ingeborg Bachmann? S. Fischer Verlag, 320 S., 22,- €
Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig hat, bevor sie ihr Amt antrat, viele Jahre an ihrer Ingeborg Bachmann-Biografie gearbeitet. Dass das Buch erst jetzt erscheint, hängt mit juristischen Schwierigkeiten zusammen, die zu klären waren und die ebenfalls mit dem dogmatischen Blick auf die Figur Bachmann zu tun haben. Genau diesen Blick nämlich zersprengt Ina Hartwig. In den Räumen des S: Fischer Verlags feierte sie am Donnerstagabend eine glänzende Buchpremiere. „Wer war Ingeborg Bachmann?“, so lautet der Titel von Hartwigs Buch, und das, was sie daraus vorlas und im Gespräch mit Heinz Drügh von der Goethe-Universität erzählte, war so anschaulich, spannend und noch dazu glänzend formuliert, dass es die berechtigte Hoffnung weckte, hier hätte jemand tatsächlich noch einmal einen ganz neuen Zugang zu Ingeborg Bachmann gefunden, 44 Jahre nach ihrem Tod.
„Der Bachmann-Gottesdienst“, so sagt Hartwig gleich zu Beginn. „ist mir enorm auf die Nerven gegangen.“ Hartwig hat Zeitzeugen befragt, im Literaturarchiv Marbach geforscht und mit Experten gesprochen. Das Gespräch mit dem Germanisten Reinhart Meyer-Kalkus, einem Forscher im Bereich der Stimme und der Sprechkunst, führt unter anderem zu einer so überraschenden wie originellen Erkenntnis, dass Bachmanns vermeintlich so authentisches Sprechen ein exakt kalkulierter, kunstösterreichischer Duktus gewesen sein muss. Überhaupt interessiert sich Hartwig für die (Selbst)-Inszenierung der öffentlichen Figur Bachmann. Wenn sie dem Titelbild des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ aus dem Jahr 1954 eine ausführliche Bildbeschreibung widmet, zeigen sich darin Ina Hartwigs präziser Blick und ihre zupackende Intellektualität.
Ina Hartwigs Biografie, das muss betont werden, ist keine Demontage ihres Gegenstandes; Hartwig liegt jede Denunziation fern. Als Leserin ist sie voll und ganz auf der Seite der Autorin. Als Literaturwissenschaftlerin arbeitet sie mit feinem Instrumentarium daran, das Werk Bachmanns von verkrusteten Deutungen freizulegen. Bei ihren Recherchen traf sie auch auf den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger. „Es war“, sagt Hartwig, „schon sehr beeindruckend, diesem alten Herrn gegenüber zu sitzen und seine Gefühle zu spüren.“ Und fügt nach kurzem Nachdenken hinzu: „Ja, er war schon sehr verliebt in sie.“
Ina Hartwig: Wer war Ingeborg Bachmann? S. Fischer Verlag, 320 S., 22,- €
24. November 2017, 10.05 Uhr
Christoph Schröder
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