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Foto: © Martin Kaufhold
Foto: © Martin Kaufhold

Pygmalion im English Theatre

Von der Gosse in die feine Gesellschaft

Bernard Shaws Gesellschaftssatire „Pygmalion“ wird derzeit im English Theatre aufgeführt. Ein bissiges Stück über Klassenunterschiede, über die Rolle der Frau und den Willen des Menschen schöpferisch tätig zu werden.
Der Ovid-Legende nach formte der Bildhauer Pygmalion eine Frauenskulptur nach seinen Idealen, verliebte sich in sein geschaffenes Werk und wünschte sich, dass seine Galatea zum Leben erweckt wird. Ganz ähnlich verhält es sich bei Bernard Shaws Stück aus dem Jahre 1912, das seit vergangenem Freitag im English Theatre zu sehen ist: Der versnobte, ledige Phonetik-Professor Henry Higgins hat mit seinem Freund Colonel Henry Pickering gewettet, dass er die ungebildete Blumenverkäuferin Eliza Doolittle in das Ebenbild einer vornehmen Dame verwandeln kann, einfach, in dem er ihr beibringt, zu sprechen wie man es in der höheren Gesellschaft tut. Eine äußerst britische Geschichte also, die auf Deutsch nicht halb so amüsant wäre. Herausgeputzt und von Higgins bestens trainiert brilliert Eliza letztlich als vermeintliche Prinzessin beim Botschafterball. Für Higgins natürlich die Bestätigung seiner besonderen Fähigkeiten, für den Menschen Eliza aber mit allen Nöten, Gefühlen und Zukunftsängsten hat Higgins, der sich in Wahrheit nicht besser benimmt als ein ungehobelter Flegel, keine Gedanken übrig. Anders als in dem Musical „My Fair Lady“, das auf „Pygmalion“ basiert, zeigt das Stück weniger die Transformation Elizas, sondern stellt in bissigen Dialogen mit viel Wortwitz das Klassendenken und das gesellschaftliche Spannungsfeld in den Vordergrund.

In der Inszenierung von Tom Wright, der schon für „Handbagged“ über Queen Elizabeth und Margaret Thatcher verantwortlich zeichnete, wird Eliza (Jill McAusland) anfangs als wildes, Blumen verkaufendes Etwas dargestellt, das mit seinem Cockneyslang beim besten Willen kaum zu verstehen ist. Sie gebärdet sich wie ein ungezähmtes Tier, das in einen Käfig eingesperrt wird. So auch in der Szene, als die Haushälterin (Eliza McClelland) das verschmuddelte Mädchen in die Badewanne stecken will. Die allmähliche Verwandlung vom Gossengör zur Lady wird gänzlich ausgespart, plötzlich ist Eliza im duftigen rosa Rüschentraum wie verwandelt und stolziert ab da wie eine Puppe durch die feine Gesellschaft, ihr fehlt nur noch der Feinschliff. Ihr gegenüber steht ein überzeugend überheblich wirkender Higgins, gespielt von Michael Onslow, der selbst gerne flucht und ständig die Hände in den Hosentaschen trägt und somit keineswegs dem Bild eines typischen Gentleman entspricht, auch wenn er glaubt, gemessen an seiner Sprache, einem höheren Stand anzugehören.

Das achtköpfige Ensemble weiß zu überzeugen, teilweise müssen einige Darsteller mehrere Rollen übernehmen und bei jeder Szene erneut Mobiliar auf die Bühne bringen und wieder entfernen. Das anfangs eher puristisch wirkende, leicht an einen weißen Käfig erinnernde, Bühnenbild von Hannah Sibai erweist sich als äußerst wandelbar. So begeistert etwa die Szene, bei der sich in der zweiten Etage die Wände verschieben und man so einen Einblick in Elizas karge Bleibe oder auch mal in das Higgins’sche Badezimmer erhaschen kann. Obwohl das Stück schon an diversen Stellen gekürzt wurde, kommt Wrights 135 Minuten dauernde Inszenierung nicht ohne gelegentliche Längen aus. Nichts desto trotz weiß das Stück durch ein ambitioniertes Ensemble, durch eine große Portion Britishness, durch mitunter brillante Dialoge und ein pfiffiges Bühnenbild zu überzeugen.

>>Pygmalion, bis 26.10. im English Theatre, Gallusanlage 7, www.english-theatre.de
 
5. September 2017, 11.21 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
Fotogalerie: Pygmalion
 
 
 
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