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Kolumne von Ana Marija Milkovic
Unerwiderte Liebe unter Architekten
Wenn die Liebe nicht erwidert wird, ist das für Liebende unerquicklich, meint unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic. Warum das nicht nur für das Zwischenmenschliche gelte, sondern auch für den Berufsstand der Architeten, schreibt sie in ihrem neuesten Beitrag.
Wenn die Liebe nicht erwidert wird, ist das für Liebende unerquicklich. Das passiert im Zwischenmenschlichen, noch dazu Gender unabhängig. Das kann aber auch einen ganzen Berufsstand treffen. Bei Architekten wird mangelnde Gegenliebe am Gebauten festgemacht. Synonym für mangelnde Gegenliebe in der Architektur ist, wenn bereitgestellte Flächen nicht angenommen werden. Im Architekturmuseum Basel, wurde das Museum zum Beispiel kostenlos dem Publikum zum Spielen und Chillen für ein paar Monate zur Verfügung gestellt. Das Publikum erwidert die liebevolle Geste des Direktors nicht und zieht es stattdessen vor, am Ufer des Rhein abzuhängen.
Überheber des Missverständnisses ist kein Architekt. Urheber des Ganzen ist der Direktor des Schweizer Architekturmuseums, ein deutscher Kunsthistoriker, was bisweilen zu Missverständnissen führen kann. Den Schweizern sei gesagt, Deutschsein, Kunsthistorismus und Architektur sind keine Vorboten intellektueller Hartz IV Idylle. Wir können auch anders. An der neu entstandenen, nachahmenden Romantik am Frankfurter Domareal demonstriert die Stadt wie ein ganzes Viertel mit unendlichen Mitteln für den Wiederaufbau der Altstadt auf viel Gegenliebe des Wahlvolkes stoßen kann.
Was haben wir Frankfurter nicht alles durchgestanden bis die Entscheidung zum Nachbau der historischen Altstadt fiel! Das Frankfurter Hochbauamt hatte einen eingeladenen Wettbewerb dazu ausgelobt, den das Büro KSP gewann. KSP plante am ehemaligen kaiserlichen Krönungsweg einen Komplex, der beispielhaft in jeder größeren Stadt stehen kann. Damit waren nicht alle einverstanden. Ich habe seither viel über den Berufsstand der Architekten und über die Demokratie gelernt.
In der Demokratie kommen diejenigen zum Zug, die am lautesten schreien, könnte man meinen. Nicht wenige verwechseln diesen Jahrmarkt der Eitelkeiten mit der direkten Demokratie wie sie zum Beispiel in der Schweiz praktiziert wird. In der Schweiz erarbeiten Fachleute einen Entwurf und stellen diesen der Bevölkerung vor. Dann wird abgestimmt, ob gebaut wird oder nicht. Nicht etwa umgekehrt.
In Frankfurt waren es dagegen Laien, die Mitglieder des Altstadtvereins, die architektonisch mit gestalten wollten. Männer und Frauen sprachen unüberhörbar über ihr Unbehagen in der architektonischen Moderne. Die Frankfurter, so Altstadtbefürworter, sehnten sich anstelle einer Internationalisierung ihres Stadtbildes am Römer nach ihrer verlorenen gegangenen Idylle enger dunkler Gassen zurück.
Wollte die Bonner Republik sich vom Alten abgrenzen, leicht, frei, modern und lichtdurchflutet sein, will man seit der Wiedervereinigung auch in Berlin das Schloss vom alten Fritz zurück. In der Bonner Republik entstand nachweislich Raum für Widerstand gegen das Alte, Miefige, Verschlossene, wilhelminisch Kasernenhafte. Dieser Raum wird nun seit Jahren zubetoniert, als gelte es, das Demütigende, die Zäsur des Krieges auszulöschen.
Ich sehne mich nach dem Technischen Rathaus zurück, ein Denkmal der sechziger Jahre, das Kleingeister gerne als Betonklotz verspottet haben. Dieselben, die sich jetzt wieder in ihrer Idylle einrichten. So steht das Alte wieder auf, die Zeit steht still, und altes Leben blüht aus den Ruinen.
"Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit,
Und neues Leben blüht aus den Ruinen."
Friedrich Schiller
Überheber des Missverständnisses ist kein Architekt. Urheber des Ganzen ist der Direktor des Schweizer Architekturmuseums, ein deutscher Kunsthistoriker, was bisweilen zu Missverständnissen führen kann. Den Schweizern sei gesagt, Deutschsein, Kunsthistorismus und Architektur sind keine Vorboten intellektueller Hartz IV Idylle. Wir können auch anders. An der neu entstandenen, nachahmenden Romantik am Frankfurter Domareal demonstriert die Stadt wie ein ganzes Viertel mit unendlichen Mitteln für den Wiederaufbau der Altstadt auf viel Gegenliebe des Wahlvolkes stoßen kann.
Was haben wir Frankfurter nicht alles durchgestanden bis die Entscheidung zum Nachbau der historischen Altstadt fiel! Das Frankfurter Hochbauamt hatte einen eingeladenen Wettbewerb dazu ausgelobt, den das Büro KSP gewann. KSP plante am ehemaligen kaiserlichen Krönungsweg einen Komplex, der beispielhaft in jeder größeren Stadt stehen kann. Damit waren nicht alle einverstanden. Ich habe seither viel über den Berufsstand der Architekten und über die Demokratie gelernt.
In der Demokratie kommen diejenigen zum Zug, die am lautesten schreien, könnte man meinen. Nicht wenige verwechseln diesen Jahrmarkt der Eitelkeiten mit der direkten Demokratie wie sie zum Beispiel in der Schweiz praktiziert wird. In der Schweiz erarbeiten Fachleute einen Entwurf und stellen diesen der Bevölkerung vor. Dann wird abgestimmt, ob gebaut wird oder nicht. Nicht etwa umgekehrt.
In Frankfurt waren es dagegen Laien, die Mitglieder des Altstadtvereins, die architektonisch mit gestalten wollten. Männer und Frauen sprachen unüberhörbar über ihr Unbehagen in der architektonischen Moderne. Die Frankfurter, so Altstadtbefürworter, sehnten sich anstelle einer Internationalisierung ihres Stadtbildes am Römer nach ihrer verlorenen gegangenen Idylle enger dunkler Gassen zurück.
Wollte die Bonner Republik sich vom Alten abgrenzen, leicht, frei, modern und lichtdurchflutet sein, will man seit der Wiedervereinigung auch in Berlin das Schloss vom alten Fritz zurück. In der Bonner Republik entstand nachweislich Raum für Widerstand gegen das Alte, Miefige, Verschlossene, wilhelminisch Kasernenhafte. Dieser Raum wird nun seit Jahren zubetoniert, als gelte es, das Demütigende, die Zäsur des Krieges auszulöschen.
Ich sehne mich nach dem Technischen Rathaus zurück, ein Denkmal der sechziger Jahre, das Kleingeister gerne als Betonklotz verspottet haben. Dieselben, die sich jetzt wieder in ihrer Idylle einrichten. So steht das Alte wieder auf, die Zeit steht still, und altes Leben blüht aus den Ruinen.
"Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit,
Und neues Leben blüht aus den Ruinen."
Friedrich Schiller
23. Juni 2017, 11.30 Uhr
Ana Marija Milkovic
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