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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Denkmäler fürs Fußvolk

Unsere Kolumnistin verschlägt es diesmal auf den Rossmarkt. Dort steht zurzeit ein Denkmal für die Opfer der Euthanasie Anstalt Hadamer aus dem Dritten Reich. Sie ist allerdings nicht ganz d'accord damit.
Ich habe in Frankfurt einen Bus entdeckt. Ich schlug Herrn Schröder vor, dass wir uns dort treffen. Herr Schröder ist Fotograf. Er macht seine Arbeit sehr gut. Gelegentlich macht er mir den Vorwurf, dass die Stadtgrenzen Frankfurts für mich am inneren Grüngürtel enden. Wir könnten uns nicht immer in der Innenstadt treffen, schimpft er dann mit mir. Herrn Schröder gehen zwischen der Braubachstraße und Fressgasse die Motive aus. Wer, frage ich, interessiert sich aber für die Stalinallee? Die Europaallee, im Volksmund Stalinallee genannt, ist eine Straße, die mit ihren misslungenen baulichen Vorzeichen im Europaviertel liegt. An diesem Viertel haben sich einige Stadtplaner, das Stadtplanungsamt und Architekten verausgabt. Ihr Zeugnis wirkt regelrecht bemüht.

Herr Schröder wollte am Telefon nun genau von mir wissen, welchen Treffpunkt ich vorschlage? Irgendwo zwischen Goethe- und Rathenauplatz, sagte ich ihm. Dort hätte ich einen Bus entdeckt. Ich habe mir daraufhin die Frankfurter Straßenkarte angesehen und festgestellt, dass die genannten Plätze eigentlich Straßennamen sind. Der einzige Platz, der als solcher auch auf der Karte definiert worden ist, ist ein Markt und wird Rossmarkt genannt. Nun steht zwischen Rathenau- und Goetheplatz vis-a-vis zum Goethe-Denkmal ein betonierter, geteilter Bus. Dabei handelt es sich um eine Kopie der Busse, die psychisch Kranke im Dritten Reich in Vernichtungslager transportierten. Dieser Bus wurde Denkmal-Bus genannt. Ihn gibt es zweifach. Einer der beiden Exponate blockiert dauerhaft die alte Pforte der ehemaligen Heilanstalt Ravensbruck-Weissenau. Von dort aus brachten die Busse die Menschen ins Vernichtungslager Greifswald. Der zweite Bus ist ein bewegliches Denkmal. Jetzt steht es zwischen Goethe-und Rathenauplatz in Frankfurt. Es erinnert an die mehr als 1000 psychisch kranken und behinderten Bürger Frankfurts, die 1941 in die Euthanasie Anstalt Hadamer bei Limburg gebracht wurden, um sie dort zu ermorden.

Didaktik muss keine Kunst sein. Das Denkmal gilt dem Erinnern. Es wird aus der Stadt bald wieder samt seiner Geschichte verschwinden. Das kleine Kind, das an diesem Euthanasiedenkmal gerade spielt, fängt mit diesem Ort wiederum etwas ganz anderes an. Mich lässt die Frage seither nicht los, ob dieser Ort dafür richtig gewählt ist? Warum wurde überhaupt die Stelle zwischen Rathenau und dem größten Dichter deutscher Sprache gewählt? Walther Rathenau war Jude. Er wurde am 24. Juni 1922 in Berlin-Grunewald ermordet. Er war Industrieller, Schriftsteller und Reichsaußenminister. Eigentlich müsste in Walther Rathenaus Nähe einer seiner Nachfolger, Gustav Stresemann, liegen. Letzterer wiederum steht Pate für eine Straße mit gleichnamiger Haltestelle in Sachsenhausen. Die Stadt vergibt Namen für Orte, deren Geschichten den Stadtraum zusammenhanglos bespielen! Dabei wäre mit der Geschichte beider Politiker, Rathenau und Stresemann, so vieles über das Dritte Reich eindringlich erzählt. Nach Stresemanns Tod folgten bald NSDAP-Mitglieder wie von Neurath, von Ribbentrop und Speer, der Rüstungsminister sei an dieser Stelle auch benannt.

Der Sohn dieses Ministers ist Stadtplaner in Frankfurt, der auch am Europaviertel beteiligt war. Er wirbt mit drei Generationen von Architekten, darunter mit dem eigenen Vater, der einer Regierung angehörte, durch welche Grausamkeit und Leid in nie zuvor erlebtem Ausmaß erst möglich wurde. An dieser Selbstdarstellung stört sich in Frankfurt bei der Auftragsvergabe schon lange keiner mehr. Dabei ist längst widerlegt, dass Speer senior ein guter Nazi war. Wem dient nun der Bus in der Nähe des Rossmarkts?

www.albert-speer.de/leben/drei-generationen.html
 
24. August 2017, 14.22 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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