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Foto: Staatsakt
Foto: Staatsakt

Klez.e im Bett

Graustufen in die Wiege gelegt bekommen

Schwarz ist die Musik von Klez.e. Das passt zu den Entwicklungen in unserem Land meinen die Musiker. Für ihren dunklen Sound beleihen sie The Cure ohne die Briten zu kopieren. Am 6.12. kommt das Trio ins Bett.
JOURNAL FRANKFURT: Als ich Dich das erste Mal traf, warst Du bekennender Solist, der nicht nur im Studio, sondern auch live auf eine Umsetzung seiner Kompositionen mit anderen Musikern lieber verzichtete. Und plötzlich gab es nicht nur eine Bandversion von And The Golden Choir, sondern auch das Wiederaufleben von Klez.e. Wie kam es zu diesem "Paradigmenwechsel" …?

Tobias Siebert: Aha! Das drei Jahre alleine sein brauchte eine Pause. Was And The Golden Choir betrifft, fragten mich eine Menge Leute nach den Konzerten wann ich mal mit einer Bandbesetzung komme und ich ließ mich davon anstecken mein knappes Korsett zu verlassen, quasi den Vorhang hinter mir auf der Bühne aufzuziehen, um den Chor für das Publikum sichtbar zu machen. Klez.e mussten aus politischen Gründen wieder an die Startlinie. Auch hier ging es um ein „sichtbar“ machen. Und zwar im Sinne von beängstigenden Entwicklungen im Land durch das Kontrastmittel Flüchtlingsbewegung.

Auf Anhieb mag man keine Schnittmenge zwischen And The Golden Choir und Klez.e entdecken. Gibt es also zwei Seelen ach in Sieberts Brust, Dr. Jekyll & Mr. Hyde?

Naja wir wissen, der Chor besteht aus mehreren Personen. Und eine der Klangfarben des Chors hat dieses andere Projekt Klez.e. Eine eher herbstliche Farbe….

Wenn wir uns den beiden Bands über Farben nähern, welche würdest Du ATGC, welche Klez.e zuordnen?

ATGC natürlich Gold. Diese Frage hatte ich mir auch gestellt, als ich seinerzeit einen Namen für das Projekt gesucht habe. Klez.e´s Farben verändern sich. Es war lange Zeit ein Grün und ist über Gelb in ein tiefes Schwarz gerutscht. Ja, für Klez.e ist Schwarz eine Farbe -

In der Reduktion einen maximalen Sound erzielen, das jedenfalls könnte auf alles passen, was Du auf die Bühne bringst?

Diese Einschätzung gefällt mir gut. Die Reduktion in den Aufnahmen zur neuen ATGC-Platte, die ich gerade abgeschlossen habe, hat aber nicht so funktioniert. Ich wollte eigentlich kleine, reduzierte Lieder machen. Wir können uns nun auf ein großinstrumentiertes Album freuen...

Konkret zu Klez.e: kaum jemand bekennt sich so offen zu seinen Inspirationen. Jeder zieht The Cure als Vergleich heran, aber niemand unterstellt euch Epigonentum. Und das obwohl der Albumtitel („Desintegration“ statt „Disintegration“) sogar eine klare Bezugnahme ist. Ein Phänomen oder ein Zeichen besonderer Wertschätzung, auch der Medien?

Ich glaube wir sind so ehrliche Fans, dass man uns sofort abnimmt, dass wir hier kein Plagiat betreiben, sondern eine Stimmung aufgreifen, die uns seit frühester Jugend stark geprägt hat. Cure-Fans wissen wovon ich spreche. Es geht mehr um eine Gefühlswelt. Außerdem finden wir die letzten Cure-Alben nach 1992 nicht mehr so toll und wollten uns unsere ganz eigene Platte machen. (grinst)

Was macht den besonderen Reiz eurer Instrumentierung aus?

Wir ersetzen häufig die Gitarre durch einen Bass, brechen also die klassische Dreier Bandbesetzung in Bass, Bass, Schlagzeug. Das macht einen tiefen und vor allem dunklen Sound. Es ist für uns eine Abbildung der Zeit, in der wir gerade leben.
Es fühlt sich dunkel und bedrückend an.

Fühlt ihr euch richtig verstanden, wenn in den CD-Kritiken folgende Wahrnehmungen immer wieder auftauchen wie etwa Klez.e kennt nur die Farben Grau und Grauer, gefielen sich in tiefsten Mollabgründen, hingen einer dunklen Ästhetik nach?

Wir sind im Osten aufgewachsen und haben die Graustufen quasi in die Wiege gelegt bekommen. Bunt wurde es erst 1989, aber damit konnten wir schnell nichts anfangen. Graustufen sind toll. Es bleibt nicht beim Schwarzweiß.

Mauern, Flammen, Nachtfahrt, November, Schwarz, Drohnen, Requiem – Wohlfühlthemen klingen anders? Ist die Gesellschaftskritik à la Klez.e eine kreative Form von Karthasis, der Versuch der Schwermut zu entkommen? Oder sind es auch mahnende Worte an eine zunehmend politisch unkorrekte Gesellschaft?

Mich persönlich hat traurige Musik immer eher motiviert positiv an mir und meiner Umgebung zu arbeiten. Eine düstere Zukunftsvision ermutigt uns als Band darüber zu schreiben, den Mund aufzumachen und die vielen unbeleuchteten Ecken auszuleuchten. Eine für uns richtige Richtung, wäre eine sozialere Richtung, in der Konsum mehr in den Hintergrund rückt und Leben und Toleranz in den Vordergrund. Toleranz werden wir ohnehin eine Menge brauchen, wenn wir uns nicht alles kaputt machen wollen, denn wenn wir glauben, wir hätten heute eine Flüchtlingskrise, schauen wir in der aktuellen Klima- und Turbokapitalismusaussaugesituation mal zwanzig Jahre weiter …


>> Klez.e, Ffm, Das Bett, 6.12., 20:30 Uhr, Eintritt 17,–
 
23. November 2017, 20.17 Uhr
Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
Fotogalerie:
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