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Foto: Alexander Mirsch
Foto: Alexander Mirsch

Henni Nachtsheim interpretiert „Peer Gynt" neu

Einmal im Bugatti mitfahren

Um ein romantisches Orchesterstück wie Edvard Griegs „Peer Gynt“ als „De Peter kimmt“ in einen Waschsalon zu verlegen, muss man wohl Comedian sein. Henni Nachtsheim tut das mit dem Jazz-Ensemble der Deutschen Oper Berlin.
Im Sommer 2017 hatte Henni Nachtsheim einen viel beachteten Auftritt mit der Neuen Philharmonie Frankfurt im Offenbacher Capitol. Der Comedian wurde vom Management des klassischen Klangkörpers in die „Classic Lounge“ eingeladen. Zu einem Programm mit dem Namen „Bembel Sonate“ und viel Lokalkolorit. Mit den Rodgau Monotones kann Nachtsheim auf eine Rock’n’Roll-Vergangenheit zurückblicken, als Solist nahm er zwei Pop-Alben auf, mit Badesalz machte er als Comedian Karriere. Mit Klassik hatte man das Multitalent noch nicht auf einer Bühne gesehen. Hier konfrontierte man ihn nun mit dem großen norwegischen Komponisten Edvard Grieg und seinem bekanntesten Orchesterstück „Peer Gynt“. „Ich kannte die Melodien, allerdings ohne zu wissen, aus welcher Feder diese Musik stammte“, gibt Nachtsheim unumwunden zu. „Als der Auftritt mit dem Orchester feststand, habe ich mich natürlich auch mit Griegs Musik beschäftigt, um dabei festzustellen, dass ich viele dieser wunderbaren Stücke schon lange kannte.“ Was aber begeisterte Nachtsheim besonders an „Peer Gynt“, war es etwa die Welt der Trolle und Dämonen, die einen besonderen Reiz auf ihn ausübten?

„Da ich kein ausgewiesener Mystery- oder Fabel-Fan bin, hat mich die Original-Geschichte erst mal vor gedankliche Probleme gestellt. Ich fand sie zwar sympathisch, allerdings tat ich mich schwer, sie ins Jetzt oder zumindest ins Hessische zu transportieren“, plaudert Nachtsheim aus dem Nähkästchen. „Dann gab mir Ralph Ziegler, der Orchester-Chef, aber eine Art ,Freibrief‘, dass ich mit der Story machen dürfe was ich wolle.“ Seine Texte sollten allerdings immer nachvollziehbar zur Musik passen. „Also habe ich eine komplett neue Geschichte geschrieben, die im Waschsalon spielt, und in dem ich eine ältere Dame namens Solveig Betzinger treffe, mit der ich mich über alles Mögliche unterhalte. Natürlich immer drauf achtend, einen Zusammenhang zwischen Text und der Musik herzustellen.“ Dass das gut funktionierte und das große Orchester als wunderbarer Klangkörper voller faszinierender Stimmen das Storytelling unterstützte, ja vorantrieb, blieb Nachtsheim als ganz besondere Erfahrung in Erinnerung.

An Arbeit mangelt es Nachtsheim ja wahrlich nicht. Es gibt das Soloprogramm „Gisela“, das „Dollbohrer!“-Doppel mit dem Kollegen Rick Kavanian, dann steht im Herbst das neue Badesalz-Programm „Kaksi Dudes“ an und jetzt noch gemeinsame Konzerte mit dem Jazz Ensemble der Deutschen Oper Berlin. Mag das auch „nur“ ein Quintett sein, so ist es doch ein wenn auch reduziertes Orchester. Mit dem greift Nachtsheim die modifizierte „Peer Gynt“-Thematik auf. „Zuerst war da die Anfrage der Jungs aus Berlin. Sie haben dort in der Deutschen Oper schon länger eine Reihe namens ,Jazz & Lyrics‘ zu der sie mich eben auch mal eingeladen haben. Ich habe ihnen von dem Orchester-Auftritt erzählt und vorgeschlagen, diesen Aufbau zu übernehmen, und die Orchestermusik ins Jazzige zu transportieren“, erzählt der 62-Jährige. „Sie waren sofort begeistert, auch weil es sie sehr gereizt hat Jazz-Arrangements von Edward Grieg-Stücken zu schreiben. Die sind übrigens wirklich toll geworden. Das Besondere für mich ist, dass ich anders als früher bei den Monotones oder jetzt bei meiner Band mit Musikern auf der Bühne stehe, ohne selbst Musik zu machen, sondern nur mit Sprache arbeite. Trotzdem ist das ein ganz besonderes und intensives Zusammenspiel, wenn ich etwas vorlese und die Band es dann musikalisch aufgreift.“

Comedy meets Jazz heißt „Der Peter kimmt“ im Untertitel – eine griffige Formel für eine komplexere Idee. Da kann man natürlich damit kokettieren in dem man sagt: das suggeriert Straßenkultur trifft auf Hochkultur. Wird hier die Comedy also quasi geadelt oder ist das eher eine Wahrnehmung, die man selbst mit feiner Ironie versehen so nicht formulieren und stehen lassen sollte? „Doch, auf jeden Fall! Ich wollte einmal statt im Mazda in einem Bugatti mitfahren“, grinst Nachtsheim. Die musikalischen Motive muss man in diesem Kontext erst einmal erkennen. Wenn James Bond Thema ist im Dialog mit Solveig, erkennt man natürlich sofort die Musik von Paul McCartney und den Wings aus „Live And Let Die“, jedenfalls einfach als Griegs „Morning Mood“ oder „In The Hall Of The Mountain King“. Welche Rolle übernimmt die Musik – sie konterkariert ja die Sprechpassagen nicht, erst recht parodiert sie diese nicht. Wie finden die gesprochenen Episoden und die musikalischen Parts letztlich zusammen? „Indem sie sich ergänzen, miteinander korrespondieren. Der Text erzeugt immer eine gewisse Stimmung und die wird dann über die Musik weitererzählt. In einer Szene stürmen z.B. mehrere Putzfrauen den Waschsalon um hektisch ihrer Arbeit nachzugehen. Da passt ,In der Höhle des Bergkönigs‘ doch perfekt. (lacht) Man schließt die Augen und sieht die Damen regelrecht durch den Salon rasen.“ Bleibt als Frage, wie kann Musik mit unüberhörbar nordischem Charakter ins heimische Idiom übertragen werden und wie kann man Grieg plötzlich rhythmisch auch noch auf Kuba verorten? Ist der Hesse am Ende ein Kosmopolit? „Wenn einer zum Weltbürger taugt, dann der Hesse“, betont Nachtsheim. „Niemand passt sich den Verhältnissen irgendwo auf der Welt so an wie wir. Du liegst am Strand auf den Malediven, denkst an nichts Böses, und plötzlich steht ein kräftiger Typ neben Dir und meint nur ,Kerle, was habbe die für`n scheenes Wasser. Und dadezu noch der ganze Sand, Hammer! Jetzt noch en kalte Äppler und ich bleib für immer hier!‘ Das ist gelebtes Welt-Bürgertum.“

>> Henni und das Jazz-Ensemble der Deutschen Oper Berlin,
Offenbach, Rebell(i)sche Studiobühne, 12.4., 20 Uhr – ausverkauft
Neu-Isenburg, Treffpunkt, 14.4., 17 Uhr
 
12. April 2019, 09.55 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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