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Foto: Fiona Tan & Frith Street Gallery
Foto: Fiona Tan & Frith Street Gallery

Fiona Tan mit "Geografie der Zeit" im MMK

Eine Reise zwischen die Orte

Das Museum für Moderne Kunst zeigt in "Geografie der Zeit" Arbeiten der indonesischen Künstlerin Fiona Tan. In ihren Installationen und Videoarbeiten stellt sie unterschiedliche Formen der Zeit dar.
Fiona Tan ist eine zierliche Frau. Sie gestikuliert stark, fast als würde sie das Gesagte mit ihren Händen in der Luft nachformen. Doch ihr bevorzugtes Material mit dem sie arbeitet ist die Zeit. Sie möchte sie formen, falten, dehnen. Ihre Arbeiten befinden sich in einem Zwischenraum. Sie sind nicht klar der Vergangenheit zuzuordnen und nicht dem Jetzt. Vielleicht sind sie aber auch fiktiv.

In "Geografie der Zeit" zeigt das Museum für Moderne Kunst (MMK) Installationen und Videoarbeiten der indonesischen Künstlerin Fiona Tan. "Es gibt Werke, die sieht man und die gehen einem nicht mehr aus dem Kopf", so Peter Gorschlüter, Kurator der Ausstellung. So sei es ihm gegangen, als er Tans Arbeit "Contenance" vor 15 Jahren auf der Documenta in Kassel gesehen habe. Auch die Arbeit "Nellie" habe einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

"Nellie" ist eine Videoarbeit und das Porträt von Cornelia van Rijn, der unehelichen Tochter Rembrandts. Sie wanderte im Alter von 16 Jahren nach Batavia, dem heutigen Jakarta. Über ihr Leben ist kaum etwas bekannt. So nutzt Tan diese Leerstelle, um sie mit ihrer eigenen Vorstellungskraft zu füllen. Sie nutzt ein Versatzstück aus dem realen Raum, in dem van Rijn lebte: Ein Stück eines Stoffmusters, das eine Ansammlung von Exotischem zeigt, wie zum Beispiel einen Affen mit Hasenfüßen. Mit diesem Muster kleidet Tan Wände und Kleidung der jungen Frau aus, die dadurch wie eine Gefangene ihrer eignen Welt wirkt. Es ist eine Hommage an eine Frau, die in Vergessenheit geraten ist und die sich nicht mehr greifen lässt. Tan bewegt sich in einem Schwebezustand zwischen Realem und Imaginiertem. Genau dieses Spiel macht ihre Arbeiten so reizvoll.

Die drei Arbeiten mit dem Titel "Ghost Dwellings" werden in Räumen präsentiert, die aufgemacht sind wie Lagerboxen. Die metallenen Rollläden sind nicht komplett hochgezogen. Um in die Räume zu gelangen, muss man leicht den Kopf senken. Tritt man ein, beschleicht einen ein voyeuristisches Gefühl. In "Ghost Dwellings I" scheint jemand zu wohnen. Man sieht ein Bett und einen spärlich eingerichteten Wohnraum. An einer Wand wird ein Film projiziert, der in Cork, Irland und Umgebung gedreht wurde. Die anderen beiden Räume hingegen zeigen Videoarbeiten, die in Detroit und Fukushima gedreht wurden. Auch dort findet man wieder die bescheidenen Habseligkeiten eines Unbekannten. Tan besuchte mit den drei Städten Orte, die von Verfall und Verwüstung gezeichnet sind. Sie rückt ökologische und ökonomische Folgen der Globalisierung ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Den Bewohner dieser Lagerboxen stellt sie sich als einen Bücherwurm vor, der gerne Gegenstände sammelt.

Tan zeigt Zeitloses, gar Fiktives. Dennoch treibt sie das aktuelle Weltgeschehen um. Sie lese täglich Zeitung und versuche die Emotionen zu verstehen. So stellt der Auftakt zur Ausstellung eine Modelleisenbahn-Landschaft dar. Der Titel der Arbeit lautet "1 to 87". Das steht für den Maßstab, in dem das Werk angelegt wurde. Eine auf den ersten Blick perfekte Landschaft, die bei genauerem Hinsehen jede Menge Katastrophen beherbergt: Eine entgleisende Bahn, demonstrierende Globalisierungsgegner, Umweltverschmutzung. Hier wird der Betrachter von der komplexen Realität eingeholt, an einem Ort, der sonst der gedanklichen Zuflucht dient, als eine Art Rettungsinsel.

"Geografie der Zeit" ist eine Schau, durch die sich der Besucher treiben lassen kann. Tan sagt, sie bevorzuge es, wenn der Besucher sich ihre Arbeiten für sich anschaut. So entdeckt jeder seine eigene Geschichte, die er nach dem Besuch mit nach Hause nehmen kann.

>> Bis zum 15. Januar 2017, MMK 1, Domstraße 10. Mehr Informationen unter mmk-frankfurt.de/.
 
22. September 2016, 11.18 Uhr
Tamara Marszalkowski
 
 
Fotogalerie:
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