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Ex-Kraftwerk-Drummer Wolfgang Flür im Gespräch
"Elektronische Musik ist generationenübergreifend"
Der frühere Kraftwerk-Schlagzeuger Wolfgang Flür tritt bei "32 Jahren Technoclub" auf. Was treibt ihn an, hält er Techno schon für museumsreif und welche Erinnerungen hat er an seine Geburtsstadt Frankfurt? Ein Interview.
Journal Frankfurt: In Frankfurt plant man ein Museum für moderne elektronische Musik. Ist diese denn schon museal?
Wolfgang Flür: Schauen Sie sich die Auftritte von Kraftwerk aus den letzten Jahren an – die fanden alle in Kultureinrichtungen statt, etwa dem Wiener Burgtheater oder dem MoMa in New York. Auch vorher hat es immer wieder Überschneidungen zwischen Kunsthäusern und elektronischer Musik gegeben. Die Musik aber erscheint mir da nicht das entscheidende, sondern dass diese mit visuell starken Bildern aufgeladen wird.
Wer mag sich das anschauen? Sollte man nicht eher dazu tanzen?
Vor wenigen Monaten habe ich mir in Antwerpen die Ausstellung "Energy Flash: The Rave Movement" angeschaut, auf drei Ebenen ging es im Museum of Contemporary Art nur um die Rave-Kultur – und das Publikumsinteresse war riesig. Die Musik ist ja generationenübergreifend.
War es auch Ihre Musik als Sie 1973 als Schlagzeuger zu Kraftwerk kamen?
Nein, in dieser Anfangszeit kamen mir die Stücke aseptisch und kalt vor, alles war sehr experimentell. Das änderte sich aber rasch als wir an der Platte "Autobahn" saßen – da kam Gesang hinzu, Refrains, im Grunde Elemente der Popmusik, zu verdanken natürlich auch dem großen Konrad Plank, der dem ganzen schon vorher seine Linie gegeben hatte. Und was ich hörte, begeisterte mich. Ich wusste, dass hier etwas entsteht, dass es so noch nie gegeben hatte.
Der Erfolg führte sie mit Kraftwerk recht rasch sogar an den Broadway …
Ja, das war ein Kulturschock – für uns und für die US-Amerikaner, dieses, um die Klischees zu bemühen, whiskeytrinkende, rauchende, headbangende, Rockmusik hörende Volk. Wir setzten dem das deutsche Klischee gegenüber: Hatten grauen Anzüge an, sahen aus wie Techniker oder Ingenieure – und fingen auf die Sekunde pünktlich an zu spielen. Deutsche Tugenden eben, wir spielten Deutschlandpräzision! Dieses Gegenmodell hat sicherlich einen ungeheuren Reiz fürs Publikum ausgemacht.
Sie treten kommenden Samstag beim Technoclub-Event im Offenbacher MTW auf – wieder im grauen Anzug?
Das nicht, aber dafür mit preußischer Pickelhaube – mein Projekt heißt ja Musiksoldat, eine beißende Ironie auf den Militarismus, dem eine zutiefst pazifistische Weltsicht zugrundeliegt, die mich schon immer beschäftigt hat. Die Sounds und Stücke, die gespielt werden, darunter sicherlich auch etliche Klassiker, sind der Soundtrack zu einer visuell spannenden Geschichte, die meine Frau, eine Amateur-Filmemacherin, entworfen hat. Auch Teile meines neuen Albums Eloquence werden zu hören sein, es enthält Songs, die die Weiterentwicklung meines Geschichtenerzähler-Stils enthalten. Auch vier Collaborations mit internationalen Musikern sind darauf.
Mit dem Programm touren Sie aber schon länger, oder?
Ja, aber es verändert sich stetig. Es kommen hier und da neue Aufnahmen hinzu, wir bannen viele Erlebnisse und Begegnungen auf Film und so ist auch die dazu gespielte Musik, eng mit meinem Leben verwoben. Es ist, kurzum, Technotanzmusik – Soundtracks als Unterhaltungsprogramm – ein Programm übrigens, dass ich hier nun das erste Mal in Deutschland aufführen werde. Es gipfelt in Ausschnitten aus dem Film Hell's Angels von Howard Hughes, wahrscheinlich dem ersten echten Anti-Kriegsfilm aus dem Jahre 1930. Sie müssen sich das einfach ansehen, wenn ich in Frankfurt bin.
Ich weiß nicht, ob mir die Uhrzeit zusagt – ich bin ja nun auch nicht mehr der Jüngste.
Was soll ich da sagen, Herr Bremer? Ich gehe auf die 70 zu und stehe dennoch um halb eins im Club. Das können Sie auch.
Da scheinen die Kraftwerk-Auftritte am Broadway, die um Punkt 20 Uhr begannen doch sicherlich im Nachhinein wie eine Erholung, oder?
In angelsächsischen Ländern werden solche Auftritte aber viel eher wie ein Konzert arrangiert. Ich muss schon zugeben, dass mir diese Auftritte in Deutschland etwas zu schaffen machen. Aber ich entspanne mich vorher im Hotel, stelle mir sicherheitshalber den Wecker, nehme ein Taxi und bin dann ganz da. Und die Musik ist ja tanzbar. Den einst so getragenen Kraftwerk-Klassiker Neonlicht, übrigens eines meiner absoluten Lieblingslieder, habe ich mit einem brasilianischen Musiker komplett neu eingespielt und mit schnellen Beats unterlegt – ein gemütlicher Popsong ist das nicht mehr.
Beats sind ein gutes Thema. Ihr Einstieg bei Kraftwerk begann als Aushilfss-Drummer?
Ja, ihnen fehlte für einen Auftritt in der ZDF-Sendung Aspekte damals ein Schlagzeuger. Ich hatte Musik bis dato nur als Hobby verfolgt, hatte eine Lehre als Tischler gemacht, Innenarchitektur studiert und arbeitete als Praktikant in einem ebensolchen Büro. Nun, ich war 27 Jahre alt und man bot mir eine Reise nach Berlin, 300 Mark, damals viel Geld – mehr als ich als Monatslohn bekam – einen kleinen Auftritt und die Aussicht danach durch die Diskotheken der Hauptstadt zu ziehen. Ich musste nicht lange überlegen.
Und Kraftwerk hat sie fortan nicht mehr losgelassen.
So ist es, ich blieb bis 1986 bei der Band. Es war auch eine ebenso verrückte wie schöne Zeit, ich kann es manchmal selbst kaum glauben, wenn ich mir alte Videoaufnahmen anschaue. Das von uns selbstgebastelte elektrische Drumkit, das Beugen mit langen Haaren über die riesenhaften Synthesizer mit ihrem trotz der wenigen Obertöne lebhaften Klang, später dann die Bühnenshows, die trotz ihres Minimalismus Männer zeigten, die Spaß an ihrer Musik hatten, die sich anlächelten und einfach zusammen aufspielten.
Ganz anders als die doch sehr roboterhaften jüngsten Auftritte …
Ja, ein Konzert habe ich ja für ein englisches Musikmagazin besucht und den Schluss gezogen: "it's no more fun to compute". Die Musiker schauen sich nicht mehr an, zeigen keinerlei Regung. Ralf Hütter hat in seiner Roboterbegeisterung ja die Parole ausgerufen: Jeder ist ersetzbar. Ich frage mich mit einem Lächeln, wann er es auf die Spitze treibt und sich selbst ersetzt und keiner der ursprünglichen Bandmitglieder mehr auf der Bühne steht. Möglich wäre es ja.
Keine Kraftwerk-Begeisterung mehr?
Doch, weil die Band immer noch Geschichten erzählt und audiovisuell eindrucksvolle Unterhaltung bietet. Allein die 3D-Animationen sind absolut genial und etwas, was sich Ralf Hütter und Florian Schneider früher immer wünschten, was aber nicht nur unbezahlbar, sondern auch technisch unmöglich war. Es ist die späte Verwirklichung eines langgehegten Traums.
Mit ihren früheren Band-Mitgliedern sollen Sie selbst kein gutes Verhältnis mehr haben, nachdem sie in einer Autobiographie über die Grabenkämpfe innerhalb der Gruppe schrieben.
Ach, naja – so etwas gehört wohl zu jeder Band dazu, die von hier auf gleich große Erfolge feiern kann, da sind wir auch nicht anders als die ein oder andere Rock-Gruppe gewesen. Ich habe einfach ehrlich aufgeschrieben, was ich empfunden habe und empfinde, das ist natürlich immer umstritten. Vor wenigen Wochen habe ich Florian Schneider nach über 30 Jahren das erste Mal wiedergetroffen, in Schumachers Hausbrauerei, ganz in der Nähe des einstigen Studios, weswegen wir schon früher dort oft einkehrten, Spiegeleier mit Bratkartoffeln aßen und das beste Alt der Stadt tranken. Als wir uns wiedersahen gaben wir uns die Hand, später haben wir uns sogar umarmt, es hat mich irgendwie gerührt, dass wir zwei Männer doch noch vernünftig werden – nun, vielleicht muss man dafür erst älter werden.
Sie bereuen nichts?
Niemals, ich habe – und das habe ich auch Florian Schneider gesagt – die schönsten Jahre mit Kraftwerk verbracht, es war eine unglaubliche Zeit, die mein Leben in eine völlig neue Richtung gelenkt hat.
Düsseldorf ist Ihre Heimat, haben Sie noch Erinnerungen an Ihre Geburtsstadt Frankfurt? Sie sollen sie ja schon in sehr jungen Jahren mit ihren Eltern verlassen haben?
Wir haben in Sachsenhausen gelebt und dort bin ich auf die Textorschule gegangen – ich erinnere mich an das unzerstört gebliebene Haus meiner Uroma in der Rubensstraße, umgeben von Trümmern, die uns Kindern als die spannendsten Orte der Welt vorkamen. Ich erinnere mich an meine Zeit an der Textorschule, ein von meinem Vater auf Acht-Millimeter-Film gebanntes Schulfest; kürzlich habe ich den Jungen eines Freundes von dieser Schule abgeholt. Dabei kam es zu einer Kaskade von alten Erinnerungen.
Wollten Sie schon als Kind Musiker werden?
Ja, immer schon. Angefangen hatte bei mir alles mit einer Mundharmonika, die ich in jungen Jahren von meiner Patentante geschenkt bekam. Ich weiß noch, wie mein Zwillingsbruder damals zu mir sagte: "Du spielst immer so traurige Melodien – aber du wirst damit bestimmt mal irgendwann berühmt werden."
>> 32 Jahre Technoclub
MTW, Nordring 131, 10.12., 22 Uhr, Eintritt: 18 Euro
Der von DJ Talla 2XLC erfundene Technoclub feiert im MTW sein 32-jähriges Bestehen nicht nur mit dem Auftritt von Wolfgang Flür. Auch Front-242-Keyboarder Patrick Codenys ist dabei und Tallas DJ-Weggefährten und Original-Technoclub-Residents: Armin „Jeff“ Johnert, Andreas Fröse und Torben Schmidt.
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Wer mag sich das anschauen? Sollte man nicht eher dazu tanzen?
Vor wenigen Monaten habe ich mir in Antwerpen die Ausstellung "Energy Flash: The Rave Movement" angeschaut, auf drei Ebenen ging es im Museum of Contemporary Art nur um die Rave-Kultur – und das Publikumsinteresse war riesig. Die Musik ist ja generationenübergreifend.
War es auch Ihre Musik als Sie 1973 als Schlagzeuger zu Kraftwerk kamen?
Nein, in dieser Anfangszeit kamen mir die Stücke aseptisch und kalt vor, alles war sehr experimentell. Das änderte sich aber rasch als wir an der Platte "Autobahn" saßen – da kam Gesang hinzu, Refrains, im Grunde Elemente der Popmusik, zu verdanken natürlich auch dem großen Konrad Plank, der dem ganzen schon vorher seine Linie gegeben hatte. Und was ich hörte, begeisterte mich. Ich wusste, dass hier etwas entsteht, dass es so noch nie gegeben hatte.
Der Erfolg führte sie mit Kraftwerk recht rasch sogar an den Broadway …
Ja, das war ein Kulturschock – für uns und für die US-Amerikaner, dieses, um die Klischees zu bemühen, whiskeytrinkende, rauchende, headbangende, Rockmusik hörende Volk. Wir setzten dem das deutsche Klischee gegenüber: Hatten grauen Anzüge an, sahen aus wie Techniker oder Ingenieure – und fingen auf die Sekunde pünktlich an zu spielen. Deutsche Tugenden eben, wir spielten Deutschlandpräzision! Dieses Gegenmodell hat sicherlich einen ungeheuren Reiz fürs Publikum ausgemacht.
Sie treten kommenden Samstag beim Technoclub-Event im Offenbacher MTW auf – wieder im grauen Anzug?
Das nicht, aber dafür mit preußischer Pickelhaube – mein Projekt heißt ja Musiksoldat, eine beißende Ironie auf den Militarismus, dem eine zutiefst pazifistische Weltsicht zugrundeliegt, die mich schon immer beschäftigt hat. Die Sounds und Stücke, die gespielt werden, darunter sicherlich auch etliche Klassiker, sind der Soundtrack zu einer visuell spannenden Geschichte, die meine Frau, eine Amateur-Filmemacherin, entworfen hat. Auch Teile meines neuen Albums Eloquence werden zu hören sein, es enthält Songs, die die Weiterentwicklung meines Geschichtenerzähler-Stils enthalten. Auch vier Collaborations mit internationalen Musikern sind darauf.
Mit dem Programm touren Sie aber schon länger, oder?
Ja, aber es verändert sich stetig. Es kommen hier und da neue Aufnahmen hinzu, wir bannen viele Erlebnisse und Begegnungen auf Film und so ist auch die dazu gespielte Musik, eng mit meinem Leben verwoben. Es ist, kurzum, Technotanzmusik – Soundtracks als Unterhaltungsprogramm – ein Programm übrigens, dass ich hier nun das erste Mal in Deutschland aufführen werde. Es gipfelt in Ausschnitten aus dem Film Hell's Angels von Howard Hughes, wahrscheinlich dem ersten echten Anti-Kriegsfilm aus dem Jahre 1930. Sie müssen sich das einfach ansehen, wenn ich in Frankfurt bin.
Ich weiß nicht, ob mir die Uhrzeit zusagt – ich bin ja nun auch nicht mehr der Jüngste.
Was soll ich da sagen, Herr Bremer? Ich gehe auf die 70 zu und stehe dennoch um halb eins im Club. Das können Sie auch.
Da scheinen die Kraftwerk-Auftritte am Broadway, die um Punkt 20 Uhr begannen doch sicherlich im Nachhinein wie eine Erholung, oder?
In angelsächsischen Ländern werden solche Auftritte aber viel eher wie ein Konzert arrangiert. Ich muss schon zugeben, dass mir diese Auftritte in Deutschland etwas zu schaffen machen. Aber ich entspanne mich vorher im Hotel, stelle mir sicherheitshalber den Wecker, nehme ein Taxi und bin dann ganz da. Und die Musik ist ja tanzbar. Den einst so getragenen Kraftwerk-Klassiker Neonlicht, übrigens eines meiner absoluten Lieblingslieder, habe ich mit einem brasilianischen Musiker komplett neu eingespielt und mit schnellen Beats unterlegt – ein gemütlicher Popsong ist das nicht mehr.
Beats sind ein gutes Thema. Ihr Einstieg bei Kraftwerk begann als Aushilfss-Drummer?
Ja, ihnen fehlte für einen Auftritt in der ZDF-Sendung Aspekte damals ein Schlagzeuger. Ich hatte Musik bis dato nur als Hobby verfolgt, hatte eine Lehre als Tischler gemacht, Innenarchitektur studiert und arbeitete als Praktikant in einem ebensolchen Büro. Nun, ich war 27 Jahre alt und man bot mir eine Reise nach Berlin, 300 Mark, damals viel Geld – mehr als ich als Monatslohn bekam – einen kleinen Auftritt und die Aussicht danach durch die Diskotheken der Hauptstadt zu ziehen. Ich musste nicht lange überlegen.
Und Kraftwerk hat sie fortan nicht mehr losgelassen.
So ist es, ich blieb bis 1986 bei der Band. Es war auch eine ebenso verrückte wie schöne Zeit, ich kann es manchmal selbst kaum glauben, wenn ich mir alte Videoaufnahmen anschaue. Das von uns selbstgebastelte elektrische Drumkit, das Beugen mit langen Haaren über die riesenhaften Synthesizer mit ihrem trotz der wenigen Obertöne lebhaften Klang, später dann die Bühnenshows, die trotz ihres Minimalismus Männer zeigten, die Spaß an ihrer Musik hatten, die sich anlächelten und einfach zusammen aufspielten.
Ganz anders als die doch sehr roboterhaften jüngsten Auftritte …
Ja, ein Konzert habe ich ja für ein englisches Musikmagazin besucht und den Schluss gezogen: "it's no more fun to compute". Die Musiker schauen sich nicht mehr an, zeigen keinerlei Regung. Ralf Hütter hat in seiner Roboterbegeisterung ja die Parole ausgerufen: Jeder ist ersetzbar. Ich frage mich mit einem Lächeln, wann er es auf die Spitze treibt und sich selbst ersetzt und keiner der ursprünglichen Bandmitglieder mehr auf der Bühne steht. Möglich wäre es ja.
Keine Kraftwerk-Begeisterung mehr?
Doch, weil die Band immer noch Geschichten erzählt und audiovisuell eindrucksvolle Unterhaltung bietet. Allein die 3D-Animationen sind absolut genial und etwas, was sich Ralf Hütter und Florian Schneider früher immer wünschten, was aber nicht nur unbezahlbar, sondern auch technisch unmöglich war. Es ist die späte Verwirklichung eines langgehegten Traums.
Mit ihren früheren Band-Mitgliedern sollen Sie selbst kein gutes Verhältnis mehr haben, nachdem sie in einer Autobiographie über die Grabenkämpfe innerhalb der Gruppe schrieben.
Ach, naja – so etwas gehört wohl zu jeder Band dazu, die von hier auf gleich große Erfolge feiern kann, da sind wir auch nicht anders als die ein oder andere Rock-Gruppe gewesen. Ich habe einfach ehrlich aufgeschrieben, was ich empfunden habe und empfinde, das ist natürlich immer umstritten. Vor wenigen Wochen habe ich Florian Schneider nach über 30 Jahren das erste Mal wiedergetroffen, in Schumachers Hausbrauerei, ganz in der Nähe des einstigen Studios, weswegen wir schon früher dort oft einkehrten, Spiegeleier mit Bratkartoffeln aßen und das beste Alt der Stadt tranken. Als wir uns wiedersahen gaben wir uns die Hand, später haben wir uns sogar umarmt, es hat mich irgendwie gerührt, dass wir zwei Männer doch noch vernünftig werden – nun, vielleicht muss man dafür erst älter werden.
Sie bereuen nichts?
Niemals, ich habe – und das habe ich auch Florian Schneider gesagt – die schönsten Jahre mit Kraftwerk verbracht, es war eine unglaubliche Zeit, die mein Leben in eine völlig neue Richtung gelenkt hat.
Düsseldorf ist Ihre Heimat, haben Sie noch Erinnerungen an Ihre Geburtsstadt Frankfurt? Sie sollen sie ja schon in sehr jungen Jahren mit ihren Eltern verlassen haben?
Wir haben in Sachsenhausen gelebt und dort bin ich auf die Textorschule gegangen – ich erinnere mich an das unzerstört gebliebene Haus meiner Uroma in der Rubensstraße, umgeben von Trümmern, die uns Kindern als die spannendsten Orte der Welt vorkamen. Ich erinnere mich an meine Zeit an der Textorschule, ein von meinem Vater auf Acht-Millimeter-Film gebanntes Schulfest; kürzlich habe ich den Jungen eines Freundes von dieser Schule abgeholt. Dabei kam es zu einer Kaskade von alten Erinnerungen.
Wollten Sie schon als Kind Musiker werden?
Ja, immer schon. Angefangen hatte bei mir alles mit einer Mundharmonika, die ich in jungen Jahren von meiner Patentante geschenkt bekam. Ich weiß noch, wie mein Zwillingsbruder damals zu mir sagte: "Du spielst immer so traurige Melodien – aber du wirst damit bestimmt mal irgendwann berühmt werden."
>> 32 Jahre Technoclub
MTW, Nordring 131, 10.12., 22 Uhr, Eintritt: 18 Euro
Der von DJ Talla 2XLC erfundene Technoclub feiert im MTW sein 32-jähriges Bestehen nicht nur mit dem Auftritt von Wolfgang Flür. Auch Front-242-Keyboarder Patrick Codenys ist dabei und Tallas DJ-Weggefährten und Original-Technoclub-Residents: Armin „Jeff“ Johnert, Andreas Fröse und Torben Schmidt.
Web: www.musiksoldat.de/ / technoclub.tc
8. Dezember 2016, 11.49 Uhr
Nils Bremer
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