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Foto: Andreas Dosch
Foto: Andreas Dosch

Dosch @ Berlinale 2018 - Teil 2

Meine zweite Lektion der Berlinale: Stay positive (!)

Eine Menge an Menschen, Meinungen und ein Meer an Filmen bietet die diesjährige Berlinale. Unser Kinoredakteur Andreas Dosch bahnt sich seinen Weg durch die Massen.
Zunächst eine kleine Korrektur. Im Vorspann meines letzten Berlinale-Artikels war fälschlicherweise von den „168. Internationalen Berliner Filmfestspielen“ die Rede – was mal wieder zeigt, wie wir hier beim JOURNAL FRANKFURT unserer Zeit voraus sind. 168, das hieße: Dieter Kosslick, Boss der Berlinale, wäre seit 117 Jahren im Amt. Schlimmer noch: Wir hätten Mutti Merkel bereits 113 Jahre an der Backe – fühlt sich ja auch irgendwie so an. Wie an ihr scheiden sich die Geister mittlerweile auch am Festivalchef. Der kurz vor der aktuellen (68!) Berlinale veröffentlichte „offene Brief“ der ominösen deutschen (!) „79 Filmemacher*innen“, in dem ein „struktureller Neuanfang“ und zwischen den Zeilen auch Kosslicks baldiger Abgang gefordert wurde (nächstes Jahr ist es so weit, sein Vertrag läuft aus) – er ist auch im laufenden Festspielgeschehen eines der beherrschenden Themen. Gleich zu Beginn keifte der Verband der Deutschen Filmkritik, der Dieter solle doch bitte die ausgerufenen Embargos zurückpfeifen, welche besagen, dass die Beurteilung eines Films bitte erst 30 Minuten nach jeweiligem Beginn zu erfolgen habe. „Für bedingungslose Festivalberichterstattung, gegen Verhinderung von Filmkritik!“ heißt es wörtlich bei den konsternierten Kollegen. Liebe Leute, mal ernsthaft: Wollt Ihr vielleicht mal warten, bis Ihr den Film zu Ende geguckt habt, bevor Ihr gleich Eure Rotstifte zückt? Und falls Ihr ihn vorab schon gesehen haben solltet (Filmrezensenten dürfen das), dann ist eine halbe Stunde doch sicherlich zu verschmerzen. Geht in der Zwischenzeit ein Bierchen trinken, einen Matcha-Latte oder was auch immer. Oder eine Runde diskutieren? Ihr werdet sehen, 30 Minuten vergehen so was von im Flug – es sei denn, man hat Lufthansa gebucht.

Ein anderes beherrschendes Thema der 68. (!) Berlinale: Natürlich, die #MeToo-Debatte. Absolut notwendig, immerhin haben wir sie Ex-Filmmogul und Schlimmfinger Harvey Weinstein zu verdanken. Auch auf der Berlinale fand man einen vermeintlichen Vertreter dessen Zunft: Der südkoreanische Arthouse-Liebling Kim Ki-duk, selbst Bärengewinner und auf dem aktuellen Filmfest mit seiner bizarr-brutalen Parabel „Human, Space, Time, and Human“ vertreten (allgemeine Reaktion: „What the fuck was this?!“) – jener Kim Ki-duk soll 2013 bei Dreharbeiten seinen inneren Dieter Wedel aus dem Käfig gelassen und eine Schauspielerin nicht nur geohrfeigt, sondern sie zu nicht abgesprochenen sexuellen Darstellungen gezwungen haben. Klingt für mich nach Alfred Hitchcock. Nach Geldstrafe bedauert der Regisseur (also, nicht Hitchcock) den Vorfall, hat aber eine eigene Sicht der Dinge. Immerhin zeigte er sich hier in Berlin mutig der Öffentlichkeit, was ihn von Wedel wiederum unterscheidet. Das hielt die Bericht erstattende Presse allerdings nicht davon ab, Ki-duk als „#MeToo-Täter“ zu titulieren und die ganze Sache als „#MeToo-Vergehen“ zu zelebrieren. Sicherlich: Journalisten lieben Begriffe (ich auch: „#Ossobuco“ – toll!). Aber wenn das so weitergeht, würde es mich nicht wundern, wenn Bono bald mal eine Copyright-Klage einreicht.

Aber gut, genug mit lästiger Ämter- und Gender-Politik. Was gibt es sonst Neues auf der 68 (!) Berlinale? Zum Beispiel ein Papierkrieg an gedruckten Katalogen: Jede Sektion (und es gibt viele) hat inzwischen ihren eigenen. Kompliziert zum Durchblicken, aber: immerhin Print! Oder fragwürdige Einlasspolitik: Die Leute stehen bei 2 Grad Kälte schlotternd und ungeordnet auf der Straße – hey, Mister Kosslick, I`m talking to you: Das lief schon mal besser! Und ... nun ja: viele Filme. Viele viele viele Filme: manche gut, andere nicht. Ha, kleiner Scherz. Sie wollen detailliertere Informationen? Okay. „Isle of Dogs“ von Wes Anderson: eine Party, ein Fest! „Das schweigende Klasssenzimmer“ von Lars Kraume: gähn! „Transit“ von Christian Petzold: überraschend einnehmend. Der Anti-Western „Damsel“ mit Robert Pattinson als Vollidiot: durchwachsen. Der, ähm, Erotik-Thriller „Eva“ mit Isabelle Huppert: reden wir nicht drüber. Der schwedische Wettbewerbsbeitrag „The Real Estate“: nichts wie raus! Kim Ki-Duks Film: What the fuck was this?! Und so weiter. Ja, klingt schon wieder nach angepisstem Gemaule. Doch komischerweise habe ich bislang den Eindruck, mit meiner (stets subjektiven) Programmauswahl einen ordentlichen Fang gemacht zu haben. Das liegt an Wes Anderson: Ich bin Fan und außerdem Hundefreund. Das liegt an einer echten Entdeckung: Timur Bekmambetovs innovativem ISIS-Thriller „Profile“, der sich 105 Minuten lang auf einem einzigen Computerbildschirm abspielt. Und es liegt an meinem bisherigen Liebling, der wunderbar leicht und doch tiefgründig erzählten Coming-of-Age-Geschichte „L'Animale“ von einer überaus talentierten jungen Österreicherin namens Katharina Mueckstein. Das will was heißen, denn … nun ja, wie soll ich sagen … mit dem Österreichischen hab` ich es sonst eigentlich nicht so. Der Zoo-Palast jedenfalls, er bebte vor Begeisterung. So auch ich. Noch ein Promi-Fun-Fact am Rande: In der S-Bahnstation lief mir doch tatsächlich Ryuichi Sakamoto über den Weg. Hey! (oder besser: „Konnichiwa“). Der sitzt doch ansonsten gerade nebenberuflich in der Wettbewerbs-Jury dieser, der 68 (!) Berlinale. Harte Arbeit, ich hätte auf Berlinale-Chauffeure getippt. Aber wie, was ... Sie kennen Ryuichi Sakamoto nicht? Dann brauchen Sie gar nicht erst weiterzulesen.
 
19. Februar 2018, 09.52 Uhr
Andreas Dosch
 
 
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