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Foto: Thomas Aurin
Foto: Thomas Aurin

„Das siebte Kreuz“ im Schauspiel Frankfurt

Von Tätern und Opfern

Mit „Das siebte Kreuz“ bringt Anselm Weber den während der Nazi-Zeit geschriebenen Roman von Anna Seghers auf die Bühne. Auch eineinhalb Jahre nach der Uraufführung ist das packende Stück über Flucht und Freiheit noch immer einen Besuch wert.
Sieben Menschen sind auf der minimalistischen, dunklen Bühne zu sehen. Sieben Menschen, die im Verlauf des Stücks immer wieder andere Rollen einnehmen, sich selbst hinterfragen und den Lauf der Geschichte beständig in neue, oft unerwartete Bahnen lenken. Nein, das stimmt nicht ganz. Ein Mann bleibt immer er selbst: Georg Heisler, mit viel Hingabe gespielt von Max Simonischek. Er ist der Mann, um den sich alles dreht in diesem düsteren Stück. Und gleichzeitig ist er der einzige, der kaum Einfluss nehmen kann auf den Ausgang seiner eigenen Geschichte.

Bereits im Oktober 2017 feierte „Das siebte Kreuz“ Premiere im Schauspiel. Es ist die erste eigene Inszenierung, die Anselm Weber als Intendant des Hauses auf die Bühne gebracht hat. Die Adaption des Romans von Anna Seghers ist auch nach bald eineinhalb Jahren noch immer sehens- und empfehlenswert. 1938 begann die aus Mainz stammende, im Exil lebende Schriftstellerin mit der Arbeit an dem Buch, das 1942 zunächst in den USA und in Mexiko veröffentlicht wurde. Anselm Weber ist es gelungen, die düstere, bedrückende Atmosphäre dieser Geschichte aus der Nazi-Zeit auf die Bühne zu bringen.

„Das siebte Kreuz“ erzählt die Geschichte von sieben Flüchtlingen, die aus dem Konzentrationslager Osthofen fliehen. Auf der Flucht werden die Kameraden, untrennbar miteinander verbunden durch das gemeinsame existentielle Bedürfnis nach Freiheit und Erlösung, getrennt. Der Zuschauer erlebt die Flucht gemeinsam mit Georg Heisler, der sich verletzt und dehydriert, oft am Rande des Wahnsinns, seinen Weg durch die Main-Taunus-Region bahnt. Er will nach Frankfurt, dort, so glaubt er, wartet seine Geliebte Leni auf ihn. Doch die ist inzwischen verheiratet und eine treue Anhängerin des Regimes. Wem kann Georg Heisler noch trauen, nachdem seine letzte, seine einzige Hoffnung zerschlagen wurde?

Immer wieder wendet sich der von Schmerzen und Zweifeln Gepeinigte im Geiste hilfesuchend an den ebenfalls flüchtigen Ernst Wallau. Wallau, sehr einnehmend gespielt von Michael Schütz, erscheint Heisler in dessen wahnhaften Zuständen und hilft ihm, überlebenswichtige Entscheidungen zu treffen. Doch auch andere, reale Menschen begegnen dem Geflüchteten. Der sieht sich immer wieder mit der Frage konfrontiert, wem er trauen kann. Wer kann, nein will Georg Heislers Leben retten und wer wird von der Angst vor der Gestapo gelähmt? Wer ist Täter, wer Opfer? Es ist ein ständiges Spiel von Abhängigkeit, Bedürftigkeit, Überlebenswille und Misstrauen.

Die Darsteller kommen während der knapp zweistündigen Aufführung kaum zur Ruhe. Immer wieder wechseln sie in Minutenschnelle in eine andere Rolle, streifen die gerade noch getragene Persönlichkeit ab wie eine zu eng gewordene Haut. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle Keith Bernard Stonum, dessen Gesang die Atmosphäre des Stücks noch in den letzten Winkel des Zuschauerraums trägt. Manchmal hat man das Gefühl, dass die Männer und Frauen auf der Bühne nicht ganz hinterherkommen mit den vielen Rollenwechseln. Einige der Charaktere bleiben blasser und zweidimensionaler als andere, insgesamt erlebt der Zuschauer jedoch eine packende Inszenierung, deren Vielschichtigkeit bis ins Mark spürbar ist.

Kommende Termine:

Sa 16.02.2019 19.30 – 21.30
So 17.02.2019 16.00 – 18.00

Karten sind direkt erhältlich über das Schauspiel Frankfurt.
 
10. Januar 2019, 12.16 Uhr
Ronja Merkel
 
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. – Mehr von Ronja Merkel >>
 
 
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