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Foto: B3 - Biennale des bewegten Bildes
Foto: B3 - Biennale des bewegten Bildes

B3 Kinoprogramm

Von Mädchen am See, in Hologramm-Welten und dem Dschungel der Sexindustrie

Zum ersten Mal öffnete die „B3 – Biennale des bewegten Bildes“ ihr Programm für Kinofilme, während man sich bei den ersten beiden Auflagen neben Games und Videokunst vor allem auf aktuelle Fernsehserien konzentrierte.
Von den rund 20 Spiel- und Dokumentarfilmen, nebst sechs Kurzfilmprogrammen, nahmen allerdings nur ein Drittel der Beiträge am Wettbewerb um den am Ende verliehenen Preis BEN teil. Voraussetzung dafür war die Deutschlandpremiere innerhalb des Festivals. Außer etablierten Regisseuren wie Martin McDonagh („Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“), Guillermo del Toro („The Sharpe of Water”) oder Todd Haynes (“Wonderstruck”, im Wettbewerb) lag der Schwerpunkt auf dem amerikanisch-kanadischen Independentkino.

Prämiert wurden am Ende unter einem Dutzend Kurzfilmen Junichi Kanais tragikomisches Mini-Road Movie „Cycle-Cycle“ um Freundschaft und Vertrauen sowie Barney Cokeliss’ „Night Dancing“, eine wunderbare Studie um Traum, Realität und die Macht der Fantasie. Streiten könnte man sich über den Preis für den besten Spielfilm für den kanadischen Beitrag „Suck it up“. Jordan Canning lässt zwei Freundinnen, die bodenständige, aber neurotische Faye und die impulsive, Alkohol abhängige Ronnie, zum Selbstfindungstrip in die Berge fahren. Zwischen Streit und Versöhnung müssen beide den Tod von Ronnie Bruder, zugleich Fayes Ex-Freund, verarbeiten. Wofür die erfahrenen Kurzfilmregisseurin jedoch lange Dialoge und einen überflüssigen Schlamm-Wrestlingkampf im Finale benötigte, genügten ihrer Landsfrau Ingrid Veninger bei gleichem Sujet lakonisch-eindringliche Bilder.



Foto: B3 - Biennale des bewegten Bildes

Ihr „Porcupine Lake“ entwickelt die Freundschaft zwischen der kränklichen Einzelgängerin Bea und der erfahrenen Kate am Ende ihrer Kindheit glaubwürdig vor dem Hintergrund dysfunktionaler Familien. Dazu trug auch Akteur Harrison Tanner als Kates unberechenbarer Bruder bei, der die dichte Mädchenstudie in Frankfurt persönlich vorstellte. Dass die dreiköpfige Jury, unter anderem besetzt mit Schauspieler Johann von Bülow („Elser“, „Frantz“) den eher konventionellen Beitrag bevorzugte, gehört zu den vertrauten Gegebenheiten von Juryentscheidungen.

Ein wenig beliebig wirkte die Auswahl allerdings, denn bessere französische Komödien als „Superlovers“ (im Original übersetzt „Pläne auf dem Planeten“, im Wettbewerb) finden sich reichlich. Man könnte Guilhem Ameslands Debüt unter dem Festivalmotto „Über das Begehren“ einordnen. Doch die amourösen Abenteuer zweier Loser-Heimwerker-Brüder waren arm an echten Pointen, und der zweite Handlungsstrang um den Diebstahl eines teuren Expositionsstück aus einem Baumarkt lief am Ende ins Leere.

Interessanter erweis sich Travis Wilkersons „Did you Wonder Who Fired the Gun?“, einer der beiden Dokumentarfilme im Wettbewerb. Der US-Filmemacher forschte in den Analen seiner Familiengeschichte über seinen gewalttätigen Urgroßvater S.E. Branch, der 1946 ungestraft einen Schwarzen ermordete. Angesichts einer Mauer des Schweigens unterlegte Wilkerson sein Südstaaten-Porträt um Rassismus, Korruption und Unterdrückung oft nur mit verfremdeten Bildern von leeren Straßen und Wäldern.

Parallelen dazu ließen sich in „Pornocracy: The New Sex Multinationals“ von Ex-Pornoaktrice und Filmemacherin Ovidie finden. Ihre internationalen Recherchen zu den Finanziers von illegalen kostenlosen Sex-Streamingseiten, die zum Niedergang der Pornoindustrie führten, liefen letztlich angesichts bedrohter Bloger und Briefkastenfirmen ins Leere. Leider war Ovidie, die sich bei ihrer fesselnden Dokumentation allzu gern in Bild setzte, ebenso wenig zur Vorstellung erschienen wie Videokünstler Julian Rosenfeld zur Präsentation seiner Cate Blanchetts One-Woman-Show „Manifesto“.

Dem Publikum stellte sich jedoch die israelische Künstlerin Ann Oren, die ebenso in der Ausstellung im „Four“-Gebäude mit einer Abhandlung zum japanischen Cosplay präsent war. In ihrem Film „The World is Mine“ (Foto) untersuchte sie die entsexualisierte Otaku-Trickfilmwelt und die Obsessionen rund um die Hologramm-Figur Miku. Als beste Arbeit in der Kategorie „zeitbasierende und immersive Kunst“ mit dem BEN ausgezeichnet, schlüpfte die Multimedia-Künstlerin hier in die Identität der Hologramm-Sängerin, die eigentlich aus einem Synthesizer-Programm entsprungen war.

Insgesamt bot die „B3“ ein vielfältiges Filmprogramm, das hoffentlich seine Fortsetzung finden wird - dann hoffentlich mit einem früher bekannt gegebenen Timetable. Dass man die Anfangszeiten der Filme nur im Festivalkino Cinema und im Internet erfahren konnte, sorgte nicht dafür, dass sich die Säle füllten.
 
4. Dezember 2017, 13.01 Uhr
Gregor Ries
 
 
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