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Sit-in im Schauspiel

Große Bühne für Stéphane Hessel, Daniel Cohn-Bendit und Joschka Fischer

Drei Sessel, drei Tische, drei Männer: mehr braucht es im Schauspiel Frankfurt nicht, um ein Stück Realität aufzuführen, in dem der Bogen vom Zweiten Weltkrieg bis zum Nahostkonflikt gespannt wird
Zuerst betritt Joschka Fischer die Bühne, Applaus brandet auf, dann kommt Stéphane Hessel, gestützt von Cohn-Bendit, der Applaus wird stärker. Hier betritt ein unfassbares Leben die Bühne, eines, das nicht nur gelebt wurde, sondern dessen Feuer noch immer brennt. Das wird im Verlaufe der nun folgenden Diskussion schnell klar werden. Zunächst aber sind da nur drei Herren. In der Mitte Daniel Cohn-Bendit, der im Schauspiel Frankfurt regelmäßig sonntags Personen der Zeitgeschichte trifft und sich mehr in der Rolle des Moderators sieht .

An diesem Abend zu seiner Linken: Stéphane Hessel, Widerstandskämpfer, Buchenwald-Überlebender, Menschenrechtler, Diplomat, Schriftsteller, Lyriker und, zuletzt, Gallionsfigur für eine neue, man glaubt es ja kaum bei einem 1917 geborenen, Jugendbewegung. Empört Euch - diesen Schlachtruf erprobte er erst in Frankreich, schließlich in ganz Europa, lasst Euch nicht entmutigen, denkt an die Werte der Résistance, kämpft für die Freiheit und gegen die Macht des Kapitals. Eigentlich starker Tobak für eine politisch korrekte europäische Zivilgesellschaft, aber vielleicht weil Hessel der Absender dieser Zeilen war, lobte man seine Schrift gar in der Revolution unverdächtigen Blättern wie der FAZ.

Auf der Rechten: Joschka Fischer, Bundesaußenminister a.D., aber immer noch zur Stelle, wenn es um die Verteidigung des europäischen Gedankens oder auch nur der rot-grünen Außenpolitik im allgemeinen geht.

Hinter den drei Herren eine einzige schwarze Wand, die Raum lässt für Gedanken. Und die türmen sich alsbald. Mit dem Kleinklein des deutsch-französischen Verhältnisses gibt man sich nicht lange ab, Europa ist da schon das geeignetere Feld, noch lieber aber die Geopolitik, ein weltweiter Bogen schließlich, der vom Ende des Zweiten Weltkriegs über den Ost-West-Konflikt bis zur Palästinafrage und dem arabischen Frühling reicht. Hessel und Cohn-Bendit geben die Optimisten, Fischer den ewig grantelnden Alten, und dass, obwohl er doch der Jüngste in der Runde ist. Und das ist das eigentlich interessante Fazit eines Abends, der von Hessel bei geschlossenen Augen mit der Rezitation eines deutschen Gedichtes (natürlich von Hölderlin) begonnen und eines franzöischen Gedichts beschlossen wird, dass nämlich ein 93-Jähriger mehr Feuer in sich tragen kann als ein 30 Jahre jüngerer. "1948", erzählt Cohn-Bendit bei der Vorstellung der beiden, "trat Stéphane in die Dienste der UN-Menschenrechtskonvention. Und das war jenes Jahr, in dem Joschka geboren wurde." "Gut gemacht", sagt Hessel und nickt Fischer anerkennend zu. Später zeigt sich das Spiel der Beiden nochmals deutlich, als Cohn-Bendit die Debatte neu entfacht, ob "der Joschka" nicht als Kanzlerkandidat antreten solle. "Ich meine: jetzt mal ehrlich - Peer Steinbrück?" Doch Fischer hat keine Lust mehr. "Ich müsste 150 Prozent geben - und ich bin in einem Alter, in dem ich das nicht mehr will." Stéphane Hessels Replik: "Sie sind doch noch ein junger Mann! Wissen Sie, das Schöne am Alter ist, dass es eine unglaubliche Befreiung ist. Das werden Sie noch sehen!"

Eine Dokumentation des Gesprächs zwischen Stéphane Hessel, Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit stellen wir in den kommenden Tagen auf unserer Webseite bereit. Die Red.
 
15. Mai 2011, 22.25 Uhr
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Fotogalerie: Daniel Cohn-Bendit im Schauspiel
 
 
 
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