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Mainzer Landstraße

Von Pflastersteinen, die keine Autos tragen

Sechs Meter breit ist der Bürgersteig, den das Verkehrsdezernat auf der Mainzer einrichtete. Wir versuchten uns als Autolobbyisten – und scheiterten kläglich an den Frankfurter Ämtern.
Derzeit ist viel von Lobbyisten die Rede, sie sind, kurzum, in Verruf. Wir aber haben ein bisschen Respekt vor Lobbyisten. Wir haben uns die Finger wundgeschrieben, haben politische Gremien eingespannt, haben einem Dezernenten soviel Post beschert, dass er unsere, sagen wir mal: Anregungen, in einem E-Mail-Fach namens „Brieffreundschaften“ abspeichert. Gebracht hat es nichts. Wir haben auf Granit gebissen. Genauer: Auf Pflastersteine.

Die Geschichte beginnt wie jede Geschichte: Mit einer Frau. Jene Frau, deren Identität wir nicht kennen, wandte sich ans Lokalparlament Ortsbeirat 1, der zuständig ist für Altstadt, Bahnhof, Europaviertel, Gallus, Gutleut und die Innenstadt. Sie schilderte, dass sie mit ihrem Kinderwagen nicht an parkenden Autos vorbeikam. Ein berechtiges Anliegen, das wir hier auch nicht kritisieren wollen. Nein, unser Bestreben war es vielmehr, einen Kompromiss zu schaffen zwischen Autofahrern, die einen Parkplatz suchen und Kinderwagenschieberinnen.

Jedenfalls: Die Lokalpolitiker nahmen sich der Dame an und forderten den Magistrat auf, den Ursprungszustand der Bepollerung an der Mainzer Landstraße vor dem alten Polizeipräsidium wiederherzustellen. Am 3. April 2012 erließ das Gremium als Tagesordnungspunkt 21 unter der Vorlage OF163/1 folgenden Beschluss: „Der Magistrat wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der Gehweg Mainzer Landstraße im Bereich des ehemaligen Polizeipräsidiums für Fußgängerinnen und Fußgänger wieder in einen benutzbaren Zustand versetzt wird. Zu diesem Zweck ist der Gehweg mit Pollern zu versehen.“

Und zum Ende des Sommers war es dann soweit: Der politische Wille manifestierte sich in einer Absperrung, in deren Folge ein sechs Meter breiter Bürgersteig entstand. Einst war hier nämlich ein Sicherheitsbereich, um das Polizeipräsidium zu schützen. Nur: Die Polizisten sind schon lange weg, das Gebäude steht leer, das Land Hessen versucht es seit Jahren vergeblich zu verkaufen, manchmal sind sie im hessischen Immobilienmanagement geradezu euphorisch, was das angeht und kündigen vorsorglich allen über 100 Mietern der Parkplätze im Innenhof des früheren Präsidiums, weil bald die Bagger anrollten. Das ist schon Jahre her, auf die Bagger warten wir vergeblich, die Parkplätze sind aber weg.

Könnte man da nicht, vielleicht gut 20 Autos längs parken lassen VOR dem Ex-Präsidium und wäre dann nicht immer noch genug Platz für Kinderwagen, sogar solche für Zwillinge? Und hätten es, jetzt kommen wir zum Kern des Lobbying, unsere Besucher dann nicht leichter einen Parkplatz in der Nähe des Verlags zu finden? Das hört sich egoistisch an, aber: Auch die anderen Unternehmer und Einzelhändler waren alles andere als begeistert vom Parkplatzschwund in unserem Viertel. Ein Sündenbock war auch schnell ausgemacht: Verkehrsdezernent Stefan Majer, Grünen-Politiker, passionierter Radfahrer und, so heißt es, Autohasser wie schon sein Vorgänger Lutz Sikorski sel., der sich eine Freude machte, den Innenstadtverkehr zu verlangsamen. Bei Majer ging nichts. Alles wurde pariert, auch mit ausführlichsten Antworten, die wir hier nicht komplett wiedergeben können. Zu den Begründungen, warum auf dem breiten Bürgersteig nicht mehr geparkt werden darf, kommen wir noch. Nur soviel: Am Autohassertum liegt es bei weitem nicht, wäre auch seltsam, schließlich hat Majer kürzlich erst eine neue Brücke über den Main eingeweiht, auf dass motorisierte Bürger schneller dort sind, wo sie hinwollen. Zurück zur Mainzer. An die gesetzten Poller wollte man nicht nochmal ran und außerdem: Es gab ja diesen einstimmigen Beschluss des Ortsbeirat.

Also riefen wir beim SPD-Politiker Helgo Müller an, der sofort Verständnis hatte und im Ortsbeirat einen Antrag einbrachte. Sicherheitshalber kontaktierten wir noch den CDU-Fraktionschef Stephan Deusinger und tatsächlich: Am 8. August 2013 beschloss das Gremium einstimmig die Anregung an den Magistrat OM2396. Die Poller sollten demnach versetzt werden. Gut vier Monate später antwortet der Magistrat, dass das nicht geht. Durch die Autos könne der Bürgersteig Schaden nehmen. Sorry! Nee, nicht sorry. Wir fragen noch mal im Dezernat nach. Dort heißt es: Würde der Bürgersteig kaputtgehen, könnte es teuer werden für die Stadt. Ein anderer, festerer Belag: auch teuer. Abgesenkte Bordsteine: noch teurer. Dass das alte Polizeipräsidium mittelfristig abgerissen und damit ohnehin ein neuer Bürgersteig fällig wird? Spielt jetzt noch keine Rolle. Der breiteste Bürgersteig bleibt bestehen. Nochmal sorry! Und jetzt? Der Kampf geht weiter! Beim Dezernat heißt es, wir würden uns da in etwas verbeißen. Wissen wir ja: in Pflastersteine. Fortsetzung folgt.
 
4. Februar 2014, 11.52 Uhr
Nils Bremer
 
 
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