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Boom bis in den Ruin?

Frankfurter Bevölkerungswachstum: Fluch oder Segen?

Frankfurt platzt aus allen Nähten, jährlich zählt die Stadt 15 000 Einwohner mehr. Welche Konsequenzen das hat, darüber diskutierte die Montagsgesellschaft im Westhafen unter anderem mit Olaf Cunitz und einem Vertreter der EZB.
Die Montagsgesellschaft ist eine Vortragsreihe, die immer am letzten Montag im Monat abgehalten wird. Meistens in der Villa Rothschild, zuletzt aber ausnahmsweise im Westhafentower. Und so fanden sich am Montag im 20. Stock, mit Blick auf die Stadt, illustre Gesprächsgäste zusammen. Auf dem Podium sprachen, moderiert von Stefan Söhngen, der Bürgermeister und Planungsdezernt Olaf Cunitz (Grüne), Peter Rennpferdt, Deputy Director General Human Resources bei der Europäischen Zentralbank und Constantin Westphal, Geschäftsführer der Nassauischen Heimstätte, über Frankfurts Zukunft angesichts einer Bevölkerungsexplosion.

Wohin mit all den Frankfurtern?
Olaf Cunitz fasste die Lage, in der sich Frankfurt befindet, in Zahlen zusammen: „Jährlich zählen wir 15 000 neue Einwohner, das bedeutet 300 zusätzliche Frankfurter pro Woche. In den vergangenen zehn Jahren ist Frankfurt um 70 000 Einwohner gewachsen. Das ist, als hätten wir die Stadt Fulda eingemeindet.“ Diese Zuzüge belasteten den Immobilienmarkt, denn die Nachfrage träfe nicht auf das entsprechende Wohnungsangebot. Daher versuche die Stadt mit dem Bau neuer Wohnungen zunächst das Angebot zu vergrößern und somit auch die Preise auf dem Immobilienmarkt gemäßigt zu halten. Außerdem stelle man Bauland zur Verfügung und fördere den sozialen Wohnungsbau mit 45 Millionen Euro.

Die Nassauische Heimstätte gilt als Synonym für verhältnismäßig günstige Wohnungen. 61 500 Wohnungen habe man im Portfolio, sagt der Geschäftsführer Constantin Westphal, der auch moniert, das es für jeden neuen Wohnhausstandort auch eine Interessengruppe gebe, die dagegen sei. „Irgendein Aufstand findet immer statt.“

Die EZB bringt Leute in die Stadt
Doch wie Moderator Stefan Söhngen provokativ äußerte, seien doch Institutionen wie die Europäische Zentralbank (EZB) Schuld daran, wenn Frankfurt aus allen Nähten platze. Peter Rennpferdt erklärte dazu, dass man vor der Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes im Herbst noch 1050 Stellen zu besetzen hätte und er derzeit mit dem rekrutieren von internationalen Arbeitskräften beschäftigt sei. „Wir werben die besten Köpfe Europas an“. Und diese Köpfe haben Familie und wollen überzeugt werden, europäische Metropolen zu verlassen, um nach Frankfurt zu ziehen. Doch die Mitarbeiter, die vor zwanzig Jahren beim Europäischen Währungsinstitut angefangen hätten, darunter damals viele Singles, hätten längst Familien gegründet und wollten auch gar nicht mehr weg. „Frankfurt erfüllt alle Kriterien, die auch die meisten europäischen Hauptstädte ausmachen, nur hat sie mehr Lebensqualität.“ Um die vakanten Stellen zu füllen seien 30 000 Bewerbungen nötig. Ein Impuls für Interessenten könnten neben Wohnraum auch Schulen sein, für den Nachwuchs. „Die Hälfte unserer Mitarbeiter wohnt außerhalb von Frankfurts, in den umliegenden Gemeinden“, sagt Rennpferdt.

Und was tut Frankfurt für die hier lebenden Familien?
Olaf Cunitz strich heraus, dass die Koalition seit 2006 immense Summen in die Kinderbetreuung investiert habe und Frankfurt somit bundesweit eine Spitzenposition einnehme. Ferner sei der Trend, in die Stadt zu ziehen, ungebrochen. Frankfurt sei die Stadt der kurzen Wege. Außerdem seien etwa für seniorengerechtes Wohnen auch öffentlicher Nahverkehr, kulturelle Angebote und ärztliche Versorgung ausschlaggebend. „Diese Infrastruktur gibt es in der Stadt, wobei die Leute in die Mitte der Stadt wollen und weniger in die Randgebiete.“ Doch Senioren seien beim Bevölkerungswachstum statistisch gesehen zweitrangig. „Frankfurt ist antizyklisch und wird immer jünger. Der Zuzug schulpflichtiger Kinder sprengt alles bisher Dagewesene. Die Jugend ist auf dem Vormarsch.“

Für die Mitarbeiter der EZB, die statisch gesehen doppelt so viele Kinder haben wie der Durchschnittsfrankfurter, ist zumindest Kinderbetreuung und die Schule kein so großes Problem. „Die EZB betreibt selbst Kitas, aber wir streben da auch eine Durchmischung an.“ Die Kinder würden auf jeden Fall in der Europäischen Schule in Praunheim aufgenommen, selbst wenn die ihre Kapazitäten schon längst übertroffen hätte, ohne Gebühr versteht sich.

Die Nassauische Heimstätte integriere derzeit gerne Kitas in ihre Bauprojekte. So etwa am Preungesheimer Bogen, sagte Constantin Westphal. Auch wenn das weniger zentral gelegen sei, versuche man mit der entsprechenden Infrastruktur Anreize für Familien zu bieten, dorthin zu ziehen. Außerdem sei es eine Überlegung wert, leerstehende Büroflächen in Studentenwohnheime oder Seniorenresidenzen umzuwandeln. Vor allem Mehrgenerationenwohnen sei gefragt, barrierefreies Wohnen laute das Credo. Wobei sich die Umsetzung in der Bürostadt Niederrad an mancher Stelle als schwierig erweise, weil es am Schallschutz hapere, die Decken zu niedrig seien oder die sanitären Anlagen erstmal integriert werden müssten. „Abreißen ist oft günstiger.“ Auch Bürgermeister Cunitz sagte, dass man nicht glauben solle, dass 1,5 Millionen Quadratmeter Leerstand in Frankfurt die Lösung aller Probleme sei, zumal Gewerbeimmobilien lukrativer seien als Wohnungen. „in Niederrad macht höchstens bei einem Drittel der Bürogebäude eine Umwandlung Sinn.“

Und wie soll es mit Frankfurt weitergehen?
Die Stadt wird künftig weiter wachsen, die Probleme werden sich verschärften. „Die Stadt ist 250 Quadratkilometer groß und mit Eingemeindungen ist nicht zu rechnen. Zieht man davon nun Grünflächen, Main und Verkehrswege ab, dann bleibt nur noch ein Drittel der Fläche, auf dem sich Bauen abspielt“, gibt Cunitz zu bedenken. Darum will er auch Ackerflächen nutzen, um kompakt in der Stadt zu bauen, statt das Umland zu zersiedeln. „ich verstehe jeden Landwirt, der sagt, warum meinen Acker?“ Aber das ist ja auch mit einer Wertsteigerung verbunden, wenn man aus einer landwirtschaftlichen Fläche Wohnbaufläche macht.“ Landwirtschaft könne ja auch in der Wetterau betreiben werden, letztlich ernähre sich Frankfurt mit seiner Eigenproduktion nicht selbst. 25 Prozent der Fläche Frankfurts sei landwirtschaftlich genutzt. Constantin Westphal pflichtete Cunitz bei und regte an, auch in Oberrad an so manchem Gewächshaus zu Gunsten von mehr Wohnraum zu rütteln. Wobei da noch die Frage ist, ob es sich dabei nicht um Siedlungsbeschänkungsgebiete handelt, wegen des Fluglärms.

Am Ende des Abends war für die Wohnungsnot zwar keine Lösung gefunden, dafür das Problem genauer umrissen. Frankfurt wird weiter wachsen und zwar stärker als die Region. Olaf Cunitz prognostizierte ein Wachstum von 10 Prozent fürs Umland und 30 Prozent für die Stadt.
 
1. April 2014, 16.00 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
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