Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs
Foto: Andreas Mühe, VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Foto: Andreas Mühe, VG Bild-Kunst Bonn, 2022

Städel Museum

„Wenn Du die Wahrheit siehst, gehst Du traurig nach Hause“

In einer Einzelausstellung sind die Fotografien des Künstlers Andreas Mühe zu sehen. Seine Arbeiten befassen sich mit soziologischen, historischen und politischen Themen, die er aufwändig inszeniert.
Uneitel und unprätentiös – so präsentierte sich Angela Merkel stets und damit ist es der Kanzlerin a.D. gelungen, sich in unser Bildgedächtnis einzuprägen. Der Fotokünstler Andreas Mühe spielt mit unserem Bildgedächtnis und unserer Erinnerungskultur. Wir sehen eine Frau in Rückansicht. Sie trägt den typischen Blazer, auch die Frisur stimmt. Obwohl wir das Gesicht nicht erkennen können, ist Merkel genau zu identifizieren. Wir scheinen einem seltenen privaten Moment beizuwohnen. Merkel steht in einer Naturlandschaft neben einem Baum und betrachtet einen Teich. Doch bei näherem Hinsehen ist der vermeintlich intime Moment eine kalkulierte Inszenierung, perfekt ausgeleuchtet. „Unterm Baum“ ist kein Schnappschuss, entstanden bei einem Spaziergang im Wald, sondern eine durch und durch choreografierte Fotografie, die Andreas Mühe 2008 im Botanischen Garten Berlin aufgenommen hat. Die Fotografie ist nun im Rahmen der Einzelausstellung „Stories of Conflict“ im Städel Museum Frankfurt zu sehen.

„Unterm Baum“ wurde jüngst für die Städel-Sammlung erworben, was bei einigen Menschen Stirnrunzeln hervorrief, wie Direktor Philipp Demandt verrät. Zu Unrecht, denn Mühe ist einer der bekanntesten Künstler Deutschlands und die Neuerwerbung zeugt von großer Weitsicht, vereint seine Arbeit doch so vieles: Neben einer hochästhetischen Bildersprache sind Mühes Fotografien vor allem politisch, wie in weiteren Fotografien der Kanzlerin deutlich wird. Seine Porträts von Merkel gelten schon heute als ikonisch, er durfte sie auf mehreren Reisen begleiten und so sehen wir an der Wand gegenüber weitere Fotografien, die die Ex-Kanzlerin im Auto zeigen: mit Blick auf die Kreidefelsen, vor der Villa Hügel mit einem Strauß Pfingstrosen im Arm. Wirklich? Auf diesen Fotografien ist nicht Merkel zu sehen, sondern Andreas Mühes Mutter als Double. Was echt, was inszeniert ist, verschwimmt. Merkel wurde ja auch immer als „Mutti“ bezeichnet und damit spielt der Künstler auf einer weiteren Wahrnehmungsebene.

Andreas Mühe wurde 1979 in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz geboren. Nach einer klassischen Ausbildung zum Fotolaboranten machte er sich als freischaffender Fotograf selbstständig und spezialisierte sich auf Porträt- und Magazinfotografie. Seine großen Einzelausstellungen, u.a. in den Deichtorhallen Hamburg oder im Hamburger Bahnhof Berlin, sorgten für Aufsehen. „Ich wollte nie etwas anderes sein als Fotograf“, sagt Mühe. In seiner Arbeit ist er Perfektionist. Seine Fotoarbeiten sind bis ins kleinste Detail durchdacht, selbst bei der Rahmung legt er großen Wert darauf, dass sie zum Bildinhalt passt. Er fotografiert stets analog, meistens mit einer Großbildkamera.

2011 hat Mühe die Häuser der Waldsiedlung Wandlitz abgelichtet. In diesen Bauten lebten hohe Funktionäre der DDR. Das Wohngebiet war streng bewacht und für Außenstehende unerreichbar. Mühes Fotografien zeigen deprimierend graue Einheitsbauten, von goldenen Wasserhähnen keine Spur. Die zugezogenen Vorhänge erzeugen eine Stimmung der Beklommenheit. Diese Häuser scheinen eher die Kulisse eines „Tatorts“ zu sein. Die Menschen, die dort lebten, müssen ein trauriges Dasein geführt haben. Mühes Fotografien enttarnen Jahrzehnte später den vermeintlichen Mythos DDR: „Wenn Du die Wahrheit siehst, gehst Du traurig nach Hause“, sagt der Künstler.

Andreas Mühe: Stories of Conflict, 16. Februar bis 19. Juni, Städel Museum Frankfurt, www.staedelmuseum.de
 
16. Februar 2022, 07.30 Uhr
Jasmin Schülke
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Bis 14. Oktober im Weinstube S
Das nächtliche urbane Frankfurt in Öl
Nachts findet Niklas Fiedler die urbanen Motive für seine Bilder von Frankfurt. An verschiedenen Orten in der Stadt stellt er aus.
Text: kjc / Foto: © Niklas Fiedler
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
7. Oktober 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • Apocalyptica
    Schlachthof | 20.00 Uhr
  • Peter Licht
    Mousonturm | 20.00 Uhr
  • Samu Haber
    Zoom | 20.00 Uhr
Klassik / Oper/ Ballett
  • Idomeneo
    Staatstheater Mainz | 19.30 Uhr
  • 30 Minuten Orgelmusik
    St. Katharinenkirche | 16.30 Uhr
  • Capitol Symphonie Orchester
    Hugenottenhalle | 19.30 Uhr
Theater / Literatur
  • Roman Ehrlich
    Literaturforum im Mousonturm | 19.30 Uhr
  • ABBA jetzt
    Capitol | 19.30 Uhr
  • Die letzte Geschichte der Menschheit
    Schauspiel Frankfurt | 20.00 Uhr
Kunst
  • 1974 – Abba, Fussball, Energiekrise
    Freilichtmuseum Hessenpark | 09.00 Uhr
  • Fragen, forschen und begreifen
    Experiminta Science Center | 09.30 Uhr
  • Gesichter aus Hessen
    Freilichtmuseum Hessenpark | 09.00 Uhr
Kinder
  • Lesefreunde
    Stadtteilbibliothek Sossenheim | 16.00 Uhr
  • Naseweißrot
    Kulturhaus Frankfurt | 10.00 Uhr
  • Ein kleines Lied
    Theaterhaus | 10.00 Uhr
und sonst
  • Opel-Zoo
    Opel-Zoo | 09.00 Uhr
  • Theaternachlese: Deutschwald im Herbst. Thomas Mann. Deutschland und die Deutschen. Goethe, Faust 1
    Haus am Dom | 19.30 Uhr
  • Henker des Grauens - Eine gruselige Nachtführung in der Frankfurter City
    Frankfurter Stadtevents | 20.00 Uhr
Freie Stellen