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Foto: Ottilie W. Roederstein, Selbstbildnis mit Pinseln, 1917. © Kunsthaus Zürich
Foto: Ottilie W. Roederstein, Selbstbildnis mit Pinseln, 1917. © Kunsthaus Zürich

Städel Museum

Die Freiräume Schaffende

Das Städel Museum präsentiert mit Ottilie W. Roederstein eine Künstlerin, die ihrer Zeit weit voraus war. Wirtschaftlich unabhängig, setzte sie sich über Normen hinweg und hatte damit Erfolg. In Frankfurt war sie in der Stadtgesellschaft zudem eine umtriebige Netzwerkerin.
Wie entsteht ein kunsthistorischer Kanon und an welche Künstlerinnen und Künstler erinnern wir uns? Diese Fragen stellt sich Städel-Direktor Philipp Demandt schon länger. Oftmals sind es Frauen, die trotz großer Begabung in diesen Kanon keinen Eingang gefunden haben. Um sie dem Vergessen zu entreißen, richtet das Städel Schlaglichter auf diese Künstlerinnen, wie im aktuellen Fall auf Ottilie W. Roederstein (1859 bis 1937). Eine große Retrospektive zeigt 80 Werke, die Grundlage der Ausstellung bildet die hauseigene Sammlung, die 28 Arbeiten umfasst. „Ottilie Roederstein war eine wichtige Person des Frankfurter Kunst- und Kulturbetriebs. Der Ruhm, den sie hier zu Lebzeiten genossen hat, ist weitgehend verblasst“, sagt Demandt. Außerdem sei das Schaffen der Malerin von der Geschichte des Städel Museums und der Stadt Frankfurt nicht zu trennen: Nur wenige Meter lagen zwischen ihrem Atelier in der Städelschule und dem Museum. Ihre eigenen Werke fanden schon zu Lebzeiten Eingang in die Sammlung: 1902 erwarb das Städel Roedersteins Gemälde „Lesende alte Frau“ als erstes Werk einer zeitgenössischen Künstlerin.

Die deutsch-schweizerische Malerin war eine erstaunliche Frau, wie die zahlreichen Selbstporträts in der Ausstellung zeigen: Energiegeladen und selbstbestimmt wirkt Roederstein, und das war sie auch. Ihr Wunsch, Malerin zu werden, war groß, doch Frauen blieb der Zugang zu den Akademien verwehrt. Roederstein ging also nach Paris, das aufgrund seiner liberalen Gesellschaftsstrukturen Künstlerinnen aus der ganzen Welt anzog. Dort studierten sie in privaten Akademien und Ateliers und umgingen so das Verbot an den Akademien. Roederstein lernte im „Damenatelier“ von Emile Auguste Carolus-Duran und Jean-Jacques Henner. Die beiden Maler waren bekannt für ihre ganzfigurigen Portraits und ein solches Bildnis ist das erste Gemälde, mit dem die Besucherinnen und Besucher konfrontiert werden: „Miss Mosher oder Sommerneige/Fin d’été“, ein elegantes Porträt der Pianistin Miss Mosher, ist von zarten Farbabstufungen gekennzeichnet und zeigt das Können Roedersteins bereits zu diesem Zeitpunkt. Ihr Lebensstil war für die damalige Zeit unkonventionell. Sie rauchte, stieg auf Berge und hatte keine Lust lieblich und gewinnend zu wirken, obwohl sie dies offenbar war. Davon zeugen zahlreiche Briefe, erläutert Alexander Eiling, der die Ausstellung gemeinsam mit Eva-Maria Höllerer kuratiert hat. Sie verdiente gut als Porträtmalerin und war dadurch wirtschaftlich unabhängig.

Nach Frankfurt kam Roederstein, um dort mit ihrer Lebensgefährtin, der Ärztin Elisabeth Winterhalter, zusammen zu leben. Winterhalter eröffnete in der Stadt eine Praxis, für Roederstein war Frankfurt zunächst gewöhnungsbedürftig: „Ich bin ja total fremd hier und Frankfurt ist keine Stadt wo viel Maler und Modelle sind“, schrieb sie an eine Freundin in Paris. Frankfurt war verglichen mit der französischen Hauptstadt zu dieser Zeit eben nicht der Nabel der Kunstwelt. Doch Roederstein gelang es, sich schnell in der Stadtgesellschaft zu vernetzen. Sie hatte ein Atelier in der Städelschule und gab Kurse. Ihr Porträt der Auguste Andreas geb. Walluf ebnete ihr den Weg. Es kamen Aufträge und Roederstein bekam die Gelegenheit, im Frankfurter Kunstverein vier Damenbildnisse auszustellen, eine Ausstellungsrezension in der Frankfurter Zeitung fand lobende Worte. Roederstein war nicht nur als Malerin freischaffend, sie war auch eine Frau, die sich immer wieder Freiräume geschaffen hat. 1909 zog sie mit ihrer Lebensgefährtin nach Hofheim am Taunus. Befreit vom wirtschaftlichen Druck, konnte sie sich dort künstlerischen Experimenten widmen. Bis zum Schluss blieb Ottilie Roederstein eine selbstbestimmte Frau, die ihrer Zeit weit voraus war.

„Frei.Schaffend. Die Malerin Ottilie W. Roederstein“, Städel Museum Frankfurt, 20. Juli bis 16. Oktober, www.staedelmuseum.de
 
20. Juli 2022, 10.38 Uhr
Jasmin Schülke
 
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. – Mehr von Jasmin Schülke >>
 
 
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