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Foto: Gauri Gill
Foto: Gauri Gill

Schirn Kunsthalle

Von Masken und Menschen

Mit „Acts of Resistance and Repair“ zeigt die Schirn Kunsthalle das vielschichtige Werk der indischen Fotografin Gauri Gill. Im Fokus steht dabei unter anderem die Maske, die in Gills Werken in verschiedenen Formen und Funktionen auftaucht.
Welch große Macht der Verwandlung in andere Rollen zugesprochen wird, zeigt ein Blick auf die Wortherkunft der Maske. Ihr Begriff leitet sich vom arabischen „Mashara“ ab, was mit Narr oder Posse, Scherz oder Hänselei übersetzt wird. Wer Maske trägt, kann sich lustig machen, überspitzen, ironisieren, anderen einen Streich spielen oder dem Publikum einen Spiegel vorhalten. Im Schutz der Verdeckung der wahren Identität wird plötzlich vieles möglich, das andernfalls als unschicklich gelten oder gar gesellschaftlich sanktioniert würde. Ritualisiert im Fasching oder auf der Theaterbühne, auf der Filmleinwand und in spirituellen Traditionen, verleiht das Tragen einer Maske ihrer Trägerin oder ihrem Träger für die Dauer eines genau festgelegten Rituals geradezu magische Kräfte. Und die Verhältnisse, die für gewöhnlich das Leben aller Beteiligten bestimmen, sind für einen Moment außer Kraft gesetzt.

Auch in Gauri Gills Werk begegnen uns Masken: namenlose Frauen und Männer der indischen Landbevölkerung, die in den Fotografien der Künstlerin maskiert als Tiere oder Menschen, Männer und Frauen, Wolf oder Hausschabe auftreten. Es sind Angehörige marginalisierter Gruppen wie der indigenen Adivasi, denen in dem Land mit seinem Kastensystem, aber auch dem massiven Stadt-Land-Gefälle sonst eher selten Platz in Bildern eingeräumt wird – als handelnde Subjekte umso weniger. Ihnen gilt seit Langem das Interesse von Gauri Gill, die 1970 in Chandigarh geboren wurde und nach Zwischenstationen in den USA heute in Neu-Delhi zu Hause ist. Die Fotokünstlerin hat sie in zahlreichen analogen Schwarzweißfotografien porträtiert und ihr Leben mit Serien wie „Notes from the desert“ in die Ausstellungshäuser getragen.

In der 2015 begonnenen Fotoreihe „Acts of Appearance“ schließlich rücken Gills Protagonisten in leuchtenden Farben und großformatig in den Fokus: Auch in diesen Bildern gehen sie gewöhnlichen Dingen nach, allerdings in surreal verfremdeter Manier. So horcht schon einmal ein Arzt mit Elefantenkopf dem Patienten die Brust ab, sitzen Menschen mit Maskengesichtern in Schul- und Behördenzimmern oder schöpfen Wasser am Dorfbrunnen.

Entstanden sind die Bilder in Maharashtra, wo Angehörige des Kokna-Stamms zu Hause sind. Die prächtigen Pappmaschee-Masken, die sie auf Gills Fotografien tragen, wurzeln tief in der lokalen Tradition der Gemeinschaft: Während des Bahoda-Festes dienen sie der Aufführung von Geschichten, in denen bekannte Hindu-Mythen mit indigenen Erzählungen verknüpft werden. Was würde passieren, wenn man die vorhandenen Erzähltraditionen näher an den Alltag ihrer Menschen heranrücken würde?

Gauri Gill arbeitet regelmäßig mit anderen Kunstschaffenden, aber auch gemeinnützigen Organisationen zusammen. Für „Acts of Appearance“ kollaborierte sie mit zwei örtlichen Maskenmachern, die hier statt Hindu-Gottheiten ganz gewöhnliche Menschen oder lokale Tiere zum Überstülpen anfertigten. Gemeinsam mit den Dorfbewohnern reinszenierte Gill Alltagsszenerien – das Ergebnis ist eine Art magischer Realismus, der zugleich mit der Lebensrealität seiner Protagonisten verbunden ist und über diese hinausweist. Zu sehen sind die Bilder jetzt in der Schirn, die rund 200 Arbeiten von Gauri Gill in einem großen Überblick versammelt. Die Akte des Erscheinens beziehungsweise Erscheinungsformen, die in der neuesten Serie der indischen Fotografin anklingen, ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch ihr vielschichtiges Werk – mit und ohne sichtbar getragene Masken.

>> Gauri Gill: Acts of Resistance and Repair, 13.Oktober-8. Januar 2023, Schirn Kunsthalle Frankfurt, weitere Infos auf der Website der Schirn.
 
13. Oktober 2022, 12.51 Uhr
kjc
 
 
Fotogalerie:
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