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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Performances in Frankfurt, Offenbach und Hanau

Kunst implantieren

Das dritte Festival „Implantieren“ schleust Kunst in den Stadtkörper und zeigt einen Monat lang Performances in Frankfurt, Offenbach und Hanau. Das Festival geht noch bis zum 30. September.
er kleine Bus aus den Achtzigern ruckelt vom Ernst-May-Platz durch die Straßen Bornheims. Jeder, der will, darf einsteigen. „Hallo, ich bin der Fahrer“, tönt es. „Ich bin auch der Fahrer“, sagt ein zweiter Mann und beide grinsen. Vorne im Bus baumelt ein weißer Pegasus aus Plastik an einem pinken Strang. Das Performance-Duo „Mobile Albania“ lädt zu „Verfahren“ ein – einer alternativen Buslinie in Frankfurt. Es ist eine von vielen Performances während des Festivals „Implantieren“. Die Buslinie hat zwar feste Abfahrtszeiten und Stationen, doch wohin es dann geht, bestimmen die Fahrgäste. Die Männer mit dem Grinsen sind Roland Siegwald und Till Korfhage. Sie möchten sich zusammen mit ihren Fahrgästen den Stadtraum spielerisch aneignen. Beide wohnen schon länger in Frankfurt, fühlen sich mit der Stadt allerdings nicht verbunden. Um das zu ändern, hinterfragen sie den Stadtraum – prüfen ihn auf Herz und Nieren. Was gibt es an Strukturen? Was für ein Leben trägt man selbst mit? Es ist eine spielerische, performative Recherche. Sie nennen es ein „Verfahren in den Lebensverhältnissen“.

Der Verein ID_Frankfurt zeigt die dritte Ausgabe des Festivals „Implantieren“, dem „site specific performance festival“ – also einem ortsspezifischen Performance Festival. Es werden zehn Uraufführungen von Tanz- und Performancekünstlern der freien Szene Frankfurts präsentiert. Die Künstler deuten den Stadtraum um, erkunden und bespielen ihn während des Festivals und tun dies auf Straßen und Plätzen, in S-Bahnen, Dünen, Museen und Kinos zwischen Frankfurt, Offenbach und Hanau. Es werden Spaziergänge, Konzerte, Interventionen, Performances und öffentliche Tanzworkshops gezeigt. Da ist zum Beispiel die Performance „Sophisticated Songs“ von Jacob Bussmann, Henrike Kohpeiß und Rahel Kesselring. Die Performance ist vielmehr ein Konzert und findet in der Athener Straße am Rand der Europa-Allee statt. Es ist die musikalische Lektüre von Texten der Sophisten, Didaktikern und Rhetorikern aus dem antiken Griechenland. Das Kollektiv will die Diskrepanz zwischen der Namensgebung der Straße und der Unwirtlichkeit des Geländes sichtbar machen. Oder da ist die Late-Night-Show von Judith Altmeyer und Susanne Zaun. Die beiden Frauen laden ihr Publikum ein, die Nacht mit ihnen durchzumachen. Von 23 bis 6 Uhr wird der Schlaf gefeiert mit einer Moderatorin. Wegdösen ist strengstens erlaubt! Und am nächsten Tag erwartet die Gäste ein Frühstück. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, also ist frühes Anmelden nötig.

Performance überall
Den künstlerischen Leiterinnen und Organisatorinnen des Festivals, Hanna Knell und Eleonora Herder, geht es darum, die freie Szene außerhalb von etablierten Institutionen sichtbar zu machen. „Es gibt so eine große freie Szene in Frankfurt und Umgebung“, sagt Hanna Knell. „Und nur ein sehr kleiner Teil davon findet Raum in etablierten Institutionen, wie zum Beispiel dem Mousonturm“, sagt sie. Strukturell setze man sich mit alternativen Produktionsweisen auseinander. Inhaltlich gehe es den beiden Macherinnen mit dem Festival um die lokale Szene und um Fragen zur Urbanität: Wie können wir in diesen Ballungsräumen zusammen leben? Welche Diskurse gibt es? Die beiden wollen „Implantieren“ als biennal veranstaltetes Festival der freien Szene etablieren. „In nahezu allen deutschen Metropolen gibt es solche Festivals zur freien Szene. Nur in Frankfurt nicht“, sagt Hanna Knell. Sie würden sich ein stärkeres Bekenntnis vom Land Hessen zu dem Festival wünschen. Das „Favoriten-Festival“ in Dortmund zum Beispiel bekomme von Nordrhein-Westfalen über das 30-fache an finanziellen Mitteln zur Verfügung gestellt. Bisher trage sich die Organisation von „Implantieren“ vor allem über extremes Engagement – und Prekarität. „Wir haben hier eine junge Riege an Kunstschaffenden, die das studiert haben. Und die haben ein Recht darauf, das professionell zu machen“, finden Herder und Knell. Der Wunsch, sich zu etablieren, ist also sehr ausgeprägt – und wünschenswert. Denn wo sonst, kommt man seiner Stadt näher als zum Beispiel bei einer feministischen Performance in der S-Bahn nach Hanau, beim Telefonieren mit einem Fremden in einer Telefonzelle oder beim Mixen eines Drinks in einer Ein-Mensch-Kneipe im Bahnhofsviertel?

>> „Implantieren“, 1.–30.9. in Frankfurt, Offenbach und Hanau. Das ganze Programm mit detaillierten Informationen unter www.implantieren 2018.de
 
4. September 2018, 11.18 Uhr
Tamara Marszalkowski
 
 
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