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Oper Frankfurt
Russland einst und heute
Die Oper Frankfurt zeigt ab Sonntag die selten gespielte Oper „Tscharodeika“ von Peter Tschaikowski. Inszeniert wird sie von dem russischen Regisseur Vasily Barkhatov.
Plötzlich vermischen sich die Welten. Jene zuvor zelebrierte Trennschärfe zwischen dem Fürstenhof und dem Gasthof fällt. Für einen winzigen Augenblick scheint die universelle Ordnung erreicht: Kuma und Prinz Juri stehen zwischen den Kulissen in einer Zwischenwelt der Harmonie – in einer Art Urzustand Wagnerschen Sinns. Doch dann schon naht der Tod. Die künstliche Trennung der Welten kehrt zurück. – Der russische Regisseur Vasily Barkhatov und sein Landsmann, der Dirigent Valentin Uryupin, lesen Peter Tschaikowskis selten gespielte Oper „Tscharodeika“ („Die Zauberin“) in ihrer Neuinszenierung an der Oper Frankfurt als ein packendes Sozialdrama, das von seiner gesellschaftlichen Relevanz bis heute nichts eingebüßt hat.
Gemeinsam mit dem Bühnenbildner Christian Schmidt verlegt Barkhatov darin die Handlung in zwei voneinander abgeschottete Bereiche: hier der auf Äußerlichkeiten und Schein bedachte Palast, in dem die gelangweilte Fürstin (mimisch wie stimmlich erneut überragend: Claudia Mahnke) Yogastunden nimmt. Auf der anderen Seite die gesellschaftlich liberale Waldschenke der Kuma (unvergleichlich mit ihrem edel satinierten Timbre: Asmik Grigorian) mit ihren Künstlern, Transen und Ledertrinen, wo jeder unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Gesinnung frei sein kann.
Auf dieser Folie entwickelt der Geschichtenerzähler Barkhatov ein mit politischen Intrigen durchzogenes Liebes- und Eifersuchtsdrama, bei dem der Klerus mit dem Adel und der Polizei an seiner Seite über Recht und Unrecht, über Moral und Kunst urteilt. Das ist zwar keine hochintellektuelle Lesart, keine, die ein interpretatorisches Aha-Erlebnis evozieren könnte. Eher erscheinen Barkhatovs zum Teil gewaltigen Bilder über weite Strecken wenig zwingend, lassen (manchmal zu) viel Spielraum für eigene Assoziationen. Doch sie wirken: Denn die darin enthaltenen Parallelen zur aktuellen Situation in Russland lassen einem dann doch vor so viel Aktualität den Atem stocken.
Gemeinsam mit dem Bühnenbildner Christian Schmidt verlegt Barkhatov darin die Handlung in zwei voneinander abgeschottete Bereiche: hier der auf Äußerlichkeiten und Schein bedachte Palast, in dem die gelangweilte Fürstin (mimisch wie stimmlich erneut überragend: Claudia Mahnke) Yogastunden nimmt. Auf der anderen Seite die gesellschaftlich liberale Waldschenke der Kuma (unvergleichlich mit ihrem edel satinierten Timbre: Asmik Grigorian) mit ihren Künstlern, Transen und Ledertrinen, wo jeder unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Gesinnung frei sein kann.
Auf dieser Folie entwickelt der Geschichtenerzähler Barkhatov ein mit politischen Intrigen durchzogenes Liebes- und Eifersuchtsdrama, bei dem der Klerus mit dem Adel und der Polizei an seiner Seite über Recht und Unrecht, über Moral und Kunst urteilt. Das ist zwar keine hochintellektuelle Lesart, keine, die ein interpretatorisches Aha-Erlebnis evozieren könnte. Eher erscheinen Barkhatovs zum Teil gewaltigen Bilder über weite Strecken wenig zwingend, lassen (manchmal zu) viel Spielraum für eigene Assoziationen. Doch sie wirken: Denn die darin enthaltenen Parallelen zur aktuellen Situation in Russland lassen einem dann doch vor so viel Aktualität den Atem stocken.
9. Dezember 2022, 14.36 Uhr
Christian Rupp
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