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Mousonturm und andere Spielstätten
Wie geht es der Frankfurter Theaterlandschaft?
Die neue Spielzeit in Frankfurt läuft an: Welche Premieren zeigen die Theater? Wie ist der Stand bei den Städtischen Bühnen? Warum muss das ETF schon wieder umziehen? Und wogegen protestiert der Mousonturm?
Deutschland hat eine einzigartige Theaterlandschaft: Jede Großstadt hat ihr eigenes Stadttheater, dazu haben sich seit 1968 zahlreiche freie Theater und Theatergruppen gegründet. Auch in Frankfurt gibt es neben den Städtischen Bühnen ein breites Angebot an freien Aufführungshäusern, Performance-Gruppen und Ensembles. Wie starten sie in diese neue Spielzeit – und womit?
Das Schauspiel Frankfurt lädt zunächst am 8. September zu seinem alljährlichen Theaterfest. Dabei gibt es diesmal nicht nur einen Einblick in die Arbeit vor und hinter den Kulissen und einen Überblick über die anstehenden Inszenierungen, sondern auch einen Ausblick auf den Neubau der Städtischen Bühnen. Dabei informiert eine Gebäude-Führung über den aktuellen Planungstand des Schauspielneubaus als Teil der Kulturmeile.
Pläne für Neubau Städtische Bühnen werden konkreter
Denn es tut sich etwas: Nach dem sogenannten „Memorandum of Understanding“ vom Sommer des vergangenen Jahres haben sich die Stadt Frankfurt, die Helaba Hessen-Thüringen und die Frankfurter Sparkasse im Juli auf konkrete Rahmenvereinbarungen für das Pachten des Grundstücks an der Neuen Mainzer Straße geeinigt. Demnach wird der Stadt das Bebauungsrecht für das 5 500 Quadratmeter große Grundstück, wie geplant, über 199 Jahre hinweg eingeräumt. Verändert haben sich aber die Modalitäten.
Statt der ursprünglich vorgesehenen Einmalzahlung von 35 Millionen Euro sowie einer jährlichen Pacht von 1,99 Millionen Euro wird die Stadt Frankfurt zwar eine Einmalzahlung von 210 Millionen Euro leisten, dafür aber keine jährliche Pacht mehr zahlen müssen. So reduziert sich der Gesamtbetrag von ca. 431 Millionen Euro (Einmalzahlung plus jährliche Pacht über 199 Jahre) um etwa die Hälfte, auf die
210 Millionen Euro Einmalzahlung.
Während sich die Pläne um den Neubau der Städtischen Bühnen damit allmählich konkretisieren, startet das Schauspiel Frankfurt seine Spielzeit unter dem Motto „Sehnsucht“. Passend dazu eröffnet es diese Saison mit einer Doppelinszenierung der beiden Teile von Goethes „Faust“ – um den ewig sehnsüchtigen Titelhelden, der herausfinden möchte, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ und dabei der Verführungskraft des Teufels anheimfällt.
Mystery-Theaterstück „Alle Zeit der Welt“ in den Frankfurter Kammerspielen
Während das große Schauspielhaus mit dem deutschen Theaterklassiker überhaupt eröffnet wird, zeigen die Kammerspiele etwas Neues: die Uraufführung des Mystery-Theaterstücks „Alle Zeit der Welt“, geschrieben und inszeniert von Wilke Weermann, der an den Kammerspielen zuletzt sein Auftragswerk „Unheim“ vorstellte, das auch noch in der kommenden Spielzeit gezeigt wird.
Wo das Schauspiel Frankfurt sich also auf eine neue Spielzeit und auf seinen Neubau freuen kann, ist das English Theatre Frankfurt (ETF) erneut in Raumnot, wenn auch weniger dramatisch als noch im vergangenen Jahr. Erst Anfang dieses Jahres war das English Theatre vom Gallileo-Turm ins Zoo-Gesellschaftshaus gezogen.
Lange hatte die Auseinandersetzung um den Verbleib des Theaters an seinem angestammten Spielort gedauert. Sogar eine Räumungsklage hatte man ignoriert, bis die Europäische Zentralbank (EZB) und die Stadt Frankfurt gemeinsam für den Erhalt des English Theatre im Gallileo-Hochhaus gesorgt hatten.
„Theaterwerkstatt für junges Publikum“ eröffnet am 14. September im Zoo-Gesellschaftshaus
Ein zumindest zwischenzeitlicher Auszug wurde trotzdem nötig, um Renovierungsarbeiten am Turm und am Theaterkeller durchzuführen. Deswegen zog das ETF Anfang des Jahres in das Zoo-Gesellschaftshaus. Nach dem Ende des Fritz-Rémond-Theaters war das Gebäude erst kurz zuvor frei geworden. Parallel dazu schritten aber auch die Pläne für das Frankfurter Kinder- und Jugendtheater voran, das ab 2028 ins Zoo-Gesellschaftshaus einziehen wird.
In der kommenden Spielzeit zieht schon einmal die „Theaterwerkstatt für junges Publikum“ als Modellprojekt ein und etabliert mit seinem Eröffnungsfest am 14. September das Zoo-Gesellschaftshaus erstmals als Bühne für Frankfurter Kinder und Jugendliche.
ETF geht erneut auf Wanderschaft
So muss das English Theatre also noch einmal auf Wanderschaft gehen. Es findet jedoch Asyl bei einem anderen Frankfurter Theater, das seine eigene Wanderschaft 2020 beendete – als aus der „Fliegenden Volksbühne“ die „Volksbühne im Großen Hirschgraben“ wurde. Dort, im Cantate-Saal im Großen Hirschgraben, feiert das English Theatre nun seine Spielzeiteröffnung mit dem Bühnen-Thriller „The Wasp“, während die Volksbühne – als galante Gastgeberin – ihre eigene, erste Premiere der Spielzeit, Jacques Offenbachs „Die Großherzogin von Gerolstein“, in den Oktober gelegt hat.
Entsprechend wird das ETF seine Inszenierung von „The Wasp“ dort ausschließlich im September zeigen. Doch im Dezember kehrt es mit dem alljährlichen Musical zurück ins Zoo-Gesellschaftshaus und bereitet sich danach schon auf die Rückkehr in seine alte Heimat vor: den lange verteidigten Keller des Gallileo-Hochhauses.
Künstlerhaus Mousonturm bangt um Zukunft
Weniger öffentliche Unterstützung hat dagegen das Künstlerhaus Mousonturm erfahren. Denn per Kabinettsbeschluss wurden die Fördergelder im Bundeshaushalt 2025 gestrichen, was einen Wegfall von jährlichen 600 000 Euro bedeutet. Also formulierten Anna Wagner und Marcus Droß, die beiden Intendanten des Mousonturms, einen gemeinsamen Protestbrief mit den anderen Leitern des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, die von der Streichung betroffen sind. Besonders die Zusammenarbeit dieser sieben Produktionshäuser würde unter der Streichung leiden bzw. sei damit nicht mehr finanzierbar, heißt es in dem gemeinsamen Protestbrief.
Aber auch die Zusammenarbeit mit internationalen Künstlerinnen, Künstlern und Künstlergruppen – das, was den Mousonturm auszeichnet – sei durch die Kürzungen bedroht. Bei allem Protestieren und Bangen heißt es trotzdem: weitermachen! Und so beginnt der Mousonturm seine Spielzeit am 8. September ebenfalls mit einem Hoffest. Danach startet das Programm mit der Uraufführung der Tanzperformance „Magic Maids“, die sich mit der Ausbeutung von Frauen und dagegen gerichteter Selbstermächtigung beschäftigt.
Das Schauspiel Frankfurt lädt zunächst am 8. September zu seinem alljährlichen Theaterfest. Dabei gibt es diesmal nicht nur einen Einblick in die Arbeit vor und hinter den Kulissen und einen Überblick über die anstehenden Inszenierungen, sondern auch einen Ausblick auf den Neubau der Städtischen Bühnen. Dabei informiert eine Gebäude-Führung über den aktuellen Planungstand des Schauspielneubaus als Teil der Kulturmeile.
Denn es tut sich etwas: Nach dem sogenannten „Memorandum of Understanding“ vom Sommer des vergangenen Jahres haben sich die Stadt Frankfurt, die Helaba Hessen-Thüringen und die Frankfurter Sparkasse im Juli auf konkrete Rahmenvereinbarungen für das Pachten des Grundstücks an der Neuen Mainzer Straße geeinigt. Demnach wird der Stadt das Bebauungsrecht für das 5 500 Quadratmeter große Grundstück, wie geplant, über 199 Jahre hinweg eingeräumt. Verändert haben sich aber die Modalitäten.
Statt der ursprünglich vorgesehenen Einmalzahlung von 35 Millionen Euro sowie einer jährlichen Pacht von 1,99 Millionen Euro wird die Stadt Frankfurt zwar eine Einmalzahlung von 210 Millionen Euro leisten, dafür aber keine jährliche Pacht mehr zahlen müssen. So reduziert sich der Gesamtbetrag von ca. 431 Millionen Euro (Einmalzahlung plus jährliche Pacht über 199 Jahre) um etwa die Hälfte, auf die
210 Millionen Euro Einmalzahlung.
Während sich die Pläne um den Neubau der Städtischen Bühnen damit allmählich konkretisieren, startet das Schauspiel Frankfurt seine Spielzeit unter dem Motto „Sehnsucht“. Passend dazu eröffnet es diese Saison mit einer Doppelinszenierung der beiden Teile von Goethes „Faust“ – um den ewig sehnsüchtigen Titelhelden, der herausfinden möchte, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ und dabei der Verführungskraft des Teufels anheimfällt.
Während das große Schauspielhaus mit dem deutschen Theaterklassiker überhaupt eröffnet wird, zeigen die Kammerspiele etwas Neues: die Uraufführung des Mystery-Theaterstücks „Alle Zeit der Welt“, geschrieben und inszeniert von Wilke Weermann, der an den Kammerspielen zuletzt sein Auftragswerk „Unheim“ vorstellte, das auch noch in der kommenden Spielzeit gezeigt wird.
Wo das Schauspiel Frankfurt sich also auf eine neue Spielzeit und auf seinen Neubau freuen kann, ist das English Theatre Frankfurt (ETF) erneut in Raumnot, wenn auch weniger dramatisch als noch im vergangenen Jahr. Erst Anfang dieses Jahres war das English Theatre vom Gallileo-Turm ins Zoo-Gesellschaftshaus gezogen.
Lange hatte die Auseinandersetzung um den Verbleib des Theaters an seinem angestammten Spielort gedauert. Sogar eine Räumungsklage hatte man ignoriert, bis die Europäische Zentralbank (EZB) und die Stadt Frankfurt gemeinsam für den Erhalt des English Theatre im Gallileo-Hochhaus gesorgt hatten.
Ein zumindest zwischenzeitlicher Auszug wurde trotzdem nötig, um Renovierungsarbeiten am Turm und am Theaterkeller durchzuführen. Deswegen zog das ETF Anfang des Jahres in das Zoo-Gesellschaftshaus. Nach dem Ende des Fritz-Rémond-Theaters war das Gebäude erst kurz zuvor frei geworden. Parallel dazu schritten aber auch die Pläne für das Frankfurter Kinder- und Jugendtheater voran, das ab 2028 ins Zoo-Gesellschaftshaus einziehen wird.
In der kommenden Spielzeit zieht schon einmal die „Theaterwerkstatt für junges Publikum“ als Modellprojekt ein und etabliert mit seinem Eröffnungsfest am 14. September das Zoo-Gesellschaftshaus erstmals als Bühne für Frankfurter Kinder und Jugendliche.
So muss das English Theatre also noch einmal auf Wanderschaft gehen. Es findet jedoch Asyl bei einem anderen Frankfurter Theater, das seine eigene Wanderschaft 2020 beendete – als aus der „Fliegenden Volksbühne“ die „Volksbühne im Großen Hirschgraben“ wurde. Dort, im Cantate-Saal im Großen Hirschgraben, feiert das English Theatre nun seine Spielzeiteröffnung mit dem Bühnen-Thriller „The Wasp“, während die Volksbühne – als galante Gastgeberin – ihre eigene, erste Premiere der Spielzeit, Jacques Offenbachs „Die Großherzogin von Gerolstein“, in den Oktober gelegt hat.
Entsprechend wird das ETF seine Inszenierung von „The Wasp“ dort ausschließlich im September zeigen. Doch im Dezember kehrt es mit dem alljährlichen Musical zurück ins Zoo-Gesellschaftshaus und bereitet sich danach schon auf die Rückkehr in seine alte Heimat vor: den lange verteidigten Keller des Gallileo-Hochhauses.
Weniger öffentliche Unterstützung hat dagegen das Künstlerhaus Mousonturm erfahren. Denn per Kabinettsbeschluss wurden die Fördergelder im Bundeshaushalt 2025 gestrichen, was einen Wegfall von jährlichen 600 000 Euro bedeutet. Also formulierten Anna Wagner und Marcus Droß, die beiden Intendanten des Mousonturms, einen gemeinsamen Protestbrief mit den anderen Leitern des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, die von der Streichung betroffen sind. Besonders die Zusammenarbeit dieser sieben Produktionshäuser würde unter der Streichung leiden bzw. sei damit nicht mehr finanzierbar, heißt es in dem gemeinsamen Protestbrief.
Aber auch die Zusammenarbeit mit internationalen Künstlerinnen, Künstlern und Künstlergruppen – das, was den Mousonturm auszeichnet – sei durch die Kürzungen bedroht. Bei allem Protestieren und Bangen heißt es trotzdem: weitermachen! Und so beginnt der Mousonturm seine Spielzeit am 8. September ebenfalls mit einem Hoffest. Danach startet das Programm mit der Uraufführung der Tanzperformance „Magic Maids“, die sich mit der Ausbeutung von Frauen und dagegen gerichteter Selbstermächtigung beschäftigt.
4. September 2024, 11.03 Uhr
Julian Mackenthun
Julian Mackenthun
Julian Mackenthun, geboren 1993, studierte Englisch und Geschichte an der Goethe-Universität. Seit 2020 leitet er das Theater-Ressort des Journal Frankfurt. Mehr von Julian
Mackenthun >>
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23. Dezember 2024
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