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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Über einen Whiskey Sour

Manchmal muss man es einfach wie berühmte Groß-Schriftsteller machen und auf einen harten Drink in eine Bar gehen. Unsere Kolumnistin war in der Zürcher Kronenhalle und sieht nicht ein, warum sie wieder gehen sollte.
Vor ein paar Tagen stand ich an der Bar in der Kronenhalle und habe mir einen Whiskey Sour bestellt. Das mache ich gerne. Ich gehe dort auch hin, wenn ich alleine bin. Ich stelle mir dann vor, dass es Hemingway nicht anders gemacht hätte. Gut, Havana ist nicht Zürich und das Journal Frankfurt nicht die große weite Welt. Auch bin ich nicht Frida Kahlo. Die Gäste dürfen aber im ersten Stock der Kronenhallenbar Zigarren rauchen. Der Geist kann dem Qualm hinterherwandern und in die weite Welt ziehen.

Ich habe die Vorliebe an der Bar, direkt unter einem von Giacomettis Bruder entworfenem Kandelaber, auf dem Barhocker Platz zu nehmen. An dem Abend war ich mit einem Freund spontan auf einen Drink verabredet. Pepe Lienhard stand quer zu uns an der Bar. "Hallo Pepe", sagte der Freund. Jetzt sah auch ich hin. Pepe freute sich und setzte sich zu uns. Die beiden kannten sich aus dem Luzern der 60er. Pepe Lienhard, der erst spät Auto fahren lernte, besuchte den Freund vor seinen Auftritten in Luzern und vertrieb sich die Wartezeit bei ihm. Später erwähnte der Freund knapp, dass er viele dieser Besuche von Freunden und Bekannten hatte. Die meisten dachten, als Designer arbeite er nicht viel. Vor ein paar Jahren erhielt der Freund den Swiss Federal Design Award für sein Lebenswerk. Er wird also doch noch in seinem Leben gearbeitet haben.

Pepe fing an, von Udo Jürgens zu erzählen. Schnell stellten wir eine Gemeinsamkeit fest. Ich erwähnte, dass Udo Jürgens meine Mutter im Park Café kennengelernt hatte und er uns dort spontan zum Kaffee einlud. Pepe kannte den Ort noch besser als sich, weil er dort auftrat. Es hatte sich in der Szene rumgesprochen, dass Pepe mit einem Instrument arbeitete, das Mellotron genannt wird und in den Fünfzigern entwickelt wurde. Ich kannte das Instrument bisher nicht. Als sich Pepe seinerzeit auf die Suche begab, existierte Google nicht. Pepe fuhr mit dem Auto nach London ins sogenannte Blaue und begab sich auf die Suche nach dem Instrument, das bis dato kaum einer kannte. Als er es fand, zahlte er 10.000 Pfund und fuhr damit auf Tournee.

Die Investition sollte sich lohnen. Udo Jürgens suchte Pepe vor annähernd fünfzig Jahren im Park Café auf und fragte ihn, ob er mit ihm arbeiten wolle. Ähnlich erging es dem Freund, der einen handgeschriebenen Brief annähernd zur gleichen Zeit von Monsieur de Givenchy erhielt. Die Großen dieser Welt scheint die Suche nach dem und den Besten zu vereinen. Ganz besonders freute sich nun auch der Chef der Bar über das gemeinsamen Wiedersehen. Kannte beide unabhängig voneinander. Peter Roths Ruf als Chef der Kronenhallenbar ist legendär. Er schenkte mir an dem Abend ein Buch, in das er eine Widmung schrieb. Es werden noch weitere Geschichten folgen. Während ich sie niederschreibe, werde ich noch einige Whiskey Sour in der Kronenhallenbar trinken gehen.
 
1. Dezember 2016, 12.58 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
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