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Interview Frankfurter Klasse
Zeyn-App, Shisha-Tabak und Rosa Hitler
Im heute erscheinenden Journal dreht sich alles um die Satire-Hauptstadt Frankfurt. Dafür haben wir auch die Frankfurter Klasse zum Interview getroffen, die gerade ihre erste App veröffentlicht hat.
In der Schmiere sind sie regelmäßig ausverkauft, Youtube haben sie längst erobert und jetzt kommen sie auch noch auf das Smartphone: Mit ihrer neuen ZeynApp ist die Frankfurter Klasse in das App-Geschäft eingestiegen. Wir haben uns mit Jochen Döring und Tim Karasch getroffen, um über Frankfurt, Shisha-Tabak und Rosa Hitler zu reden.
JOURNAL FRANFURT: Was kann die ZeynApp und warum macht ihr eine App?
Jöchen Döring: Die kann Fragen beantworten. Unsere Figuren antworten, wenn man sie etwas fragt. In Zukunft kann man über die App dann exklusiv Nachrichten erhalten, Tickets kaufen, erfährt von neuen Videos und Specials. Sekundär werden da alle Infos über uns gebündelt, aber in erster Linie ist es einfach eine lustige Spielerei, weil wir das Wortspiel aus Zeynep und Zeyn-App so gut fanden.
Tim Karasch: Online hat uns jemand geraten, wir sollten den Nabil Recep nennen, wie Erdogan. Dann hätten wir Zeyn-App und Rec-App.
Ihr bringt ja jetzt auch Shisha-Tabak heraus: Mandapfel und Maracujaan. Raucht ihr denn auch gerne selbst mal Shisha?
TK: Nö.
JD: Ich mach das ganz gerne, wenn ich mal dazu komme. Aber immer nur mit Freunden. Letztens haben wir einen Clip in der Shishabar gedreht, und dann rauche ich das auch.
TK: Mir wird da kotzübel, ich bin nichtraucher. Mir wird richtig schlecht davon.
Ihr habt 2007 euren Youtube-Kanal eröffnet, ab 2017 werdet ihr euch hauptberuflich um die Frankfurter Klasse kümmern. Wie konnte in 10 Jahren aus einem Youtube-Kanal ein Beruf entstehen?
TK: Wir haben damals mit Marios Heimspielanalyse als erster richtiger Web-Serie angefangen.
JD: Davor hatten wir aber schon unser erstes Stück.
TK: Ja, „Der Prototyp“ von 2005 war unser erstes Bühnenstück. Wir haben immer live gespielt und immer Clips gedreht. 2007 bis 2009 haben wir zwei Saisons lang die Heimspiele analysiert und langsam hat sich das alles verselbstständigt. Wir machen immer noch dasselbe, sind aber einfach besser geworden, auch im Filmen.
Wie kommt ihr denn zu euren Figuren? Sind das Menschen, die ihr entdeckt? Vielleicht im Freundeskreis?
JD: Das sind schon zu einem gewissen Teil einfach wir, aber hauptsächlich sind das Beobachtungen von der Straße. Der Mario zum Beispiel entstand im ersten Stück, da war der noch gar nicht so fest geformt. Ein Freund meinte, der muss Eintracht-Fan sein und so wurde der langsam zu der heutigen Figur. Beim Schreiben eines Stückes überlegt man dann einfach: Worauf hat man Lust, was kann man zeigen und womit hat man schon mal den Freundeskreis bespaßt? Da kommt man dann einfach auf gewisse Figuren, die so in Frankfurt rumlaufen – deshalb ja auch Frankfurter Klasse.
Wie war das bei euren größten Hits Zeynep und Nabil? Wann waren die so ausgereift, wie wir sie heute auf der Bühne bewundern können?
TK: Beim Jochen geht das viel schneller als bei mir. Wenn der spielt, dann spielt er. Ich brauche dagegen immer länger, meine Figuren zu entwickeln.
JD: Ich spiel halt oft einfach nach, was ich so aufgesogen habe. Mit der Zeynep bin ich lange schwanger gegangen. Wenn man so in der U-Bahn sitzt, dann hat man ja tagtäglich die Chance, solche Menschen zu beobachten. Ich sauge das eigentlich auf, wie ein Schwamm und wenn ich die Perücke aufsetze, dann drücke ich den Schwamm wieder aus.
Wenn eure Figuren auf Beobachtungen aus Frankfurt basieren, merkt ihr dann einen großen Unterschied, wenn ihr in Frankfurt oder weiter weg mit diesen Charakteren auftretet?
TK: Zeynep und Nabil funktionieren eigentlich überall. Es kommt auf das Publikum an. Die Kids raffen eigentlich alle Zeynep und Nabil. Das Kabarettpublikum tut sich mit denen schwer. Das moderne und das traditionelle Kabarett-Publikum, da wird es manchmal schwierig. Auf dem Dorf, die raffen den Lutz und den Rainer total gut, aber da sind Zeynep und Nabil auch schon mal gar nicht angekommen, obwohl die sonst überall knallen.
Was macht ihr eigentlich genau: Kabarett oder Comedy?
JD: Ich weiß nicht, ob man das immer so strikt trennen sollte. In der Regel sage ich, dass wir Comedy machen. Kabarett im klassischen Sinne, da muss man krass tagesaktuell sein, jeden Tag fünf Zeitungen lesen und zur aktuellen Lage was zu sagen haben. Den Anspruch haben wir nicht. Wenn uns was nervt und wir denken, das Thema können wir verwursten, dann wird das auch mal politisch. Zum Beispiel die Taxifahrernummer. Aber da hatten wir uns jetzt auch nicht explizit vorgenommen, das Kurdenproblem zu beleuchten.
TK: Es gibt halt diesen Konflikt, und wir spielen damit, aber er wird Jahr für Jahr leider immer schlimmer und immer aktueller. Ein Freund von uns meinte, das sei eine richtige Kabarett-Nummer.
JD: Aber das hatten wir gar nicht vor. Wir wollen keine politischen Missstände aufzeigen. Unsere Priorität ist es, zu unterhalten. Wenn dann ein Clip wie Ferrero Moschee dabei rauskommt, dann hat das vielleicht auch eine Message, aber darum geht es uns nicht primär. Wir zerbrechen uns jetzt nicht den Kopf über die Weltlage, um daraus dann einen Clip zu machen.
Habt ihr Vorbilder?
TK: Ganz klar, Dudenhöfer, Polt, Loriot, Larry David und Stan Laurel. Dem seine Gestik und seine Mimik, da hab ich mir einiges rausgezogen.
Nicht Badesalz?
TK: Doch, klar, absolut.
JD: Ich finde Vorbilder immer schwierig. Aber klar gibt es Leute, die uns gefallen und beeinflusst haben. Ganz klar Badesalz, damit bin ich aufgewachsen. Wen ich aktuell ziemlich cool finde ist Tedros Teclebrhan.
TK: Litte Britain ist auch super! Irgendjemand meinte auch mal, wir seien eine Mischung aus Badesalz, Monty Python und Little Britain – das triffts eigentlich ganz gut.
Gibt es Personen außerhalb der Comedy, die euch geprägt haben?
TK: (Nach langem Grübeln) Diktatoren!
Wie bitte?
TK: Ich finde, das hat schon was sehr unterhaltsames, wie zum Beispiel Erdogan sich aufführt, der sich in diese Richtung bewegt. Eine Freundin von mir hat mir mal Geldscheine mit den Portraits von Diktatoren geschenkt, die hängen bei mir an der Wand. Oder Nord Korea, das ist so obskur, dieses geschlossene und eingeschränkte System, das ist doch fast schon wieder Comedy. Zum Adrian (rosa Hitler-Parodie – Anm. d. Red.) passt das auch, beim Rest unserer Figuren natürlich weniger.
Ist es nicht eigentlich ziemlich assi, sich über kaputte, versoffene Assis lustig zu machen, wenn man selbst kein kaputter, versoffener Assi ist?
TK: Nö
JD: Das muss jeder selbst entscheiden. Ich weiß nicht, ob wir uns darüber lustig machen.
TK: Das Ding ist: Die Tragödie und die Komödie sind Nachbarn. Das ist ja schon in den ganzen Helge Schneider-Filmen so. Da gibt es Szenen, die sind so traurig, dass man wieder lachen muss.
JD: Wir führen die ja nicht einfach vor. Es ist zwar schrecklich, aber viele sagen uns, unsere Figuren seien ja trotzdem sympathisch. Das ist jetzt gar nicht unbedingt Absicht, aber ich glaube, wir verunglimpfen die nicht. Wir stellen die ja nicht aus. Wir spiegeln mit dem Ensemble unserer Figuren ja auch einfach eine gesellschaftliche Bandbreite, die es gibt. Wir sind da wie ein Spiegel und das macht für die Leute ja auch den Reiz aus: Sie sehen immer auch Menschen, die sie kennen. Ob das jetzt die Zeynep aus der U-Bahn oder der Mario vom Büdchen ist, die gibt es ja. Die beleuchten die Themen auf ihre Sichtweise, aber wir stellen die nicht einfach aus: „Guckt sie euch an, diese Idioten.“
Gibt es Dinge, über die ihr keine Witze machen würdet?
JD: Kann ich im Vorfeld nicht beantworten. Ich mach das aus dem Bauchgefühl. Wenn ich etwas nicht lustig finde, dann mache ich das auch nicht. Das muss man im Moment entscheiden.
Habt ihr denn die Aufregung um Adrian H. auf dem CSD nachvollziehen können?
Beide: Nein.
Wie habt ihr das erlebt?
TK: Wir haben das ja eigentlich nur in der zweiten Reihe mitbekommen. Die CSD-Orga hatte das abgekriegt. In der Vergangenheit hatten die halt recht beliebige Mottos und wollten mal was neues ausprobieren. Aber die haben das auf Facebook ja nur ganz knapp angedeutet, mit dem „Lieb Geil“ in altdeutschen Lettern und „der Ver-Führer kommt“. Ich nenne mich in meiner Rede ja nicht Führer, sondern Ver-Führer, der die totale Durchrassung fordert, also das genaue Gegenteil des Ariertums. In der Figur sage ich: „Wir ficken, bis wir alle braun sind, damit es keinen Rassismus mehr gibt.“ Aber das wurde nur angedeutet und da sind die alle schon total steil gegangen. Das sei Tätersprech und es gab Bedenken, dass Leute auf der Konsti den Arm heben, das Motto brüllen und andere Menschen davon retraumatisiert werden. Es würde an diesem Tag sicher kein hundertjähriger Auschwitz-Überlebender auf der Konsti rumturnen. Wie kann man Hitler besser verarschen, als in Pink auf einer Gay-Parade? Wir haben ja einen Clip dazu gemacht, da spielen wir erst zwei Nazis und dann zwei Empörungsschwule und es regen sich beide drüber auf. Die Schwulen, weil es nicht geht, mit Originalzitaten und die Nazis bedanken sich am Schluss bei den Schwulen, weil die ihre Arbeit gemacht haben, denn ein rosa Hitler auf einer Gay-Parade, das ginge für die gar nicht. Da hat dann auch niemand mehr was gesagt. Wir haben denen die Argumente genommen. Die haben noch nicht mal eine Rede von der Figur gesehen.
JD: Das find ich ja so doof
TK: In jeder Diktatur wird Humor über den Diktator mit dem Tode bestraft. Warum darf man das jetzt 70 Jahre später nicht. Dabei war uns immer klar, über die Millionen tote Juden und Auschwitz, da machen wir niemals Witze drüber. Wir machen uns über die Macken der Figur lustig, sicher nicht über die ganze Scheiße von damals.
2017 soll euer neues Stück kommen. Was ist geplant? Wird es neue Figuren geben? Gibt es ein Wiedersehen mit alten?
TK: Am 28. 9. Ist die Premiere in der Batschkapp. Ticketverkauf geht demnächst los.
JD: Es wird definitiv Wiedersehen geben
Ihr habt also die Deadline, den Kartenverkauf…
TK: …und noch kein Wort geschrieben. Ja, jetzt geht’s los. Da wir das ab Januar Vollzeit machen, sollten wir da Zeit für haben. Wie das alles aussieht, wissen wir jetzt auch noch nicht. Wir spielen ja auch den Goldfisch bis dahin noch weiter.
JD: Vielleicht sogar darüber hinaus. Wir machen den jetzt seit sechs Jahren, aber er ist immer voll. Wenn die Leute denn weitersehen wollen, hören wir damit nicht auf. Von dem neuen Stück lassen wir uns gerne selbst ein bisschen überraschen. Wir fangen jetzt damit an, aber es gibt auf jeden Fall Wiedersehen.
TK: Ich hab eine Figur in der Entwicklung, die machen wir auf jeden Fall. Auf der andern Seite müssen wir uns aber auch limitieren, wir können da nicht am Ende mit 20 Figuren in einem Stück auflaufen, da wird’s irgendwann schwierig. Da wir auch viele Mixed Shows spielen, müssen einzelne Szenen auch alleine ohne das Stück drum herum funktionieren, gleichzeitig braucht es eine Story. Der Goldfisch hat ja einen roten Faden, das mögen die Leute total. Wo die Reise hingeht, keine Ahnung.
JD: Ma gugge.
JOURNAL FRANFURT: Was kann die ZeynApp und warum macht ihr eine App?
Jöchen Döring: Die kann Fragen beantworten. Unsere Figuren antworten, wenn man sie etwas fragt. In Zukunft kann man über die App dann exklusiv Nachrichten erhalten, Tickets kaufen, erfährt von neuen Videos und Specials. Sekundär werden da alle Infos über uns gebündelt, aber in erster Linie ist es einfach eine lustige Spielerei, weil wir das Wortspiel aus Zeynep und Zeyn-App so gut fanden.
Tim Karasch: Online hat uns jemand geraten, wir sollten den Nabil Recep nennen, wie Erdogan. Dann hätten wir Zeyn-App und Rec-App.
Ihr bringt ja jetzt auch Shisha-Tabak heraus: Mandapfel und Maracujaan. Raucht ihr denn auch gerne selbst mal Shisha?
TK: Nö.
JD: Ich mach das ganz gerne, wenn ich mal dazu komme. Aber immer nur mit Freunden. Letztens haben wir einen Clip in der Shishabar gedreht, und dann rauche ich das auch.
TK: Mir wird da kotzübel, ich bin nichtraucher. Mir wird richtig schlecht davon.
Ihr habt 2007 euren Youtube-Kanal eröffnet, ab 2017 werdet ihr euch hauptberuflich um die Frankfurter Klasse kümmern. Wie konnte in 10 Jahren aus einem Youtube-Kanal ein Beruf entstehen?
TK: Wir haben damals mit Marios Heimspielanalyse als erster richtiger Web-Serie angefangen.
JD: Davor hatten wir aber schon unser erstes Stück.
TK: Ja, „Der Prototyp“ von 2005 war unser erstes Bühnenstück. Wir haben immer live gespielt und immer Clips gedreht. 2007 bis 2009 haben wir zwei Saisons lang die Heimspiele analysiert und langsam hat sich das alles verselbstständigt. Wir machen immer noch dasselbe, sind aber einfach besser geworden, auch im Filmen.
Wie kommt ihr denn zu euren Figuren? Sind das Menschen, die ihr entdeckt? Vielleicht im Freundeskreis?
JD: Das sind schon zu einem gewissen Teil einfach wir, aber hauptsächlich sind das Beobachtungen von der Straße. Der Mario zum Beispiel entstand im ersten Stück, da war der noch gar nicht so fest geformt. Ein Freund meinte, der muss Eintracht-Fan sein und so wurde der langsam zu der heutigen Figur. Beim Schreiben eines Stückes überlegt man dann einfach: Worauf hat man Lust, was kann man zeigen und womit hat man schon mal den Freundeskreis bespaßt? Da kommt man dann einfach auf gewisse Figuren, die so in Frankfurt rumlaufen – deshalb ja auch Frankfurter Klasse.
Wie war das bei euren größten Hits Zeynep und Nabil? Wann waren die so ausgereift, wie wir sie heute auf der Bühne bewundern können?
TK: Beim Jochen geht das viel schneller als bei mir. Wenn der spielt, dann spielt er. Ich brauche dagegen immer länger, meine Figuren zu entwickeln.
JD: Ich spiel halt oft einfach nach, was ich so aufgesogen habe. Mit der Zeynep bin ich lange schwanger gegangen. Wenn man so in der U-Bahn sitzt, dann hat man ja tagtäglich die Chance, solche Menschen zu beobachten. Ich sauge das eigentlich auf, wie ein Schwamm und wenn ich die Perücke aufsetze, dann drücke ich den Schwamm wieder aus.
Wenn eure Figuren auf Beobachtungen aus Frankfurt basieren, merkt ihr dann einen großen Unterschied, wenn ihr in Frankfurt oder weiter weg mit diesen Charakteren auftretet?
TK: Zeynep und Nabil funktionieren eigentlich überall. Es kommt auf das Publikum an. Die Kids raffen eigentlich alle Zeynep und Nabil. Das Kabarettpublikum tut sich mit denen schwer. Das moderne und das traditionelle Kabarett-Publikum, da wird es manchmal schwierig. Auf dem Dorf, die raffen den Lutz und den Rainer total gut, aber da sind Zeynep und Nabil auch schon mal gar nicht angekommen, obwohl die sonst überall knallen.
Was macht ihr eigentlich genau: Kabarett oder Comedy?
JD: Ich weiß nicht, ob man das immer so strikt trennen sollte. In der Regel sage ich, dass wir Comedy machen. Kabarett im klassischen Sinne, da muss man krass tagesaktuell sein, jeden Tag fünf Zeitungen lesen und zur aktuellen Lage was zu sagen haben. Den Anspruch haben wir nicht. Wenn uns was nervt und wir denken, das Thema können wir verwursten, dann wird das auch mal politisch. Zum Beispiel die Taxifahrernummer. Aber da hatten wir uns jetzt auch nicht explizit vorgenommen, das Kurdenproblem zu beleuchten.
TK: Es gibt halt diesen Konflikt, und wir spielen damit, aber er wird Jahr für Jahr leider immer schlimmer und immer aktueller. Ein Freund von uns meinte, das sei eine richtige Kabarett-Nummer.
JD: Aber das hatten wir gar nicht vor. Wir wollen keine politischen Missstände aufzeigen. Unsere Priorität ist es, zu unterhalten. Wenn dann ein Clip wie Ferrero Moschee dabei rauskommt, dann hat das vielleicht auch eine Message, aber darum geht es uns nicht primär. Wir zerbrechen uns jetzt nicht den Kopf über die Weltlage, um daraus dann einen Clip zu machen.
Habt ihr Vorbilder?
TK: Ganz klar, Dudenhöfer, Polt, Loriot, Larry David und Stan Laurel. Dem seine Gestik und seine Mimik, da hab ich mir einiges rausgezogen.
Nicht Badesalz?
TK: Doch, klar, absolut.
JD: Ich finde Vorbilder immer schwierig. Aber klar gibt es Leute, die uns gefallen und beeinflusst haben. Ganz klar Badesalz, damit bin ich aufgewachsen. Wen ich aktuell ziemlich cool finde ist Tedros Teclebrhan.
TK: Litte Britain ist auch super! Irgendjemand meinte auch mal, wir seien eine Mischung aus Badesalz, Monty Python und Little Britain – das triffts eigentlich ganz gut.
Gibt es Personen außerhalb der Comedy, die euch geprägt haben?
TK: (Nach langem Grübeln) Diktatoren!
Wie bitte?
TK: Ich finde, das hat schon was sehr unterhaltsames, wie zum Beispiel Erdogan sich aufführt, der sich in diese Richtung bewegt. Eine Freundin von mir hat mir mal Geldscheine mit den Portraits von Diktatoren geschenkt, die hängen bei mir an der Wand. Oder Nord Korea, das ist so obskur, dieses geschlossene und eingeschränkte System, das ist doch fast schon wieder Comedy. Zum Adrian (rosa Hitler-Parodie – Anm. d. Red.) passt das auch, beim Rest unserer Figuren natürlich weniger.
Ist es nicht eigentlich ziemlich assi, sich über kaputte, versoffene Assis lustig zu machen, wenn man selbst kein kaputter, versoffener Assi ist?
TK: Nö
JD: Das muss jeder selbst entscheiden. Ich weiß nicht, ob wir uns darüber lustig machen.
TK: Das Ding ist: Die Tragödie und die Komödie sind Nachbarn. Das ist ja schon in den ganzen Helge Schneider-Filmen so. Da gibt es Szenen, die sind so traurig, dass man wieder lachen muss.
JD: Wir führen die ja nicht einfach vor. Es ist zwar schrecklich, aber viele sagen uns, unsere Figuren seien ja trotzdem sympathisch. Das ist jetzt gar nicht unbedingt Absicht, aber ich glaube, wir verunglimpfen die nicht. Wir stellen die ja nicht aus. Wir spiegeln mit dem Ensemble unserer Figuren ja auch einfach eine gesellschaftliche Bandbreite, die es gibt. Wir sind da wie ein Spiegel und das macht für die Leute ja auch den Reiz aus: Sie sehen immer auch Menschen, die sie kennen. Ob das jetzt die Zeynep aus der U-Bahn oder der Mario vom Büdchen ist, die gibt es ja. Die beleuchten die Themen auf ihre Sichtweise, aber wir stellen die nicht einfach aus: „Guckt sie euch an, diese Idioten.“
Gibt es Dinge, über die ihr keine Witze machen würdet?
JD: Kann ich im Vorfeld nicht beantworten. Ich mach das aus dem Bauchgefühl. Wenn ich etwas nicht lustig finde, dann mache ich das auch nicht. Das muss man im Moment entscheiden.
Habt ihr denn die Aufregung um Adrian H. auf dem CSD nachvollziehen können?
Beide: Nein.
Wie habt ihr das erlebt?
TK: Wir haben das ja eigentlich nur in der zweiten Reihe mitbekommen. Die CSD-Orga hatte das abgekriegt. In der Vergangenheit hatten die halt recht beliebige Mottos und wollten mal was neues ausprobieren. Aber die haben das auf Facebook ja nur ganz knapp angedeutet, mit dem „Lieb Geil“ in altdeutschen Lettern und „der Ver-Führer kommt“. Ich nenne mich in meiner Rede ja nicht Führer, sondern Ver-Führer, der die totale Durchrassung fordert, also das genaue Gegenteil des Ariertums. In der Figur sage ich: „Wir ficken, bis wir alle braun sind, damit es keinen Rassismus mehr gibt.“ Aber das wurde nur angedeutet und da sind die alle schon total steil gegangen. Das sei Tätersprech und es gab Bedenken, dass Leute auf der Konsti den Arm heben, das Motto brüllen und andere Menschen davon retraumatisiert werden. Es würde an diesem Tag sicher kein hundertjähriger Auschwitz-Überlebender auf der Konsti rumturnen. Wie kann man Hitler besser verarschen, als in Pink auf einer Gay-Parade? Wir haben ja einen Clip dazu gemacht, da spielen wir erst zwei Nazis und dann zwei Empörungsschwule und es regen sich beide drüber auf. Die Schwulen, weil es nicht geht, mit Originalzitaten und die Nazis bedanken sich am Schluss bei den Schwulen, weil die ihre Arbeit gemacht haben, denn ein rosa Hitler auf einer Gay-Parade, das ginge für die gar nicht. Da hat dann auch niemand mehr was gesagt. Wir haben denen die Argumente genommen. Die haben noch nicht mal eine Rede von der Figur gesehen.
JD: Das find ich ja so doof
TK: In jeder Diktatur wird Humor über den Diktator mit dem Tode bestraft. Warum darf man das jetzt 70 Jahre später nicht. Dabei war uns immer klar, über die Millionen tote Juden und Auschwitz, da machen wir niemals Witze drüber. Wir machen uns über die Macken der Figur lustig, sicher nicht über die ganze Scheiße von damals.
2017 soll euer neues Stück kommen. Was ist geplant? Wird es neue Figuren geben? Gibt es ein Wiedersehen mit alten?
TK: Am 28. 9. Ist die Premiere in der Batschkapp. Ticketverkauf geht demnächst los.
JD: Es wird definitiv Wiedersehen geben
Ihr habt also die Deadline, den Kartenverkauf…
TK: …und noch kein Wort geschrieben. Ja, jetzt geht’s los. Da wir das ab Januar Vollzeit machen, sollten wir da Zeit für haben. Wie das alles aussieht, wissen wir jetzt auch noch nicht. Wir spielen ja auch den Goldfisch bis dahin noch weiter.
JD: Vielleicht sogar darüber hinaus. Wir machen den jetzt seit sechs Jahren, aber er ist immer voll. Wenn die Leute denn weitersehen wollen, hören wir damit nicht auf. Von dem neuen Stück lassen wir uns gerne selbst ein bisschen überraschen. Wir fangen jetzt damit an, aber es gibt auf jeden Fall Wiedersehen.
TK: Ich hab eine Figur in der Entwicklung, die machen wir auf jeden Fall. Auf der andern Seite müssen wir uns aber auch limitieren, wir können da nicht am Ende mit 20 Figuren in einem Stück auflaufen, da wird’s irgendwann schwierig. Da wir auch viele Mixed Shows spielen, müssen einzelne Szenen auch alleine ohne das Stück drum herum funktionieren, gleichzeitig braucht es eine Story. Der Goldfisch hat ja einen roten Faden, das mögen die Leute total. Wo die Reise hingeht, keine Ahnung.
JD: Ma gugge.
29. November 2016, 11.29 Uhr
jps
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