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Foto: Inhaber Johannes Peter Hogrebe in seinem Laden „Schirm Klippel“ © red
Foto: Inhaber Johannes Peter Hogrebe in seinem Laden „Schirm Klippel“ © red

Schirm Klippel

Das Ende nach 124 Jahren

Hessen muss sich vom Letzten seiner Art verabschieden: Das Fachgeschäft für Schirme „Schirm Klippel“ an der Katharinenkirche schließt am 15. Juni für immer seine Türen. Damit verschwindet ein weiteres Traditionsgeschäft aus Frankfurts Innenstadt.
„Total Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe“ steht auf einem großen rechteckigen Sticker, der auf dem Schaufenster des Schirm-Fachgeschäfts „Schirm Klippel“ klebt. „Der Laden hat zwei Weltkriege und eine Pandemie überlebt“, sagt Inhaber Johannes Peter Hogrebe. Nun ist allerdings Schluss mit dem „Schirm Klippel“. Vor etwa einem Monat hatten der 75-Jährige und seine Ehefrau ein Schreiben der Stadt im Briefkasten. In diesem hieß es, um die Katharinenkirche werde für mindestens zwei Jahre eine Holzabsperrung stehen. Damit war es für das Rentner-Ehepaar klar: Sie schließen.

Mit dem Standort des Geschäfts an der Katharinenpforte 6 bietet es sich an, über die Hauptwache anzureisen. Am Ausgang beim Burgerladen Five Guys ist aber nicht mehr direkt erkennbar, wo das Fachgeschäft überhaupt zu finden ist. Rund um die Katharinenkirche steht seit ein paar Wochen eine Holzwand. Hogrebe fühlt sich als Einzelhändler von der Stadt im Stich gelassen: „Die Stadt Frankfurt hat mit inhabergeführtem Einzelhandel nichts am Hut.“ Dass für zwei Jahre eine hölzerne Wand vor seinem Laden stehen wird und die Stadt keine Rücksicht auf sein Geschäft und nötige Laufkundschaft nehme, kann er nicht verstehen. „Erst kürzlich fand eine Kundin den Laden nicht, weil der Zugang versperrt war“, erklärt Hogrebe. So habe er nach eigener Aussage seitdem 50 Prozent Verlust gemacht.

124 Jahre gab es das Unternehmen, 1898 von Familie Klippel gegründet, kauften Hogrebes Eltern das Geschäft 1966 – damals befand es sich noch am Stoltzeplatz – ab. Ein Luftangriff 1944 zerstörte den Laden vollständig und wurde somit kurzzeitig nach Friedberg ausgelagert. Zwischenzeitlich in einer Holzhütte am heutigen Parkhaus Hauptwache, trägt der Pavillonbau an der Katharinenpforte 6 seit 1959 die Aufschrift „Schirm Klippel“. Hogrebes Vater führte das Geschäft bis zu seinem Tod, 1978 übernahm die Mutter die Führung und seit 2004 leitet Johannes Hogrebe das Fachgeschäft für Schirme.

Bis zur Kündigung der Räumlichkeiten reparierte der gelernte Einzelhandelskaufmann im Keller des Geschäfts Schirme von Kundinnen und Kunden – das konnten gut und gerne mal rund 100 Stück im Monat sein. Nun aber lohne es sich nicht mehr, neue Schirme aufzunehmen und Hogrebe fokussiert sich auf den Verkauf der restlichen Ware. Eine Kundin, die am Donnerstag einen Schirm mit Spitzenbordüre kauft, zeigt sich sichtlich traurig über die Schließung; sie kündigt an, bis dahin noch mal vorbei schauen zu wollen.




Johannes Peter Hogrebes Ehefrau zeigt einen Schirm aus dem Sortiment.

Schirm Klippels Sortiment ist vielfältig – in Sachen Preis und Aussehen. Den günstigsten Schirm gibt es ab 25 Euro, allerdings kann auch tiefer in die Tasche gegriffen und bis zu 400 Euro investiert werden. Hauptzielgruppe seien die 25 bis 45-Jährigen, häufiger Männer, die einen „schicken Schirm“ möchten, so Hogrebes Frau. Aber auch junge Familien seien keine Seltenheit, da sie auf der Suche nach „etwas Wertigem“ seien, wie der Inhaber ergänzt. „Die Frankfurter Innenstadt ist weltbekannt, gerade deshalb sollte die City auch mit dem Auto erreichbar sein“, findet Hogrebe. Seine Kundschaft komme größtenteils aus dem Taunus, der Wetterau oder der ländlichen Regionen um Offenbach. „Die fahren nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.“

Auch für das Traditionsgeschäft sei der Ausbruch der Corona-Pandemie kein Zuckerschlecken gewesen. Im ersten Lockdown erhielt das Unternehmen noch einen Kostenausgleich vom Staat, „wobei ich mir davon auch keine Brötchen und Butter kaufen konnte“, sagt Hogrebe. Die Räumlichkeiten des Fachgeschäfts sind seit 1959 bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG gemietet, weshalb der Einzelhandelskaufmann um eine Mietsenkung bat. Jedoch sei die Wohnungsbaugesellschaft ihm nicht entgegengekommen sein, erzählt der Inhaber.

Neben der sperrigen Holzumrandung um die Katharinenkirche kämpfen Hogrebe und die Inhaber der benachbarten Geschäfte mit der Sauberkeit vor den Eingängen. Mehrere Wochen sei trotz unzähliger Kontaktaufnahme zur Stadt nichts passiert, dabei seien menschliche Fäkalien und Tauben ein schwerwiegendes Problem, wie Hogrebes Ehefrau erzählt. „Das alles ist eine städtische Fehlplanung absoluter Art. Dafür bin ich einfach zu müde“, beklagt der 75-Jährige.

Der Mietvertrag läuft offiziell bis Ende Juni, schließen wollen sie aber schon am 15. Juni. Was nach dem „Schirm Klippel“ im Pavillon in der Katharinenpforte einzieht, ist intern auch schon klar: ein Tabakladen. So einen gibt es bereits auf der Rückseite des Schirmgeschäfts und für die Hogrebes wäre das „die perfekte Lösung“, da die neuen Mieter das Mobiliar übernehmen würden. „Allerdings warten wir noch auf eine Rückmeldung der AGB“, sagt Hogrebe.



 
22. April 2022, 12.20 Uhr
Viviane Schmidt
 
 
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