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Foto: Einst war der nördliche Rathausturm das zweithöchste Gebäude der Stadt. © Christian Setzepfandt (links)/ Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam der Turm ein Notdach, das er bis heute trägt. © Harald Schröder (rechts)
Foto: Einst war der nördliche Rathausturm das zweithöchste Gebäude der Stadt. © Christian Setzepfandt (links)/ Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam der Turm ein Notdach, das er bis heute trägt. © Harald Schröder (rechts)

Langer Franz

Alter Hut?

Der „Lange Franz“ prägte einst die Frankfurter Skyline. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam er ein Notdach. Nun soll er seine frühere Dachform wiederbekommen. Der Brückenbauverein hat dafür eine Crowdfunding-Kampagne gestartet.
Nichts hält so lange wie das Provisorium. An diesem Spruch ist viel Wahres dran. Der „Lange Franz“ trägt nun seit Jahrzehnten ein Notdach, und auch wenn dieses hält, wollen sich einige Frankfurterinnen und Frankfurter nicht mehr damit abfinden: Der Rathausturm soll seinen Hut zurückbekommen. Der Brückenbauverein hat dazu den Anstoß gegeben und eine Menge Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden, die sich nun für eine Rekonstruktion stark machen. Noch bis zum 10. April läuft die Crowdfunding-Kampagne. Die Frankfurter Bürger haben immer wieder in der Geschichte der Stadt Fakten geschaffen. So geht beispielsweise der Bau des Eisernen Stegs auf eine Initiative der Händler zurück, die sich nicht damit abfinden wollten, dass die Alte Brücke die einzige feste Verbindung über den Main war. Nachdem die Stadtregierung auf stur schaltete, nahm man kurzerhand die Dinge selbst in die Hand und als das Geld beisammen war, übergaben die Bürger die Brücke an die Stadt. Neben Bauwerken gehen auch die Museumsgesellschaft, die Polytechnische Gesellschaft, das Städelsche Kunstinstitut und die Goethe-Universität auf das Engagement des Bürgertums zurück. Nicht zuletzt bei der Diskussion um den Bau der Neuen Altstadt mischten sich die Frankfurter ein.

Auch der „Lange Franz“ hat schon einige prominente Fürsprecherinnen und Fürsprecher gefunden: Zum Beispiel Eintracht-Präsident Peter Fischer, Ex-Oberbürgermeisterin Petra Roth, Kult-Wurst-Verkäuferin Ilse Schreiber und Michael Quast: „Man muss der Politik Beine machen, damit sie Geld in die Hand nimmt“, meint der Leiter der Volksbühne, der seine Bühne für eine Infoveranstaltung der Montagsgesellschaft zur Verfügung stellte. Diese ist eine große Unterstützerin der Crowdfunding-Kampagne. Für Stefan Söhngen, Vorstand der Montagsgesellschaft, ist es der Spirit von Frankfurt, dass die Bürger etwas gemeinsam anpacken: „Es ist gar nicht gewünscht, dass eine Person alles übernimmt. Wir realisieren das zusammen, das ist Frankfurt, und das war schon immer so.“ 20  000 Euro konnte die Montagsgesellschaft bei der Veranstaltung einsammeln und an den Brückenbauverein übergeben. Stefan Kucera hat die Patenschaft für ein Fenster übernommen. Seine Kanzlei liegt in Sichtweite des „Langen Franz“ und er sieht vor allem den langfristigen Nutzen solcher Projekte: „Es ist ein Investment in common goods, der Nutzen kommt in erster Linie der Gesellschaft zugute und davon profitieren alle gemeinsam, was wiederum die Gesellschaft weiterentwickelt.“

Sobald eine Million Euro zusammengekommen sind, will die Politik aktiv werden. Oberbürgermeister Peter Feldmann hat versprochen, die Stadtverordneten davon zu überzeugen, das restliche Geld für die Rekonstruktion aus dem Haushalt zuzuschießen, also rund 1,5 Millionen Euro. Für den OB ist der „Lange Franz“ nicht irgendein Turm: „Er ist eine Wegmarke, der Ankommenden signalisiert: Hier geht’s zum Rathaus. Zusammen mit Paulskirche und Dom markiert er das historische Zentrum der Stadt. Wenn der Brückenbauverein jetzt dem ‚Langen Franz‘ den Hut wiederaufsetzen will, passt das zu Frankfurt, denn hier haben die Bürger schon immer die Initiative ergriffen.“ Kritik an den Plänen des OBs kommt von der Fraktion Die Linke: Laut Fraktionsvorsitzendem Michael Müller bedarf es keiner Beteiligung der Stadt, insbesondere, weil kommunale Gelder an anderer Stelle wesentlich dringender gebraucht würden, etwa in der notleidenden Kulturindustrie und für Solo-Selbstständige. Seine Fraktion, so Müller, werde jegliche Co-Finanzierung ablehnen.

Der fehlende Turm der Frankfurter Skyline

Einst war der nördliche Rathausturm das zweithöchste Gebäude der Stadt. Er entstand im Zuge der großen Rathaus-Erweiterung nach Entwürfen der Frankfurter Architekten Ludwig Neher und Franz von Hoven. Errichtet wurde er zwischen 1900 und 1904, zusammen mit dem „Kleinen Cohn“, dem niedrigeren Südturm. Zusammen mit dem Dom und der Paulskirche war der „Lange Franz“ ein prägendes Element der Frankfurter Silhouette. Wegen seines schmuckvollen Aufbaus und seiner Größe von 70 Metern diente er als Orientierungspunkt. Wer am Hauptbahnhof ankam, blickte durch die Kronprinzenstraße (heute: Münchener Straße) auf den „Langen Franz“, der in der Tradition der großen Bürgertürme der europäischen Architektur steht. Sein Vorbild war der alte Brückenturm, der von 1345 bis 1765 auf der Sachsenhäuser Seite der Alten Brücke stand. Neben dem Aufbau mit seinen vier Ecktürmen und dem steilen Dach mit Dachreiter waren auch die dekorativen Teile des Turms auf Fernwirkung bedacht.

Zwei Glasmosaikbilder schmücken den Turm: nach Osten der Heilige Florian als Schutzpatron gegen die Feuersbrunst von Robert Forell und nach Westen der Heilige Michael als Schutzpatron der Schwachen von Karl Julius Graetz. Beim Luftangriff am 22. März 1944 wurde das steile Dach mit dem Dachreiter zerstört, der „Lange Franz“ bekam ein Notdach, das er bis heute trägt. Zudem wurde 1951 das Obergeschoss über dem Rundbogenfries abgetragen. Die dort angebrachten Reliefs der Stadtadler sind heute an der Friedberger und der Sachsenhäuser Warte zu finden. Der „Lange Franz“ ist heute nur noch 45 Meter hoch. Sein Name geht übrigens auf den von der Statur her großen Oberbürgermeister Franz Adickes (1846 bis 1915) zurück. Er hatte eine Vorliebe für stadträumliche Strukturen und Sichtbeziehungen, so dass ein einprägsames Stadtbild entsteht. Heute wird der Turm vom Standesamt genutzt, das dort vertrauliche Akten lagert. Er kann daher nicht besichtigt werden.

Crowdfunding-Kampagne

Der Brückenbauverein möchte dem „Langen Franz“ seinen Hut zurückgeben und hat dafür eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen, die am 11. Januar gestartet ist. Frankfurter Bürgerinnen und Bürger können Patenschaften für einzelne Bauelemente übernehmen oder spenden. Das gesammelte Geld soll vollständig in den Wiederaufbau der Turmspitze fließen, die nach alten Bauplänen errichtet werden soll.

Die Gesamtkosten für die Rekonstruktion werden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt. Der Brückenbauverein hat das Ziel, eine Million Euro einzusammeln. Ist diese Marke erreicht, will sich Oberbürgermeister Peter Feldmann im Stadtparlament dafür einsetzen, dass die Stadt die fehlende Summe aus ihrem Haushalt beisteuert. Die Entscheidung darüber liegt dann bei der Stadtverordnetenversammlung.

Welches Frankfurter Bauwerk sollte außerdem rekonstruiert werden? Schicken Sie uns Ihre Vorschläge: chefredaktion@mmg.de


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>> Die Crowdfunding-Kampagne läuft noch bis 10. April 22.
Online-Spenden für den „Langen Franz“: www.startnext.com/derlangefranz
oder über den Brückenbauverein Frankfurt: www.derlangefranz.de


>> Stadtführer Christian Setzepfandt bietet Rundgänge zum „Langen Franz“ an.
Treffpunkt: Römerberg/Brunnen, Dauer ca. 1 Stunde
Weitere Infos: www.frankfurter-stadtevents.de/franz
 
28. Februar 2022, 11.10 Uhr
Jasmin Schülke
 
 
Fotogalerie:
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