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Foto: Ulrich Mattner
Foto: Ulrich Mattner

Drogenszene im Bahnhofsviertel

„Die Leute müssen richtig behandelt werden“

Drogenkonsum, Verwahrlosung, Aggressivität – die Zustände im Frankfurter Bahnhofsviertel werden immer problematischer. Tom Holz und Ulrich Mattner wollen aufklären und für mehr Verständnis für die Konsumierenden sorgen. An die Stadt haben sie konkrete Forderungen.
Bei einer Razzia kontrollierte die Frankfurter Polizei am vergangenen Wochenende rund 300 Personen im Bahnhofsviertel, 60 Strafanzeigen wurden dabei gestellt. Das Ziel der Razzia, so die Polizei: „die Bekämpfung und Verfolgung der Betäubungsmittel- und Milieukriminalität“. Für Tom Holz sind polizeiliche Maßnahmen wie diese „völlig sinnlos“. 18 Jahre lang arbeitete er als Sozialarbeiter und kennt die Drogenszene im Bahnhofsviertel. „Die Polizei tut sich damit keinen Gefallen, das ist das falsche Werkzeug. Wenn sie einem Junkie seinen Stoff abnehmen, hört er ja nicht auf. Er muss dann nur wieder viel Energie investieren, um wieder an Stoff zu kommen. Dabei kommt es dann häufig wieder zu Straftaten“, sagt Holz.

Gemeinsam mit Journalist und Fotograf Ulrich Mattner startet er im Oktober eine Tour durch das Bahnhofsviertel, mit der die beiden auf die Situation vor Ort aufmerksam machen und für Verständnis werben wollen. Die Lage im Viertel, das sagen auch die beiden, ist schlimmer geworden. Auch, wenn sich schon seit mehr als 20 Jahren kaum etwas positiv verändert hätte. Der „Frankfurter Weg“ sei vor allem deshalb nicht erfolgreich, weil die Kommunen im Umland, beispielsweise mit Blick auf Konsumräume, nicht mitgezogen hätten, so Mattner und Holz. Mehr als die Hälfte der Konsumierenden im Bahnhofsviertel kommt nicht aus Frankfurt. Frage man in der Szene, sprächen aktuell viele von „neuen Gesichtern“, so Mattner. Vor allem in Nidda-, Mosel- und Taunusstraße seien immer mehr Drogenkonsumierende zu sehen. Auch die Verwahrlosung und die aggressive Stimmung unter den Menschen sei gestiegen.

Besonders Crack wird seit einigen Jahren im Bahnhofsviertel immer häufiger konsumiert und zieht viele Menschen von außerhalb nach Frankfurt. Schon am Mittag sitzen auf den Bürgersteigen in der Niddastraße zahlreiche Konsumierende mit Crack-Pfeifen in der Hand. „Abends ist hier das Drei- bis Vierfache los“, sagt Ulrich Mattner. Bei einer Szenebefragung des Centre for Drug Research der Goethe-Universität gaben 87 Prozent der Befragten an, in den vergangenen 24 Stunden Crack konsumiert zu haben. Auch Heroin gehört demnach weiterhin zu den am häufigsten konsumierten Drogen. „Nahezu alle Befragten verfügen [bezüglich Crack und Heroin] über Konsumerfahrungen“, heißt es in der Studie.

Krankenversicherung und sauberer Stoff

Was auf der Straße verkauft wird, ist dabei häufig verunreinigt. Viele Konsumierende werden so neben ihrer Abhängigkeit oft schwer krank. Tom Holz und Ulrich Mattner sehen die Aufgabe von Stadt und Behörden deshalb vor allem in zwei Dingen: „Die Leute müssen richtig behandelt werden, wie Kranke“, sagt Holz. Dazu gehöre auch eine Krankenversicherung. Ohne sie fehlt es den Konsumierenden häufig an ärztlichen Behandlungsmöglichkeiten, zudem bekämen sie ohne Versicherung oft kein Methadon und hätten somit keine Chance auf eine Substitution. Zudem sei es wichtig, das Dealen in Konsumräumen zu erlauben. Im Koalitionsvertrag der Stadtregierung heißt es dazu, es sollen rechtliche Fragen geprüft werden, damit der „Kleinhandel“ mit Drogen in Konsumräumen geduldet werden könne. Das Problem: Laut Betäubungsmittelgesetz ist dort nur das Konsumieren von Drogen erlaubt. „Trotzdem wäre das Dealen dort wichtig, weil man dann wüsste, dass die Leute an sauberen Stoff kommen“, sagt Mattner. „Man hätte die ganze Szene besser im Blick und würde die Menschen von der Straße holen.“

Mit ihrer Tour hoffen Mattner und Holz nun, den Blick auf die Drogenszene im Bahnhofsviertel zu ändern. Dabei wollen sie nicht den „Tourismus“ im Viertel fördern; mit einem kurzen Gang durch die Straßen und einem anschließenden Vortrag wollen sie Aufklärung leisten. Nur so könne sich die Situation vor Ort vielleicht auch langfristig ändern. „Im Moment kriegen die Leute Steine in den Weg gelegt und werden dadurch noch kranker“, sagt Holz. Die Bedingungen für die Konsumierenden zu verbessern und sie zu integrieren, sei daher das Wichtigste.

>> „Crack, Koks, Heroin im Bahnhofsviertel – Warum Frankfurt auch ‚Crack-City‘ heißt“, Tour durch das Frankfurter Bahnhofsviertel, Start am 17. Oktober. Interessierte können sich hier für die Führung anmelden.
 
19. August 2022, 12.57 Uhr
Laura Oehl
 
Laura Oehl
Jahrgang 1994, Studium der Musikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt, Journalismus-Master an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, seit Dezember 2020 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Laura Oehl >>
 
 
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