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Wahlkampf ganz unten

Der Kandidat und die gute Stute

Im Oberbürgermeisterwahlkampf muss man als Bewerber alles geben, um Wählerstimmen zu bekommen. So gesehen hat Oliver Maria Schmitt nichts falsch gemacht mit seinem Wasserhäuschen-Hopping.
Die Stimmen einiger Ultras hat er schon mal sicher. Die standen im Gallus an einer Trinkhalle und mokierten sich erst über das Wahlversprechen Oliver Maria Schmitts, dass die Eintracht sofort abzusteigen habe. Dann aber fiel der Name Boris Rhein. Der Zwangsabstieg spielt keine Rolle mehr: „Was der Rhein mit den Hells Angels gemacht hat, das war nicht in Ordnung“, befanden sie. Dann also doch lieber Schmitt, der unter dem Motto „Trinker fragen, Politiker antworten“ in den Wahlkampf-Endspurt ging, und bereit ist, auf die Fußball-These im weiteren Verlauf des Abends zu verzichten: „Man muss als Politiker sein Fähnchen heutzutage auch ein bisschen nach dem Wind hängen.“

Die Wasserhäuschen-Tour endet in einer waschechten Kneipe. In der guten Stute ist Wirt Ivo bemüht, dem nicht endenwollenden Strom an Bierbestellungen Herr zu werden, und zwischendurch immer wieder die Frage zu beantworten, warum dieses verdammte, ausgestopfte Pferd soviel Platz in seiner Raucherkneipe einnimmt. „Wenn ich da zwei Tische und Stühle hinstellen würde - würde dann jemand kommen?“

Vielleicht ist das das Geheimnis von Herrn Schmitt, er ist so etwas wie das ausgestopfte Pferd des Oberbürgermeisterwahlkampfs, irgendwie lustig, die Blicke auf sich ziehend und damit für Frankfurter Medien auch geradezu ideal, um Wahlkampfberichterstattung mit den immer gleichen Gesichtern und Phrasen und Versprechen ein bisschen aufzupeppen wie eben ein Gastronom seine Kaschemme mit Paarhufern aufpeppt. „Ist gut gelaufen bis jetzt“, meint Schmitt. Die kritische Zoobegehung: ein voller Erfolg, die Nashörner wurden schon weggelobt. Die Lesung im Club Zoom: besser als das Technogefrickel, was manch DJ dort in den Eröffnungstagen auflegte. Die Demo auf der Zeil: tatkräftig unterstützt von der Polizei, die ein bisschen Angst hatte, dass es zu Zusammenstößen mit gleichzeitig protestierenden Syrern käme. „Wir waren über 100 Leute“, sagt Schmitt. „Wenn man die Polizisten mitzählt.“

Nun also die gute Stute. Die wenigen Nicht-Partei-Mitglieder sind schnell vereinnahmt, Bierchen werden ausgegeben, Flugblätter verteilt, auf denen der Kandidat unter anderem Handkäs-Ohrschützer gegen den Fluglärm trägt. Damit war er mit ein paar Mitstreitern auf der Pro-Flughafen-Demo - und der einzige Gegendemonstrant, der nicht von Polizisten weggetragen wurde. „Die dürfen hier sein“, hätten die Beamten gar einigen renitenten Fraport-Mitarbeitern zugerufen. Im Gallus verfangen solche Anekdoten gleichwohl nicht, an Fluglärm hat hier keiner zu leiden, eher an Hartz IV. Also schwupps zur letzten Station des Tages nach gegenüber in die SIKS, so ein Nachbarschaftszentrum mit jungen Menschen, die sich für ihr Viertel einsetzen und für andere junge Menschen, die abgeschoben werden sollen, an diesem Abend aber einfach ein bisschen engagiert feiern wollen mit Kiez-Bier und einer runtergeregelten Anlage wegen den Nachbarn. Dass Kandidat und Partei plötzlich die Location stürmen, stört sie nicht, manche unterbrechen ihr Gespräch nur kurz als Schmitt versucht, den Blick der Massen mit seiner wichtigsten Rede an diesem Tag auf sich zu ziehen. „Jetzt haltet‘s das Maul, ihr Arschgeigen“, ruft er gegen das Gemurmel an. Das ist wenigstens ehrlich, und tatsächlich kommen nach der gut 90-sekündigen Ansprache ein paar potentielle Wähler vorbei und wollen ein Erinnerungshandyfoto mit Schmitt machen. Der gibt sich gleich wieder versöhnt und fragt Frauen jedes Alters, ob sie Erstwähler seien. Das hätte Mitt Romney nicht besser hinbekommen. Wie überhaupt der Wahlkampf Schmitts von einer US-haften Professionalität zeugt. Als einige seiner Mitstreiter schon längst den Heimweg angetreten haben, will er nochmal los. „Ich geh wieder rüber in die gute Stute - Wählergespräche führen.“ Sagt‘s und verschwindet im Dunkel des Gallusviertels.
 
9. März 2012, 08.46 Uhr
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