Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs

Antisemitismus-Vorwurf

FDP-Politiker bedauert "unglückliche Formulierung"

Stefan von Wangenheim hatte über einen Bürger gesagt, dieser habe 1933 die "Gunst der Stunde" genutzt, und sein Haus an die NSDAP verkauft. Das tut ihm jetzt leid - Jutta Ditfurth ist dennoch nicht besänftigt.
Jutta Ditfurth war schlagartig in ihrem Element. Die Mitgründerin der Grünen und heutige Abgeordnete von ÖkoLinX-ARL im Frankfurter Stadtparlament sprach im Römer von "schierem Antisemitismus" und nannte den FDP-Kollegen Stefan von Wangenheim ein "Arschloch". Das brachte ihr eine Rüge des Präsidiums ein - mit dem, was von Wangenheim gesagt hatte, beschäftigte sich das Parlament ansonsten aber nicht weiter. Dabei wäre es eine Debatte wert gewesen. Die fand in den vergangenen Tagen nun zunächst bei diversen Online-Publikationen statt, auch die FAZ und die FNP berichteten über den Vorfall.

Was war passiert? Im Parlament ging es um die Künsterateliers der basis in der Gutleutstraße 8-12 im Bahnhofsviertel. Die dauerhafte Nutzung steht derzeit in Frage, weil das Land Hessen das Gebäude gerne verkaufen möchte. Bleibt die Frage, ob die Stadt an dieser Stelle einspringt, um den Künstlerkosmos zu konservieren.

Dass das Haus überhaupt dem Staat gehört, liegt an einer zweifelhaften Transaktion. Der Zigarettenfabrikant Adam Becker hatte 1933 sein Gebäude unter Wert an die NSDAP-Gauleitung Hessen-Nassau verkauft, um so seine Flucht aus Deutschland zu finanzieren. Das Gebäude diente fortan als Parteizentrale der Nazis und firmierte unter dem Namen "Adolf-Hitler-Haus", eine Tatsache, die Lutz Becht vom Institut für Stadtgeschichte in einem Vortrag vor drei Jahren zur Sprache brachte.

Aus ebendiesem Vortrag, so sagt Herr von Wangenheim nun, habe er auch zitieren wollen, letztlich sei daraus die "äußerst unglückliche" Formulierung von der "Gunst der Stunde" geworden. Die Vermutung der FAZ, dass damit die Möglichkeit umschrieben wurde, dass Juden 1933 überhaupt noch emigrieren konnten, sei durchaus richtig. "Dennoch: es war absoluter Unfug - und es tut mir sehr leid." Herr von Wangenheim sagt weiter, dass er es aufgrund der dann aufkommenden Unruhe versäumt habe, "dies sofort richtigzustellen und den Satz zurückzunehmen." Das will er nun in der kommenden Plenarsitzung am 15. Dezember in einer persönlichen Erklärung nachholen. "Ich habe keinesfalls ausdrücken oder implizieren wollen, dass die Zeit 1933 für Juden auch nur ansatzweise günstig war."

Ist nun alles gut? Nicht für Jutta Ditfurth. "Fast das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass niemand im Stadtparlament, außer einer SPD-Stadtverordneten, etwas an seiner Formulierung auszusetzen hatte", schreibt sie in einer Kritik an der Berichterstattung der Frankfurter Neuen Presse (PDF). Wangenheim selbst habe unter dem Druck der Kritik fünf Tage gebraucht, um seine Bemerkung als "falschen Ausdruck" zu bewerten. Die Benutzung des Begriffs "Arschloch", die ihrem einstigen Parteifreund Joschka Fischer auch schon eine Rüge einbrachte, nennt sie: "Nicht fein, aber Notwehr. In meinem Wertesystem ist eine deftige Beleidigung immer noch unbedeutender als eine widerwärtige antisemitische Bemerkung über 'die Gunst der Stunde', die 1933 einen Frankfurter Juden sein Haus zu verkaufen zwang, um zu fliehen."

Fortsetzung folgt.
 
16. November 2011, 17.44 Uhr
nil
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Politik
Der Einzelhandel steckt in einer Krise und es benötigt neue Konzepte. Die Wirtschaftsförderung Frankfurt ruft dazu auf, kreative Lösungen gegen Leerstände in der Innenstadt zu entwickeln.
Text: Lukas Mezler / Foto: Die Zeil © Adobestock/EKH-Pictures
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
21. Oktober 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • Fanfare Ciocărlia
    Das Bett | 20.30 Uhr
  • José James
    Centralstation | 20.00 Uhr
  • Jazz gegen Apartheid – Heimkehr aus dem Exil
    Gallus Theater | 20.00 Uhr
Theater / Literatur
  • NSU 2.0
    Schauspiel Frankfurt | 20.00 Uhr
  • Der gestiefelte Kater – Wie, der Kater hat Stiefel?
    Theater Moller-Haus | 20.00 Uhr
  • Shared Reading – Literarisches Miteinander
    Stadtteilbibliothek Bornheim | 19.30 Uhr
Kunst
  • Tiefsee und Meeresforschung
    Senckenberg, Forschungsinstitut und Naturmuseum | 09.00 Uhr
  • Aha?! Forschungswerkstatt
    Senckenberg, Forschungsinstitut und Naturmuseum | 09.00 Uhr
  • Bruder Moenus
    Stoltze-Museum der Frankfurter Sparkasse | 10.00 Uhr
Kinder
  • Tage der Schauspielführungen
    Freilichtmuseum Hessenpark | 13.00 Uhr
  • Rumpelstilzchen
    Galli Theater Wiesbaden | 16.00 Uhr
  • 1. Teddybärenkonzert
    Staatstheater Darmstadt | 15.00 Uhr
und sonst
  • Baader-Meinhof-Gruppe, Rote Armee Fraktion & Deutscher Herbst – Linker Terror in Frankfurt
    Frankfurter Stadtevents | 18.00 Uhr
  • Opel-Zoo
    Opel-Zoo | 09.00 Uhr
  • Stadtrundgang: Frankfurts neue Altstadt und weitere Highlights
    Frankfurt – Tourist Information Römer | 14.00 Uhr
Freie Stellen