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Foto: Jason Wyche © Kara Walker
Foto: Jason Wyche © Kara Walker

Schirn Kunsthalle: Kara Walker

„Lasst doch die Arbeit einfach für sich sprechen“

Die Schirn Frankfurt präsentiert das zeichnerische Werk von Kara Walker, deren Arbeiten provokativ Rassismus, Sexismus und andere Formen der Unterdrückung und Gewalt behandeln.
Barack Obama ist für viele Menschen eine Projektionsfläche gewesen. Die einen verklärten ihn und setzen all ihre Hoffnung in ihn als Präsidenten. Die anderen überzogen ihn mit Hass und Rassismus. Kara Walker hat Obama in vier überlebensgroßen Zeichnungen verewigt, die den ehemaligen US-Präsidenten mal in heroisierender Pose, mal als Schmerzensmann zeigen. Und vielleicht geht es Kara Walker auch ein bisschen so, wie es Obama ergangen ist, denn sie musste in der Vergangenheit ebenfalls Hass und Erwartungen aushalten. Doch sie will vor allem eins sein: eine Künstlerin, die ihre Arbeiten sprechen lassen will.

Bekannt geworden ist die US-Amerikanerin vor allem mit ihren Scherenschnitten und Skulpturen. Nun wird in der Schirn Frankfurt zum ersten Mal in Deutschland ihr umfangreiches zeichnerisches Werk gezeigt: Rund 650 Arbeiten aus den vergangenen 28 Jahren sowie eine Auswahl ihrer Filme sind zu sehen. Für die Ausstellung „A Black Hole Is Everything a Star Longs to Be,“ hat Kara Walker zum ersten Mal ihr Archiv geöffnet und Aquarelle, Skizzen, Collagen, Notizen zutage gefördert. Das Papier ist das zentrale Medium ihrer Arbeit.




Kara Walker war bei der Ausstellungseröffnung am Donnerstagmorgen anwesend © Bernd Kammerer

Der Ausstellungstitel geht auf eine handschriftliche Notiz zurück, die die Künstlerin irgendwann einmal hingekritzelt hat. Der Satz war ursprünglich Teil einer langen Rolle von Bildern und Notizen, die um 2012 entstanden sind. Kara Walker schreibt dazu folgendes: „The Sweet Sweet Smell of Success and the Stench of Ingratitude…A Black Hole Is Everything a Star Longs to Be.” (Der süße süße Geruch des Erfolgs und der Gestank von Undankbarkeit…Ein schwarzes Loch ist alles, was ein Stern werden möchte). Das Bild, das diesen Satz begleitet, ist das einer Schwarzen Frau – nackt, zusammengekrümmt – , die sich auf den Schuh eines Weißen Mannes erbricht, welcher den Fuß auf einen Schuhputzschemel gestellt hat und Macht ausstrahlt. Sie will „die Geister“ aus ihrem Archiv hervorholen und sie mit neuen Zeichnungen vermischen, vielleicht zu einer Art Supernova, ein Archiv, das sie selbst an eine Art Büchse der Pandora erinnert. „Excavation“ (Ausgrabung) nennt Kara Walker diesen Prozess.

In drastischer Bildsprache thematisiert Kara Walker rassistische Machtstrukturen, Stereotype und Geschlechterrollen. Sie bezieht sich dabei immer wieder auf historische und aktuelle Ereignisse, setzt sich aber auch mit ihrer eigenen Identität als Schwarze Frau auseinander. „I am not my Negro“ hat sie in großen Buchstaben auf Papier gemalt und spielt damit auf eine Strategie der Selbstermächtigung wie etwa die Beanspruchung des N-Worts durch einen Teil der Schwarzen Bevölkerung in den USA an. Als Künstlerin lässt die US-Amerikanerin Klischees für sich arbeiten, vermischt Realität, Fiktion und Fantasie. Sie stellt Bezüge zur Kunstgeschichte her, arbeitet mit Zitaten. In den gezeigten Videos verwebt sie historische Ereignisse mit fiktiven Elementen und inszeniert in der vermeintlich beschaulichen Form eines Schattentheaters albtraumhafte Erzählungen.

Das alles ist drastisch, schonungslos und unbedingt sehenswert, denn Kara Walker lässt uns nicht nur in ihr Archiv blicken, sondern lässt uns an ihrer emotionalen Auseinandersetzung bei ihren „Ausgrabungen“ teilhaben. Lassen wir ihre Arbeiten sprechen!
 
14. Oktober 2021, 16.30 Uhr
Jasmin Schülke
 
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. – Mehr von Jasmin Schülke >>
 
 
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