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Foto: Imo Moszkowicz bei den Dreharbeiten zu „Torquato Tasso“ (BRD 1958) © DFF/Bildarchiv
Foto: Imo Moszkowicz bei den Dreharbeiten zu „Torquato Tasso“ (BRD 1958) © DFF/Bildarchiv

Jüdisches Museum

Jüdische Filmgeschichte im Fokus

„Ausgeblendet – Eingeblendet“ ist eine Ausstellung im Jüdischen Museum, die jüdischer Filmgeschichte im Nachkriegsdeutschland zu neuer Sichtbarkeit verhilft.
Wohl jeder Cineast der Boomer-Generation – und darüber hinaus – hat im deutschen Kino schon mal Bekanntschaft mit dem Judentum gemacht. Möglicherweise, ohne sich dessen konkret bewusst zu sein. Während moderne Produktionen wie kürzlich die Komödie „Nicht ganz koscher“ (2022) oder Dani Levys Kassenerfolg „Alles auf Zucker“ (2004) das Sujet recht deutlich in den Fokus rückten, existierte in den Jahren 1945 bis 1989, also zwischen Ende des Zweiten Weltkriegs und Mauerfall, eine Art Wahrnehmungs-Grauzone.

Ja, sicherlich gab es jüdische Künstler im deutschen Nachkriegs-Kinogeschehen. Aber nein, wirklich zur Kenntnis nahm man diese nicht. Eine neue Ausstellung des Jüdischen Museums Frankfurt (in Zusammenarbeit mit dem DFF und dem Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften der Goethe-Universität) will dem Abhilfe schaffen: „Ausgeblendet – Eingeblendet. Eine jüdische Filmgeschichte der Bundesrepublik“ lautet deren sinnfälliger Titel, welcher „als Metapher für die Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit jüdischer Perspektiven in der deutschen Filmgeschichte“ fungiert, so die Motivation.

Jüdische Filmschaffende im Fokus

Erik Riedel, verantwortlicher Kurator, weiß mehr: „Unsere Ausstellung ist der Versuch, einen Überblick zu schaffen, was die Zuschreibung ‚jüdisch‘ bei in Deutschland tätigen Filmschaffenden in unterschiedlichen Funktionen für die eigene Positionierung für eine Rolle spielte.“ Als Grundlage diente dabei ein Forschungsprojekt der Filmwissenschaftler Lea Wohl von Haselberg und Johannes Praetorius-Rhein, das an der Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“ in jahrelanger Recherchearbeit umgesetzt wurde, aufschlussreiche Einblicke in ein bislang ungeschriebenes Kapitel bundesdeutscher Filmhistorie bietet und unter juedischefilmgeschichte.de im Internet auch auszugsweise nachgelesen werden kann.

Um der stetig an Aktualität gewinnenden Thematik einen zeitlichen Rahmen zu verleihen, beschloss man, sich auf die alte BRD vor der Wiedervereinigung zu konzentrieren, da „Jüdischsein in dieser Zeit nicht sonderlich explizit zur Sprache kam“, so der Ausstellungsleiter. „Früher gab es eine gewisse Unsichtbarkeit, ein gewisses Nebeneinander, was sich im Laufe der 1970er, vor allem aber ab den 1980er-Jahren dann schrittweise verändert hat.“

(Fremd-)Zuschreibung jüdischer Identität


Neben einer begleitenden Reihe aussagekräftiger Filmbeispiele, die im DFF-Kino stattfindet, soll der Kern der Schau im Jüdischen Museum aus einem „Prolog- und Epilograum“ bestehen, in welchem auf zwei Leinwänden Aussagen jüdischer Filmschaffender projiziert werden, „die sich mit Fragen der Sichtbarkeit, aber auch der (Fremd-)Zuschreibung jüdischer Identität“ beschäftigen. Diese Collage wurde als Auftragsarbeit von der Filmproduzentin, Regisseurin und Drehbuchautorin Ruth Olshan zusammengestellt und beinhaltet u.a. Statements prominenter Schauspieler wie etwa Samuel Finzi, von Regisseurinnen und Regisseuren (Dani Levy, Jeanine Meerapfel) oder Branchenkennern wie Alice Brauner, Produzentin, Journalistin und Tochter einer wahren deutschen Filmlegende: Artur Brauner.

Ah, Artur Brauner! „Atze“. Ein Urgestein des deutschen Nachkriegskinos, Hansdampf in allen Genre-Gassen. Als junger Mann vor der Besetzung Polens durch die Nazis in die Sowjetunion geflüchtet, gelang ihm nach seinem Gang in die BRD eine beispiellose Karriere als Filmproduzent, der „Opas Kino“ nicht nur verlässlich mit Wirtschaftswunder-Unterhaltung versorgte, sondern sich ebenso als Lieferant anspruchsvoller Stoffe einen Namen machte, die sich kritisch mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzten, beispielweise der Klassiker „Morituri“ (1948), das Widerstands-Drama „Die weiße Rose“ (1982) oder der hierzulande umstrittene „Hitlerjunge Salomon“ (1990).

US-Serie „Holocaust“ kommt besondere Bedeutung zu


Da das komplette Archiv dessen Berliner CCC-Filmstudios mittlerweile beim DFF Frankfurt weilt, konnte man sich für die aktuelle Ausstellung reichlich daraus bedienen. Namen wie Artur Brauner, die deutsche Schauspielerin Lili Palmer oder Peter Lorre genießen Weltgeltung, doch „Ausgeblendet – Eingeblendet“ will neben dem Themenschwerpunkt Kino weitere Facetten des Bewegtbildes aufgreifen, auch das Massenmedium Fernsehen soll eine zentrale Rolle spielen, damals laut Erik Riedel „eine spannende Experimentierbühne, die Freiräume bot, welche von jüdischen Regisseuren und Produzenten genutzt wurden“.

Wobei hier der 1979 zum ersten Mal im deutschen TV gezeigten US-Serie „Holocaust“ eine besondere Bedeutung zukommt: „Sie erzeugte damals ein enormes Medienecho, damit begann ein Pendelausschlag“, erläutert der Kurator. „Nicht nur, dass sie den Begriff ‚Holocaust‘ im Sprachgebrauch etablierte, in der Folge wurden auch zaghaft immer mehr jüdische Inhalte zur Sprache gebracht.“

Vermittlung deutsch-jüdischer Sozialgeschichte

Es ist jedenfalls ein Thema, „das sehr viel hergibt“, findet Riedel, ein Anspruch der Ausstellung soll es sein, nicht nur mediale Zusammenhänge und Entwicklungen aufzuzeigen, sondern „ganz allgemein eine deutsch-jüdische Gesellschaftsgeschichte, eine Sozialgeschichte“ zu vermitteln. Spannend allemal, wird es ja auch höchste Zeit, dass diese Geschichte endlich einmal jemand erzählt.


Info_______________________________________________________________________
>> „Ausgeblendet – Eingeblendet. Eine jüdische Filmgeschichte der Bundesrepublik“, Jüdisches Museum/DFF, 14.7.–14.1.2024,
www.juedischesmuseum.de
 
14. Juli 2023, 11.15 Uhr
Andreas Dosch
 
 
Fotogalerie:
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