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Foto: Foto: Klaus Manns
Foto: Foto: Klaus Manns

Die Crackers zeigen „Schinderhannes“

Für ein wildes, freies Leben

Die Crackers aus Wiesbaden haben ein rockiges Singspiel kreiert und mit dem „Schinderhannes“ ein Historical generiert. Das JOURNAL FRANKFURT sprach mit Sänger Loti Pohl.
JOURNAL FRANKURT: Wie kam es zu der Idee, sich einem Musical zu widmen?
Loti Pohl: Nach vielen Jahren Schaffenspause mit den Crackers im Studio musste wieder mal eine gehörige, in der Zwischenzeit angeschwemmte Musik raus zu den Menschen. Und da wir noch nie ein Konzeptalbum gemacht hatten war das nach der Corona-Zwangspause mal eine schöne Aufgabe, zusammenhängende Bilder zu bearbeiten. Es ist auch nicht wirklich ein Musical – eher ein Singspiel. Und das Wichtigste ist: wenn ich nicht auf die Sängerin und Künstlerin Sheela Berigai gestoßen wäre, wäre dieses Projekt überhaupt nicht entstanden. Ihre Inspiration, künstlerische Zuarbeit bei Gestaltung, Komposition und inhaltlicher Botschaft war essentiell für das Entstehen dieses Werks. Von ihr stammt auch das gesamte optische Gestaltungsbild.

„Ob die Todesstrafe gerechtfertigt war, ist umstritten“

Was war besonders reizvoll am Thema Schinderhannes?
Der Drang der Menschen nach Freiheit, Glück und grenzenlosem Sein hat nicht nur uns schon immer fasziniert. Dass es ausgerechnet ein Räuberhauptmann geworden ist, der unsere Themen so besonders nach vorn trägt ist natürlich auch spannend und nicht immer leicht zu bearbeiten. Immerhin war er ja wirklich kriminell und ist auch zu Recht bestraft worden. Ob die Todesstrafe allerdings (es war ja nach Militärrecht – ein bis heute nicht geklärter Justizskandal!) gerechtfertigt war, ist umstritten. Es wurden auch 15-jährige Mittäter geköpft, die nur Schmiere gestanden hatten.

Ich denke beim Background der Crackers war es klar, dass der Rock’n’Roll eine Rolle spielen musste. War das das passende Genre für Räubergeschichten, Liebesaffären und Saufgelage?
Affären und Saufgelage hatten die Crackers ja nie in ihrer Karriere, eher 1000-m-Schwimmbahnen am Morgen und Mucki-Bude am Mittag. Aber die Musik, die die Kapelle seit 40 Jahren auf die Bühnen donnert passt so richtig zum Thema: Hammerschlagzeug, Brettgitarren und vorlauter Gesang.
Das Wort Heimatliebe fällt. Was genau ist damit gemeint: viel Lokalkolorit, auch Dialekt, Folk(lore)-Motive oder gar mehr?
Heimat ist für Menschen der Platz, an dem ihre Freunde sind und wo man sicher ist und sich zur Ruhe bettet. Das genau wird auch umschrieben und ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur und Zivilisation.

Die Premiere gab es auf der Feste Ehrenbreitstein, ihr bespielt jetzt noch die Burg Hayn in Dreieichenhain und auch die Reduit in Mainz-Kastell. Machen diese Gemäuer als Locations den Stoff noch authentischer?
Wir haben bei der Auswahl der Locations, an denen wir die Show spielen immer darauf geachtet, dass wir authentische Szenarien entwickeln können und dass die Botschaften, die von den Spielstätten ausgehen die Zuschauer beeindrucken. So ist z.B. von der Reduit in Mainz-Kastel direkte Sicht auf den Richtplatz in Mainz am Rheinufer, wo Hannes und neunzehn andere Räuber am 21. November 1803 hingerichtet wurden.

Die Musik und die Texte sind das eine; ein solches Singspiel braucht auch ein darstellerische Ebene. Nach welchen Kriterien habt ihr das Ensemble zusammengestellt  und wie szenisch (mehr Projektionen als Kulissen wenn ich das richtig verstanden habe, aber mir Kostümen) die Geschichte umgesetzt?
Hier lag viel Arbeit bei meiner Partnerin Sheela Berigai in der Produktion. Das Ensemble haben wir nach den regionalen Kriterien zusammengestellt. So spielt der Mainzer Comedian Sven Hieronymus den Erzengel Gabriel, seine Tochter Lea das Julchen (die Gefährtin des Schinderhannes) und die Titelrolle Jott Fürwitt ein Lehrer aus Kirchheimbolanden. Und in der szenischen Umsetzung hat Sheela zusammen mit unserer Kostümdesignerin Dagi Fink Monate an den Requisiten und Kostümen gearbeitet. Und zusammen mit unserem Video-Team von Pitt Kalla den riesengroßen bühnenbreiten Video-Screen permanent bespielt und mit beeindruckenden Bilderwelten garniert – jeder Song hat einen eigenen bildlichen Charakter.

„Trau dich was, hilf denen, die es nicht aus eigener Kraft schaffen können“

Wild und frei – hat die Räuberpistole eine Botschaft für uns?
Der Mensch hat nur eine Chance, sein Leben zu einem segensreichen Erfolg zu führen: trau dich was, hilf denen, die es nicht aus eigener Kraft schaffen können und sei wachsam, ehrlich und liebevoll. Und da ist „wild und frei“ eine Metapher, die diesen Momenten des Lebens sehr nahe kommt.

Gab es Vorbilder, etwas von dem ihr euch habt inspirieren lassen? Ganz sicher nicht Andrew Lloyd Webber. Ich musste noch bevor ich den ersten Ton gehört habe an Ambros-Tauchen-Prokopetz und den „Watzmann" denken.
Wir hatten am Anfang keine Vorstellung von dem, was da rauskommt. Ich habe mit Sheela Berigai ein Wochenende in einem Seminarhaus den gesamten Boden mit Zetteln vollgekritzelt und danach haben wir das sortiert und sind an die Arbeit gegangen. Komposition, Texte und Bilderwelten mussten entstehen und sind entstanden. Und ja – wir sind den Kollegen aus Wien sehr nahe gekommen! Obwohl es für zwei Kompositionen („Heimat“ und „Derselbe Mond“) bereits Orchesterpartituren gibt.


Schinderhannes, Wiesbaden-Mainz-Kastell, Reduit, 21-+22.7., 20 Uhr; Dreieich, Burg Hayn, 12.+ 13.8., 20 Uhr, Infos gibt es online.
 
5. Juli 2023, 11.08 Uhr
Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
Fotogalerie:
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