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Foto: DFF/Uwe Dettmar
Foto: DFF/Uwe Dettmar

Deutsches Filminstitut und Filmmuseum

Alles auf Anfang

Mit der neuen Digitalplattform „Rhizom Filmgeschichte“ lädt das Deutsche Filminstitut und Filmmuseum (DFF) in Frankfurt zum Stöbern ein und feiert das Phänomen der ersten fünf Filmminuten.
„Jedem Anfang“, heißt es, „wohnt ein Zauber inne“. Auch wenn er nicht explizit das Kino gemeint haben mag – wer möchte dem guten Hermann Hesse da schon widersprechen? Ernst Lubitsch zum Beispiel. Der gab einst zu Protokoll, Anfänge seien „immer schwierig“. Gewichtige Einschätzung einer Regie-Ikone, der es sowohl im Stumm- wie Tonfilm oft meisterhaft gelang, das Publikum von der ersten Minute an in den Bann zu ziehen.

Allgemein lässt sich sagen, dass in vielen Fällen bereits die ersten paar Einstellungen einer Filmproduktion aussagekräftige Indizien dafür sind, ob es sich lohnen wird, dem weiteren Geschehen mit empathischem Interesse zu folgen. Wobei es allerdings auch passieren kann, dass der Filmbeginn ein Versprechen in den dunklen Kinosaal wirft, dem der Rest später nicht mehr gerecht werden kann. Jedenfalls, um mit dem französischen Philosoph Roland Barthes zu sprechen: „In keiner Phase ist die Dichte filmischer Zeichen so groß wie zu Beginn“.

Ob nun eine oder mehrere Personen eingeführt werden, eine bestimmte Geografie verortet wird, eine historische Zuteilung stattfindet, ein Verbrechen geschieht oder auch einfach nur Stimmung vermittelt werden soll: Selten passiert derart viel an Informationsvermittlung wie hier. Und daher lohnt es sich auch, im Kino pünktlich zu sein.

Für Dr. Ines Bayer, Kuratorin des neuen digitalen Projektes „Rhizom Filmgeschichte“, das über gut zweieinhalb Jahre im Auftrag des Frankfurter DFF entwickelt wurde, handelt es sich beim Filmanfang um „eine bemerkenswerte filmische Form, die für eine vermittelnde Passage durch die Filmgeschichte in besonderem Maße geeignet ist“.

Das Rhizom, ein aus der Botanik entlehnter Begriff für „organisches Knüpfwerk“, verbindet hier in ansehnlicher grafischer Umsetzung etliche Stränge, die knapp 100 Filmbeispiele aus den bewegten Zeiten des deutschen Kinos versammeln, um so „Filmgeschichte anschaulich zu machen, Wissen zu vermitteln“ und nicht zuletzt „Neugier zu wecken“, wie die Kuratorin betont: „Das DFF hat eine lange digitale Tradition, mit Rhizom aber gehen wir konzeptionell, funktional und ästhetisch neue Wege. Wir präsentieren Filmanfänge quer durch die deutsche Filmgeschichte und wir kontextualisieren sie auch, indem wir sie miteinander verbinden, und zwar nach motivischen und stilistischen Ähnlichkeiten. Das Ergebnis des Projektes ist ein rhizomatisches Knüpfwerk, das die Nutzer:innen digital erkunden können.“

Zu verstehen ist dieses in stetiger Weiterentwicklung befindliche Tool als „offenes Angebot für Film- und Kulturinteressierte jeden Alters“. Zudem als konstruktiver Begleitservice des 2005 erfolgreich ins Leben gerufenen „filmportal.de“, dem „Flagschiff der digitalen Arbeit des DFF“ und als zentrale Plattform für das deutsche Kino nicht mehr wegzudenken.

Was gibt es also zu entdecken auf der Webseite „rhizom.film“? Zunächst einmal besagtes Wurzelwerk in ansprechender optischer Umsetzung, nur wenige Klicks weiter dann eine beeindruckende Liste an Filmen, von denen man jeweils die ersten fünf Minuten betrachten kann, während das Programm mit Schlagworten und Themenpfaden die Lust aufs Weiterforschen und Analysieren fördert. Alles erfrischend unwissenschaftlich, wie auch Ines Bayer das „Sinnliche“ und „Explorative“ der Herangehensweise bewusst in den Vordergrund stellt.

So begegnet man unter dem Themenpfad „Verbrechen“ dem von Edgar Wallace erdachten „Gorilla von Soho“ ebenso wie der eher kontemplativ gehaltenen Crime-Ballade „Im Schatten“ eines Thomas Arslan, während vorgegebene Schlagworte auf neue Pfade im Dickicht des Rhizoms führen. Das mag zwar insgesamt noch ausbaufähig sein, was auch die unbedingte Absicht der Macher ist, kommt aber schon jetzt spaßig, interessant und innovativ daher – zudem völlig kostenfrei. Nur die nötige Zeit, die sollte man schon mitbringen.

Und auf einen weiteren positiven Nebeneffekt hofft Ines Bayer: „Wenn die ersten fünf Minuten dann vorbei sind, haben die Leute vielleicht Lust darauf bekommen, sich den ganzen Film anzusehen. Das führt sie dann letztendlich wieder ins Kino.“ Gute Sache – wenn es denn geöffnet ist.

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Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 5/2021 des JOURNAL FRANKFURT.
 
4. Juni 2021, 12.30 Uhr
Andreas Dosch
 
 
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