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Foto: Heike Steinweg, G2 Baraniak, Malte Seidel, Tarima Darim
Foto: Heike Steinweg, G2 Baraniak, Malte Seidel, Tarima Darim

Literaturfestival in Frankfurt

„Utopie oder die Realität von morgen“ – ohne Fragezeichen

Zum sechsten Mal widmet sich das Literaturfestival „Textland“ von der Frankfurter Faust Kultur Stiftung am Freitag, 8. Dezember, und Samstag, 9. Dezember, den Herausforderungen und Chancen einer pluralen Gesellschaft.
Das Wort Utopie, so sagte es Marcel Reich-Ranicki bereits zu Beginn der 1990er-Jahre im Angesicht der krachend gescheiterten DDR, sei ein auf Dauer verbrannter Begriff. Im vollen Bewusstsein dessen, dass die Gegenwart und auch die Literatur der vergangenen Jahre eher von dystopischen Vorstellungen beherrscht war, setzt das sechste „Textland“-Literaturfestival dieser Tendenz fast ein wenig trotzig sein diesjähriges Motto entgegen: „Utopie oder die Realität von morgen“ – ohne Fragezeichen.

„Textland“ ist ein Projekt der Faust Kultur Stiftung und hat es sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung von Sprache und Literatur in einer pluralen Gesellschaft abzubilden und zu diskutieren. Kuratiert wird die Veranstaltung in diesem Jahr von der ukrainischen Schriftstellerin Tanja Maljartschuk und von Alexandru Bulucz, Lyriker, Redaktionsmitglied von Faust Kultur, Gründungsmitglied des PEN Berlin und mittlerweile auch dort lebend.

„Textland“-Festival 2023 steht unter dem Motto „Utopie oder die Realität von morgen“

Zwei Tage lang wird es auf unterschiedlichen Panels Lesungen, Gespräche und Diskussionen geben, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Zukunft auseinandersetzen sollen. Daraus, dass der Begriff der Utopie mittlerweile heikel ist, machen die Organisatoren kein Hehl; ihr Anspruch ist es, eine Brücke zu schlagen zwischen der Erinnerung und der Vorstellung von einem zukünftigen Leben und Sprechen.

Das Festival ist prominent besetzt: Zur Auftaktveranstaltung am späten Freitagnachmittag wird die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann einen Impulsvortrag halten, um anschließend mit Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank und dem Kurator Ibou Coulibaly Diop ins Gespräch zu kommen. Anschließend werden der Schweizer Büchnerpreisträger Lukas Bärfuss und die Schriftstellerin Theresia Enzensberger aus ihren aktuellen Werken lesen. Der erste Festivaltag schließt mit der „Parade der Utopien“: Musikalisch begleitet von Violincello und Oboe lesen Birgitta Assheuer und Barbara Englert eine Auswahl aus dem nicht eben schmalen Fundus literarischer Zukunftsvisionen quer durch die Jahrhunderte.

„Textland“-Festival 2023 mit prominenter Besetzung und musikalischer Unterstützung

Inwieweit auch Religion und Spiritualität in einer säkularisierten und entzauberten Welt noch eine produktive Rolle spielen können, besprechen am Festivalsamstag der Theologe, (großartige!) Schriftsteller und Büchnerpreisträger Arnold Stadler, die Österreicherin Milena Michiko Flašar und die Lyrikerin Nora Gomringer. Im Anschluss daran diskutieren drei Autorinnen und Autoren mit Migrationsgeschichte unter dem Motto „Wo ich bin, kann ich nicht bleiben“ über Aufbrüche, Ankünfte und Identitätsperspektiven: Auf dem Podium sitzen die aktuelle Stadtschreiberin von Bergen, Nino Haratischwili, der in der Demokratischen Republik Kongo geborene und heute in Graz lebende Fiston Mwanza Mujila, sowie der als Kind indischer Eltern in der Schweiz aufgewachsene Ralph Tharayil.

Den Abschluss bildet mit Deniz Utlu, dem frisch gekürten Träger des Bayerischen Buchpreises, Ann Cotten und dem Lokalmatador Martin Piekar ein Trio, das über den Zusammenhang von Herkunft und sozialen Chancen spricht. Der Titel der Veranstaltung „Zukunft braucht Herkunft“ ist zugleich der Titel eines Buchs des Philosophen Odo Marquard. Die Debatten des Festivals werden wie gewohnt in einem Reader zusammengefasst, der in der Edition Faust erscheinen wird.
 
6. Dezember 2023, 12.12 Uhr
Christoph Schröder
 
 
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