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Gastronomie in Frankfurt

Angst vor der Sperrstunde

Die Frankfurter Innenstadt lebt gerade in den Sommermonaten von einer lebendigen Gastronomie. Doch unter deren Betreibern geht die Angst um. Zu stark ist der Druck durch die Befindlichkeit einzelner Anwohner.
Nach den tristen Wintermonaten zieht es die Menschen ins Freie, sobald die Temperatur in den zweistelligen Bereich klettert. Der öffentliche Raum und die Gastronomie leben von der warmen Jahreszeit, doch seit Jahren gibt es hinsichtlich des städtischen Outdoor-Trinkens und -Essens Streit. Während die einen den Genuss unter freiem Himmel in der Lieblingslokalität als zwingend betrachten, fühlen sich andere von etwaigem Lärm gestört. Es ist die ewige Diskussion um die Frage einerseits, was die Großstadtbewohner an spätabendlichen Störungen in Kauf nehmen müssen. Und andererseits, inwiefern Gastronomiebetriebe ihr Profitstreben zugunsten der individuellen Ruhebedürfnisse hintenanstellen müssen.

Besonders betroffen von der Debatte sind die Gastronomen in der City, für die der Ortsbeirat 1 zuständig ist – also Lokale in der Altstadt, dem Bahnhofs- und dem Europaviertel. „Die Außengastronomie ist immer wieder Thema“, äußert sich hierzu Ortsvorsteher Michael Weber und verweist auf das Gesetz, das bundesweit eine Nachtruhe ab 22 Uhr vorsieht: „Aber Außengastronomie ist nach 22 Uhr möglich, wenn die Anwohner dadurch nicht gestört werden.“ Ein Problemfeld ist das Fischerplätzchen, an dem es oft zu laut sei. Dort setzten sich die Leute auch dann noch an die Tische, wenn die Läden längst geschlossen sind. Hier wolle man sich an einem runden Tisch noch einmal zusammensetzen. Allerdings gebe es kein Interesse des Ortsbeirats, um 22 Uhr die Außengastronomie zu schließen, selbst wenn es hierzu im Oktober 2023 einen Antrag dahingehend gab, „dass sich die Außengastro an die Lärmvorschriften halten soll“. Es müsse „halt ein Einvernehmen mit den Bewohnern“ geben.

Lottermann: „Wem’s zu laut ist: Wir haben ein wunderbares Umland!“

Die Initiative Gastronomie Frankfurt e. V. (IGF) schlägt dennoch Alarm: „Mainhattan – die Stadt, die um 22 Uhr schläft?“, heißt es in einem aktiven Aufruf an die Stadtbevölkerung, der das Bild der drohenden 22-Uhr-Schließung malt. Unstrittig dürfte sein, dass großstädtische Lebensqualität kausal mit dem abendlichen Aufenthalt im Freien verknüpft ist. Und je weniger kuratierte Outdoor-Möglichkeiten existieren, desto mehr dürften sich abendliche Zusammenkünfte unkontrolliert verlagern. Der Friedberger Platz ist ein bekanntes Beispiel. Ebenso kann nicht als werbewirksam gelten, wenn noch vor den Tagesthemen die „Bürgersteige hochgeklappt werden“, wie es abfällig über die Provinz heißt. Bernd Breiter, Initiator des World Club Dome, hat in der Debatte eine klare Haltung: „Ich bin mit Herzen Frankfurter und stolz, als 20-jähriges Familienunternehmen in Frankfurt ansässig zu sein. Frankfurt ist eine Weltmetropole. Bitte lasst uns das bewahren!“ Frank Lottermann vom Nordisk-Büro fürchtet, dass aus der „kleinsten Metropole der Welt das größte Dorf Hessens“ werden könnte: „Wem’s zu laut ist: Wir haben ein wunderbares Umland!“, schließt er provokant.

Woher kommen diese Ängste der Provinzialisierung, heißt es doch vonseiten der Politik allenthalben, eine „Sperrstunde ab 22 Uhr“ (Tanja Jost, CDU) würde nicht zu Frankfurt passen? Hintergrund ist, dass Beschwerden von Anwohnern immer häufiger zu einer frühen Schließung der Außengastronomie führen – auf Grundlage der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm. Demnach kann es nach Beschwerden schnell zu einer entsprechenden Verfügung kommen, wenn nach einer Dezibelmessung in einem Gutachten eine zu hohe Lärmbelästigung festgestellt wird. Diese Quasi-Macht der Anwohner hänge wie ein „Damoklesschwert“ über der Gastronomie, formuliert es IGF-Vorstandsvorsitzende Lena Iyigün.

Schüler: „Der vorgeschlagene Kompromiss ist das Mindeste, was alle befürworten sollten!“

Angestrebt wird daher ein Kompromiss, mit dem „beide Seiten gut leben können“, wie Iyigün ergänzt. Konkret soll die letzte Runde bis 23 Uhr werktags und am Wochenende
bis 0 Uhr möglich sein. Florian Joeckel, Geschäftsführer vom Massif Central, fordert gar eine Sonderschutzzone für die City: „Wir brauchen für die Innenstadt 1 Sonderschutzzonen, die auch für Sport und Kultur gelten. Durch verlängerte Öffnungszeiten in diesen Zonen verbessern wir die Aufenthaltsqualität und stärken gleichzeitig die hiesige Ökonomie.“ Neben den Gewerbeeinnahmen hätte diese Lösung den entscheidenden Effekt: Die Gastro stünde wegen Befindlichkeiten Einzelner weniger unter Druck.

Und was sagt der bekannte ehemalige Gastronom Gerd Schüler? „Frankfurt ist eine Weltstadt mit Herz! Auch durch eine gute und attraktive Gastronomie! Der vorgeschlagene Kompromiss ist das Mindeste, was alle befürworten sollten!“

Info
Dieser Artikel ist im Rahmen der Mai-Ausgabe (JF5/2024) erschienen. Darin geht es neben der Sperrstunde um den Zustand aber auch die Zukunft der Zeil – und wie Letztere aussehen könnte. Die Ausgabe finden Sie aktuell am Kiosk Ihrer Wahl oder als ePaper in unserem Shop.
 
29. April 2024, 10.45 Uhr
ktho
 
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Katja Thorwarth >>
 
 
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