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Urbanes Frankfurt 2023
„Ehrlicher Fahrplan“, Dondorf-Druckerei und Städtische Bühnen – Der Jahresrückblick
2023 ist in Frankfurt einiges passiert: Die Dondorf-Druckerei wurde besetzt, die Zukunft der Städtischen Bühnen nimmt Gestalt an und der ÖPNV stand in den Schlagzeilen. Das JOURNAL blickt zurück.
Es war ein langes Ringen um eine endgültige Entscheidung um die Zukunft der Städtischen Bühnen. Doch nach der Wahl des neuen Oberbürgermeisters Mike Josef (SPD) rückte die Variante der Kulturmeile in den Vordergrund. Während das Gros der Parteien im Römer sich für diese Lösung ausspricht, gab es viel Kritik vor allem aus der Zivilgesellschaft. Dennoch: Im Dezember stimmten die Stadtverordneten für ein neues Schauspiel an der Neuen Mainzer Straße und einem Neubau der Oper am Willy-Brandt-Platz.
Die Kritik an dem städtischen Wohnungskonzern reißt nicht ab. Im März wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen einen Mitarbeiter wegen Korruption ermittelt. Der Mieterschutzverein „Mieter helfen Mietern kritisierte außerdem die Mieterhöhungen von Sozialwohnungen, wobei ABG-Chef Frank Junker dabei „null Spielraum“ von Gesetzes wegen sah. Für die ABG hat es sich zumindest gelohnt: Sie erzielte Millionenüberschüsse.
Für die Stadttauben war es ein hartes Jahr in Frankfurt. Mit dem endgültigen Abbau des Taubenschlages im Parkhaus Am Gericht verloren hunderte Tiere einen sicheren Rückzugsort mit Nahrungsangebot. Derweil hat das Taubenhaus im Parkhaus an der Hauptwache noch einmal eine Gnadenfrist bis Ende März 2024 erhalten. Beide Taubenschläge wurden von der ABG, denen die Parkhäuser gehören, gekündigt, nachdem mangelnde hygienische Zustände beklagt waren.
Gleich zweimal wurde die Dondorf-Druckerei in Frankfurt-Bockenheim besetzt. Die Aktivisten von „DieDruckerei“ fordern von der Goethe-Universität, die das alte Gebäude noch für das Land Hessen verwaltet, die Druckerei nicht abzureißen. Stattdessen soll sie ein offenes Kulturzentrum werden. Beide Male wurden die Aktivisten vom Areal der Druckerei von der Polizei geräumt, nachdem das Uni-Präsidium Strafanträge gestellt hatte. Konstruktive Gespräche zwischen den Aktivisten, die viel Unterstützung aus der Zivilgesellschaft erfahren und dem Land Hessen sowie der Uni blieben bisher aus.
Der Dondorf-Druckerei droht weiterhin der Abriss © Bernd Kammerer
Und noch ein Theater steht vor einer ungewissen Zukunft. Nachdem die Commerzbank Räumungsklage gegen das English Theatre erhoben hatte, hoffen die Verantwortlichen des Theaters nun auf einen Verbleib im Galileo-Tower. Verhandlungen mit dem Eigentümer Capitaland laufen, auch die EZB hat Interesse bekundet, Flächen für das Theater zu mieten. Rückendeckung gibt es derweil von der Stadt.
Mehrmals rief die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten des ÖPNV zu Warnstreiks für höhere Löhne auf. Dabei kam es auch zu solidarischen Bündnissen mit Fridays for Future, die ihrerseits global für eine klimagerechte Klimawende eintreten. Auch die Gewerkschaft der Lokführer rief zum Warnstreik auf. Im neuen Jahr soll es dann zu unbefristeten Streiks kommen, da die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn bisher ergebnislos waren.
Nach dem Erfolg des 9-Euro-Tickets startete im Mai dieses Jahres der Verkauf des 49 Euro teuren Deutschlandtickets – abermals erfolgreich mit 10 Prozent mehr Fahrgästen im RMV. Über die künftige Fortführung herrscht allerdings Uneinigkeit zwischen Bund und Ländern, da die Finanzierung noch nicht geklärt ist.
Zu Anfang des Jahres gab es wieder einmal eine Preiserhöhung der Nahverkehrtickets. Und so, wie es aussieht, werden auch im kommenden Jahr die Preise steigen. Das gab der RMV bekannt und rechnet mit einer Erhöhung von durchschnittlich 8,2 Prozent. www.journal-frankfurt.de/journal_news/Urbanes-Frankfurt-58/OEPNV-Bus-und-Bahnfahren-wird-erneut-teurer-40182.html
Da im ÖPNV ein eklatanter Personalmangel herrscht, hat die städtische Verkehrsgesellschaft traffiq für das kommenden Jahr einen „ehrlichen Fahrplan“ aufgestellt: Konkret bedeutet dies gedehnte Takte und eingestellte Parallelverbindungen, was sich in längeren Wartezeiten niederschlägt. Die Linke wiederholte deshalb ihre Kritik, dass es dringend mehr Geld für den ÖPNV braucht.
Die fahrradfreundliche Umgestaltung des Grüneburgweges stößt vor allem bei den örtlichen Gewerbetreibenden auf Kritik. Zwar sind sie nicht gegen eine Fahrradstraße, aber die bisherigen Maßnahmen wie die Diagonalsperren würden sich geschäftsschädigend auswirken. Ebenso unerwünscht bei manchen Anwohnern sind die Poller am und um den Oeder Weg, die den gestiegenen Verkehr auf den Nebenstraßen senken sollen. Einige Rettungsdienste beklagen zudem dadurch verzögerte Rettungsfahrten.
Die Poller auf der Cronstettenstraße sorgen für Kritik bei Anwohnern und Rettungsdiensten © Harald Schröder (bearbeitet)
Verkehrsminister Volker Wissing hält ihn für das „Herzstück des Deutschlandtaktes“. Die Rede ist vom geplanten Fernbahntunnel unter dem Frankfurter Hauptbahnhof, der übrigens in diesem Jahr 153 Jahre alt geworden ist. Während viele beteiligte Akteure wie Teile der Stadtpolitik für das Bauvorhaben sind, hält die Initiative „Frankfurt22“ das Ganze für keine gute Idee. Sie schlägt stattdessen eine oberirdische Lösung vor, mit mehr Gleisen etwa.
Pläne zur Umgestaltung des Schweizer Platzes und der Schweizer Straße lagen im August vor. Im Planungsdezernat stellte die Stadt die Siegerentwürfe eines Architektenwettbewerbes vor. Allen Entwürfen gemeinsam ist eine Radfreundlichkeit ganz im Sinne der Verkehrswende. Außerdem konnten Bürgerinnen und Bürger dort ihre eigenen Anregungen anbringen.
Eigentlich sollten noch 2023 die „Bagger rollen“ und das Alte Polizeipräsidium abgerissen werden, meinte OB Mike Josef (SPD). Doch weil das Bauunternehmen Gerchgroup insolvent ging, steht der beliebte Lost Place nach wie vor unberührt an der Friedrich-Ebert-Anlage im Gallus. Erkundungen in dem alten Gemäuer sind also auch weiterhin möglich.
Der Verein „Offenes Haus der Kulturen“ will auf dem alten Uni-Campus in Bockenheim einen Ort der kulturellen Vielfalt errichten. Der Verein erhielt den mit 30 000 Euro dotierten GFB-Zukunftspreis des „Großen Frankfurter Bogen“ für seine Ideen für eine künstlerische, kulturelle und soziale Zwischennutzung wie etwa einen Nachbarschaftsgarten, ein Café, einen „Share-Campus“, Projekträume, Ateliers und temporären Wohnraum für Geflüchtete. Wann auf dem Areal endlich etwas getan wird, steht nach wie vor in den Sternen.
Wie die ABG hat sich auch die Nassauische Heimstätte nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Das Wohnungsunternehmen will eine Mieterin in der Adolf-Miersch-Siedlung zwangsräumen. Die Fronten sind verhärtet, doch ihr Anwalt konnte die Räumung auf den 31. Dezember aufschieben. Ob es dann auch zur Räumung kommen wird, bleibt abzuwarten.
Gleich zweimal stand das Universitätsklinikum in Frankfurt Höchst groß in den Schlagzeilen: Einmal kam es zu einer Verunreinigung des Trinkwassers durch ein Umweltbakterium. Für die Patientinnen und Patienten bestand glücklicherweise keine Gefahr. Das andere Mal wurde die Klinik wie die Stadt Frankfurt Opfer eines Hackerangriffes, weswegen das Krankenhaus online zeitweise gar nicht erreichbar war.
Die Frankfurter Innenstadt soll nach dem Willen von Verkehrsdezernent Wolfgang Siefert (Die Grünen) autoarm statt autofrei werden. Deshalb gilt ab Dezember Tempo 20 rund um die Frankfurter Börse. Das gesamte Gebiet wurde überdies zum verkehrsberuhigten Bereich erklärt, und nach und nach sollen immer mehr Straßen die neue Geschwindigkeitsbegrenzung erhalten.
27. Dezember 2023, 07.13 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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