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Fahrradfreundliche Umgestaltung Oeder Weg
„Konzeptionslose Augenwischerei“
Mit der Umgestaltung des Oeder Wegs hat sich einiges geändert. Christian Stöhr wohnt seit Jahrzehnten im Nordend und besucht regelmäßig die Sitzungen des Ortsbeirats. Im Interview mit dem JOURNAL beschreibt er die aktuelle Situation.
Journal Frankfurt: Im Viertel liegen momentan die Nerven blank, die Stimmung ist wegen der Verkehrsberuhigungen von Oeder Weg und Grüneburgweg aufgeheizt. Wie beschreiben Sie die Situation momentan?
Christian Stöhr: Dazu zwei Aussagen. Auf den Straßen verhalten sich die Autofahrer, Durchgangsverkehr und Anwohner, enttäuscht, aber ruhig. Sie verstehen nicht, was diese Sperren im Oeder Weg und in der Cronstettenstraße sollen. Aber es kommt glücklicherweise zu keiner aggressiven Stimmung. Zum anderen: im Ortsbeirat oder im Verkehrsausschuss geht es lautstark und heftig zur Sache. Ein Beispiel dafür: am 2. März sollte der Oeder Weg als fahrradfreundliche Nebenstraße öffentlich vorgestellt werden. Der Verkehrsdezernent Stefan Majer hatte den Ortsbeirat und die Presse geladen.
Der Termin wurde kurzfristig abgesagt. Auch die anwesenden Mitglieder vom Ortsbeirat waren von der kurzfristigen Absage überrascht. Anrufe bei der Stadt oder im Verkehrsdezernat ergaben: Herr Majer sei verhindert oder er sei krank. Tatsächlich hat er am gleichen Tag am späteren Nachmittag weitere Termine wahrgenommen. Es ist schon enttäuschend, wenn das Verkehrsdezernat die Ergebnisse der eigenen Arbeit nicht selbst vorstellt. Sowas nennt man „kalte Füße bekommen“.
Keine aggressive Stimmung wegen Sperren im Oeder Weg
Sie besuchen seit Jahrzehnten die Sitzungen des Ortsbeirats. Was hat sich aus Ihrer Sicht in neuerer Zeit verändert?
Ich lebe im Nordend und bewege mich sehr viel zu Fuß oder dem Fahrrad. Da bekommt man den Wandel im Viertel mit und interessiert sich für die Politik im Römer und im Ortsbeirat. Sehr viele kleine und größere Maßnahmen sind schon das Ergebnis der Zusammenarbeit Ortsbeirat, Magistrat und anderen. Die Handschrift des Ortsbeirates im Nordend war an vielen Punkten erkennbar und hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Nordend ein schöner Stadtteil ist.
Mit dem Radentscheid 2018 hat sich einiges geändert. Es wurde gefragt, ob man den Radentscheid unterschreiben will. Das verlief überall friedlich, außer im Oeder Weg. Wollte man nicht unterschreiben, dann wurde man verdächtigt, ein SUV-Fahrer zu sein oder den Klimawandel zu beschleunigen. Mich hat das sehr geärgert. Denn den Oeder Weg kenne ich sehr gut. Den habe ich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem 36er Bus mehr benutzt, als mit dem Auto. Diese Polarisierung der Auseinandersetzung zeigte sich später auch im Ortsbeirat. Fahrradfahren ist gut und Autofahren nicht. Da sind tragbare Kompromisse nur schwer möglich.
Fahrradfahren gegen Autofahren
Eines der Probleme scheint die Kommunikation zwischen Ortsbeirat und Verkehrsdezernat zu sein, oder?
Der Ortsbeirat hat in der Vergangenheit sehr erfolgreich gearbeitet. Das lag meines Erachtens auch daran, dass die Zusammenarbeit zwischen Magistrat und Ortsbeirat reibungslos verlief. Man kannte sich und fand immer wieder gute Lösungen. Mit der Umgestaltung des Oeder Wegs zu einer fahrradfreundlichen Nebenstraße hat sich da einiges geändert. Die Befürworter bestimmen das Vorgehen im Ortsbeirat. Es entstanden schleichend Fronten. Anders kann man das nicht bezeichnen. Die wirken lähmend. Das ist nicht gut für eine gute Arbeit im Ortsbeirat.
Wo liegen aus Ihrer Sicht die Probleme in der Umsetzung?
Für die Umgestaltung ist das Verkehrsdezernat federführend. Die Radfahrer und die Grünen im Ortsbeirat und im Verkehrsdezernat waren glücklich und zufrieden mit dem Beschluss der Stadtverordneten vom August 2019 (Anm. Antrag Nr. 895 vom 18.Juni 2019). Da werden die einzelnen Maßnahmen ausführlich beschrieben. Bei der Umsetzung hapert es allerdings. So sollte sich der Rollwiderstand für Fahrräder im Oeder Weg vermindern. Das Gegenteil ist der Fall. Man hat vorhandene weiße Markierungen auf der Straße weggefräst und daneben neue angebracht. Damit wurde der Oeder Weg hubbelig. Man merkt das deutlich beim Radfahren, aber auch im 36er Bus. Es sollte für Fußgänger keine Verschlechterungen geben.
Mehr Rollwiderstand als vor der Umgestaltung
Nach den Sommerferien im vergangenen Jahr waren die Baumaßnahmen weitgehend abgeschlossen. Das Ergebnis: der Fußgänger wurde behindert, weil zu viele Fahrräder, zu denen auch Leihräder, E-Roller und Lastenräder gehören, auf den Gehwegen standen. Lastenräder bleiben übrigens weiterhin auf dem Gehweg stehen, weil die neuen Bügel, an die Fahrräder befestigt werden sollen, meist senkrecht zur Straße oder zum Gehweg stehen und zu kurz für Lastenräder sind. In der Glauburgstraße erfolgen Kanalarbeiten. Dazu gibt es Absperrungen. Westlich von der Humboldtstraße können Lastenräder und Kinderwagen nicht über die Straße. Da ist zu eng. Das Dezernat hat auf mehrmalige auch schriftliche Nachfragen nicht reagiert. Und zuletzt auf das Ende der Bauarbeiten hilflos hingewiesen.
Sie kritisieren weiterhin, dass Vorgaben der Stadtverordneten nicht eingehalten wurden. Welche sind das?
Die Stadtverordneten wollten keine Verschlechterung für die Bürger. Ausnahme: mehr Aufenthaltsqualität für Bürger anstelle von Autos. Aber klammheimlich verschwand der Spargelstand, der seit Jahrzehnten dastand. Der Ortsbeirat musste als Reparaturbetrieb für das Verkehrsdezernat auftreten und Abhilfe schaffen. Das gilt auch für den Weihnachtsbaumverkauf im Oeder Weg, den der Ortsbeirat extra beantragen musste. Beide Stände waren seit Jahrzehnten im Einmündungsbereich Bornwiesenweges auf den Oeder Weg. An der Kreuzung Oeder Weg und Holzhausenstraße wurden die Ampeln außer Betrieb gesetzt und durch neue Zebrastreifen ersetzt. Weil die Absenkung der Bordsteinkanten fehlt, können Rollstuhlfahrer und Kleinkinder mit dem Laufrad da die Straße nicht mehr überqueren. Sowas können die Stadtverordneten nicht gewollt haben.
„Sowas können die Stadtverordneten nicht gewollt haben“
Werden die Beteiligten dazu gehört?
Ein Abwägen der Sorgen aller Beteiligten fand und findet nicht statt. Am 31. Juli wurde die Cronstettenstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt. Jetzt verlagert sich stadtauswärts noch mehr Verkehr in die ohnehin sehr enge Eckenheimer Landstraße zwischen Nordendstraße und Alleenring. Das wollten die Stadtverordneten sicher nicht. Die dachten auch an ein Gesamtkonzept, vor allem unter Einbezug vom ÖPNV. Von einem Gesamtkonzept ist nichts sichtbar. Das Sperren und Beruhigen einiger weniger Quadratzentimeter der Stadt ist konzeptionslose Augenwischerei.
Christian Stöhr vor dem Modalfilter in der Cronstettenstraße © Harald Schröder
Christian Stöhr: Dazu zwei Aussagen. Auf den Straßen verhalten sich die Autofahrer, Durchgangsverkehr und Anwohner, enttäuscht, aber ruhig. Sie verstehen nicht, was diese Sperren im Oeder Weg und in der Cronstettenstraße sollen. Aber es kommt glücklicherweise zu keiner aggressiven Stimmung. Zum anderen: im Ortsbeirat oder im Verkehrsausschuss geht es lautstark und heftig zur Sache. Ein Beispiel dafür: am 2. März sollte der Oeder Weg als fahrradfreundliche Nebenstraße öffentlich vorgestellt werden. Der Verkehrsdezernent Stefan Majer hatte den Ortsbeirat und die Presse geladen.
Der Termin wurde kurzfristig abgesagt. Auch die anwesenden Mitglieder vom Ortsbeirat waren von der kurzfristigen Absage überrascht. Anrufe bei der Stadt oder im Verkehrsdezernat ergaben: Herr Majer sei verhindert oder er sei krank. Tatsächlich hat er am gleichen Tag am späteren Nachmittag weitere Termine wahrgenommen. Es ist schon enttäuschend, wenn das Verkehrsdezernat die Ergebnisse der eigenen Arbeit nicht selbst vorstellt. Sowas nennt man „kalte Füße bekommen“.
Sie besuchen seit Jahrzehnten die Sitzungen des Ortsbeirats. Was hat sich aus Ihrer Sicht in neuerer Zeit verändert?
Ich lebe im Nordend und bewege mich sehr viel zu Fuß oder dem Fahrrad. Da bekommt man den Wandel im Viertel mit und interessiert sich für die Politik im Römer und im Ortsbeirat. Sehr viele kleine und größere Maßnahmen sind schon das Ergebnis der Zusammenarbeit Ortsbeirat, Magistrat und anderen. Die Handschrift des Ortsbeirates im Nordend war an vielen Punkten erkennbar und hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Nordend ein schöner Stadtteil ist.
Mit dem Radentscheid 2018 hat sich einiges geändert. Es wurde gefragt, ob man den Radentscheid unterschreiben will. Das verlief überall friedlich, außer im Oeder Weg. Wollte man nicht unterschreiben, dann wurde man verdächtigt, ein SUV-Fahrer zu sein oder den Klimawandel zu beschleunigen. Mich hat das sehr geärgert. Denn den Oeder Weg kenne ich sehr gut. Den habe ich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem 36er Bus mehr benutzt, als mit dem Auto. Diese Polarisierung der Auseinandersetzung zeigte sich später auch im Ortsbeirat. Fahrradfahren ist gut und Autofahren nicht. Da sind tragbare Kompromisse nur schwer möglich.
Eines der Probleme scheint die Kommunikation zwischen Ortsbeirat und Verkehrsdezernat zu sein, oder?
Der Ortsbeirat hat in der Vergangenheit sehr erfolgreich gearbeitet. Das lag meines Erachtens auch daran, dass die Zusammenarbeit zwischen Magistrat und Ortsbeirat reibungslos verlief. Man kannte sich und fand immer wieder gute Lösungen. Mit der Umgestaltung des Oeder Wegs zu einer fahrradfreundlichen Nebenstraße hat sich da einiges geändert. Die Befürworter bestimmen das Vorgehen im Ortsbeirat. Es entstanden schleichend Fronten. Anders kann man das nicht bezeichnen. Die wirken lähmend. Das ist nicht gut für eine gute Arbeit im Ortsbeirat.
Wo liegen aus Ihrer Sicht die Probleme in der Umsetzung?
Für die Umgestaltung ist das Verkehrsdezernat federführend. Die Radfahrer und die Grünen im Ortsbeirat und im Verkehrsdezernat waren glücklich und zufrieden mit dem Beschluss der Stadtverordneten vom August 2019 (Anm. Antrag Nr. 895 vom 18.Juni 2019). Da werden die einzelnen Maßnahmen ausführlich beschrieben. Bei der Umsetzung hapert es allerdings. So sollte sich der Rollwiderstand für Fahrräder im Oeder Weg vermindern. Das Gegenteil ist der Fall. Man hat vorhandene weiße Markierungen auf der Straße weggefräst und daneben neue angebracht. Damit wurde der Oeder Weg hubbelig. Man merkt das deutlich beim Radfahren, aber auch im 36er Bus. Es sollte für Fußgänger keine Verschlechterungen geben.
Nach den Sommerferien im vergangenen Jahr waren die Baumaßnahmen weitgehend abgeschlossen. Das Ergebnis: der Fußgänger wurde behindert, weil zu viele Fahrräder, zu denen auch Leihräder, E-Roller und Lastenräder gehören, auf den Gehwegen standen. Lastenräder bleiben übrigens weiterhin auf dem Gehweg stehen, weil die neuen Bügel, an die Fahrräder befestigt werden sollen, meist senkrecht zur Straße oder zum Gehweg stehen und zu kurz für Lastenräder sind. In der Glauburgstraße erfolgen Kanalarbeiten. Dazu gibt es Absperrungen. Westlich von der Humboldtstraße können Lastenräder und Kinderwagen nicht über die Straße. Da ist zu eng. Das Dezernat hat auf mehrmalige auch schriftliche Nachfragen nicht reagiert. Und zuletzt auf das Ende der Bauarbeiten hilflos hingewiesen.
Sie kritisieren weiterhin, dass Vorgaben der Stadtverordneten nicht eingehalten wurden. Welche sind das?
Die Stadtverordneten wollten keine Verschlechterung für die Bürger. Ausnahme: mehr Aufenthaltsqualität für Bürger anstelle von Autos. Aber klammheimlich verschwand der Spargelstand, der seit Jahrzehnten dastand. Der Ortsbeirat musste als Reparaturbetrieb für das Verkehrsdezernat auftreten und Abhilfe schaffen. Das gilt auch für den Weihnachtsbaumverkauf im Oeder Weg, den der Ortsbeirat extra beantragen musste. Beide Stände waren seit Jahrzehnten im Einmündungsbereich Bornwiesenweges auf den Oeder Weg. An der Kreuzung Oeder Weg und Holzhausenstraße wurden die Ampeln außer Betrieb gesetzt und durch neue Zebrastreifen ersetzt. Weil die Absenkung der Bordsteinkanten fehlt, können Rollstuhlfahrer und Kleinkinder mit dem Laufrad da die Straße nicht mehr überqueren. Sowas können die Stadtverordneten nicht gewollt haben.
Werden die Beteiligten dazu gehört?
Ein Abwägen der Sorgen aller Beteiligten fand und findet nicht statt. Am 31. Juli wurde die Cronstettenstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt. Jetzt verlagert sich stadtauswärts noch mehr Verkehr in die ohnehin sehr enge Eckenheimer Landstraße zwischen Nordendstraße und Alleenring. Das wollten die Stadtverordneten sicher nicht. Die dachten auch an ein Gesamtkonzept, vor allem unter Einbezug vom ÖPNV. Von einem Gesamtkonzept ist nichts sichtbar. Das Sperren und Beruhigen einiger weniger Quadratzentimeter der Stadt ist konzeptionslose Augenwischerei.
Christian Stöhr vor dem Modalfilter in der Cronstettenstraße © Harald Schröder
21. August 2023, 14.22 Uhr
Jasmin Schülke
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. Mehr von Jasmin
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