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Foto: Stefan Reisinger ist Geschäftsführer der Eurobike © Eurobike Friedrichshafen
Foto: Stefan Reisinger ist Geschäftsführer der Eurobike © Eurobike Friedrichshafen

Eurobike 2022

„Wir sind nicht für ein einmaliges Gastspiel hier“

Heute startet die 30. Ausgabe der Eurobike, die in diesem Jahr erstmals in Frankfurt stattfindet. Ein Interview mit Geschäftsführer Stefan Reisinger über seine Erwartungen an den neuen Standort und Frankfurt als Fahrradstadt.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Reisinger, Sie sind in diesem Jahr zum ersten Mal mit der Eurobike in Frankfurt. Wie passen denn das Thema Fahrrad und Frankfurt für Sie zusammen?
Stefan Reisinger:
Das passt aus meiner Sicht sehr gut zusammen. Die Eurobike ist ja ursprünglich als Mountainbike-Messe gegründet worden, das heißt, wir kommen eher von einem sportiven Hintergrund. Am Boden­see haben wir auch eine sehr frei­zeit­­orientierte, sportive Kulisse geboten. In den letzten zehn Jahren haben aber das Mo­bili­täts­­­-
fahrrad und die Alltagsmobilität an Bedeutung gewonnen, das E-Bike ist für die Fahrradbranche ein absoluter Treiber geworden. Urbanität und Mobilität werden also immer wichtiger und aus unserer Sicht ist deshalb jetzt der richtige Zeitpunkt, in einen urbanen, großstädtischen Raum zu wechseln, weil die Kulisse dann wiederum zu dem passt, was wir in erster Linie zeigen wollen.

Was versprechen Sie sich von dem neuen Standort?
Zum einen haben wir in Frankfurt natürlich deutlich mehr Platz zur Verfügung. Das hilft uns, die Fahrradbranche ist ja ein absolutes Wachstumssegment. Wir können jetzt schon sagen, wir machen in Frankfurt die größte Eurobike aller Zeiten. Dieses Jahr haben wir mehr als 1500 Aussteller und rund 140 000 Quadratmeter bespielte Fläche. Das hätten wir in dem Umfang in Friedrichshafen gar nicht abbilden können, sondern das ist nur in solch einer großstädtischen Infrastruktur auf so einem großen Messegelände wie in Frankfurt möglich. Und natürlich spielt eben das Thema Urbanität eine große Rolle: Fahrradfahren ein Stück weit auch in die Stadt hinauszutragen, das ist ein wichtiger Aspekt.

Mit den Veranstaltungen am Mainkai und am Osthafen machen Sie genau das. Warum ist es denn so wichtig, dass die Messe nicht nur auf dem Messegelände bleibt?
Wir wollen damit eigentlich mehrere Ziele verfolgen: Zum einen wollen wir in Richtung unserer Kundschaft und unserer Aussteller transportieren, dass die Stadt Frankfurt als zukünftiger Standort und Gastgeber der Eurobike es ernst meint – dass wir nicht für ein einmaliges Gastspiel hier sind, sondern Frankfurt die neue Heimat der Eurobike wird. Und dazu gehört eben, dass man sich nicht nur auf das Messegelände konzentriert und dort innerhalb des Zauns sein eigenes Ding macht, sondern Fahrradfahren authentisch im urbanen Raum erlebbar wird. Und zum anderen sind wir ja Überzeugungstäter: Wir machen die Fahrradmesse nicht nur aus reiner Profession, sondern weil wir überzeugt sind, dass das Fahrrad das Potential hat, die Welt ein bisschen besser zu machen. Deswegen wollen wir es auch gerne in der Stadt zeigen und unseren Kunden eine gewisse Wahrnehmbarkeit und Sichtbarkeit im öffentlichen Raum anbieten.

Waren Sie denn selbst auch schon mal mit dem Fahrrad in Frankfurt unterwegs?
Ja, durchaus, und das habe ich auch zur Messe fest vor. Ich werde das Rad mit dabeihaben und versuchen, die Termine nach der Messe mit dem Fahrrad wahrzunehmen, oder vielleicht auch mal morgens zu einem Social Ride unterwegs zu sein. Dabei kann ich sicher auch selbst noch ein bisschen mehr mitnehmen und nochmal ein besseres Gefühl für die Stadt und das Umland entwickeln.

Mit ihrem aktuellen Blick auf die Stadt: Würden Sie sagen, Frankfurt ist eine Fahrradstadt?
Ich bin natürlich kein intimer Kenner von Frankfurt, aber ich habe schon den Eindruck, dass sich hier eine ganze Menge pro Fahrrad bewegt hat. Im Stadt- und Straßenbild ist es, finde ich, deutlich sichtbar, dass sich infrastrukturell in den letzten Jahren etwas in Richtung Fahrradmobilität getan hat. Ob das jetzt besser als zu erwarten oder vielleicht doch noch ein bisschen hinterher ist, kann ich von außen nicht beurteilen. Insgesamt glaube ich aber, die Entwicklung ist gut und richtig, aber bestimmt ist da auch noch Luft nach oben.

Was braucht eine Fahrradstadt denn Ihrer Meinung nach?
Generell braucht es vor allem sichere Fahrradfahrmöglichkeiten. In sämtlichen Befragungen wird immer wieder als der springende Punkt genannt, dass die Radfahrer nach einer für sie sicheren Umgebung suchen und die ist oftmals vor allem in den Städten nicht gegeben. Wenn man im Autoverkehr mitfahren muss oder die Straßen keinen Radweg haben, dann sind das natürlich limitierende Faktoren. Es geht aber auch in Richtung Fahrrad-Abstellanlagen. Wenn ich zum Beispiel vom Fahrrad auf den öffentlichen Nahverkehr wechsle, dann ist die Frage, wo ich mein Fahrrad sicher abstellen kann. Abends, wenn ich zurückkomme, möchte ich ja, dass es noch da und noch ganz ist. Gerade bei den Verwahrmöglichkeiten kommt es in der Stadt auch auf die Wohnverhältnisse an: Nicht alle haben eine eigene Garage oder einen Keller und müssen ihr Rad ja auch zu Hause irgendwo unterbringen. Das Thema Fahrradstadt geht also weit über den reinen Radweg hinaus und hat sehr viele Dimensionen.

Das Thema Mobilitätswende wird in Frankfurt ja viel diskutiert. Sie haben auch in der Vergangenheit schon häufiger von der Eurobike als Chance für die Mobilitätswende gesprochen. Was kann eine Messe denn tatsächlich tun, damit sich auch in der Stadt nachhaltig etwas verändert?
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Fahrradbranche einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende leisten kann. Es gibt tolle Produkte, tolle Services und Lösungen, die es den Menschen einfach machen, stärker aufs Fahrrad oder aufs E-Bike oder aufs Cargo-Bike zu setzen, anstatt vielleicht einen Zweitwagen anzuschaffen. Dafür eine möglichst große Öffentlichkeit zu motivieren und die Chancen der Produkte und Marken zu zeigen, das ist was die Eurobike leisten kann und das ist auch der Anspruch, mit dem wir hier antreten.
 
13. Juli 2022, 11.57 Uhr
Laura Oehl
 
Laura Oehl
Jahrgang 1994, Studium der Musikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt, Journalismus-Master an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, seit Dezember 2020 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Laura Oehl >>
 
 
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